Gedenken an DeportationslagerErinnerung an den Schrecken in Köln-Müngersdorf

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Gedenkstätte Muengersdorf  Zaun

Im Deportationslager Müngersdorf wurden Tausende jüdische Kölner inhaftiert.

Müngersdorf – Die Kulturverwaltung der Stadt bereitet eine Beschlussvorlage für den Stadtrat zur Errichtung eines Mahnmals und Gedenkortes im Äußeren Grüngürtel vor. Die Stadt will eine Schenkung der Schwester des 2006 verstorbenen Kölner Künstlers Simon Ungers annehmen. Sein Kunstwerk „The Wall“ soll sich mit einem „Weg des Gedenkens“ verbinden, mit dem an die Verbrechen und Gräueltaten der NS-Zeit erinnert wird. Aus dem Areal, auf dem sich das Deportationslager Müngersdorf befand, soll ein „würdiger und angemessener Gedenkort“ werden.

Gedenkstätte Muengersdorf Ungers

So könnte Simon Ungers' Mahnmal aussehen.

Heute erinnert nur ein Stein mit einer Inschrift an den Ort, dem der Chef des NS-Dokumentationszentrums, Werner Jung, „eine große Bedeutung für die Geschichte des Nationalsozialismus in Köln“ beimisst. „Nur ganz wenige Orte in Köln sind wie das Lager Müngersdorf mit den Schrecken der nationalsozialistischen Terrorherrschaft derart intensiv verbunden.“ Die Bedeutung sei nur vergleichbar mit dem El-De-Haus als Zentrale der Gestapo und dem Deutzer Messelager. Die Stadt soll rund 150.000 Euro für die Errichtung des Gedenkortes ausgeben.

Spenden der Bürger sind gefragt

Der Müngersdorfer Bürgerverein will zusätzlich Geld in der Bürgerschaft sammeln. „Wir möchten den Opfern, die oft nicht einmal namentlich bekannt sind, eine Stimme verleihen und ein Zeichen setzen, dass sie nicht vergessen sind“, sagt Hildegard Jahn-Schnelle vom Bürgerverein. Von Müngersdorf aus wurden Tausende Juden deportiert.

Alles zum Thema Henriette Reker

Das Barackenlager, das mit Gebäuden des Fort V der preußischen Befestigungsanlage zur Inhaftierung von Juden, Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern genutzt wurde, war 1941 von der Stadt gebaut wurden. Die jüdische Gemeinde war zur Finanzierung gezwungen worden.

Gedenkstätte Muengersdorf NS Dok

Auch im Fort V wurden Juden interniert.

Tatsächlich gibt es bislang – 73 Jahre nach Kriegsende – keinen jederzeit frei zugänglichen Ort in der Stadt, der in einem größeren Rahmen mit einem Kunstwerk, Informationen und einer würdevollen Gestaltung eines öffentlichen Raums an die NS-Zeit erinnert. Dinge wie der Findling oder Inschriften auf Messingtafeln wie in Müngersdorf wirken „verharmlosend“, so Jahn-Schnelle. Künstlerische Annäherungen wie die Bahnschwelle am Hauptbahnhof, die mancher für einen Fahrradständer hält, scheinen ebenfalls wenig angemessen.

Es fehlt auch ein Ort, wo Menschen den letzten Weg ihrer Angehörigen nachvollziehen und trauern können“, sagt Kurt Schlechtriemen, der für den Bürgerverein die lesenswerte, kleine Dokumentation „Opfer des Nationalsozialismus in Köln-Müngersdorf“ geschrieben hat. Er zeichnet darin die Leidenswege einiger Kölner nach.

Ungers Entwurf für die Skulptur „The Wall“ hat mit 19 mal vier Metern deutlich größere Ausmaße als die kleinen Erinnerungsmahnmale an verschiedenen Orten in der Stadt. Sie soll im Zentrum des ehemaligen Fort V stehen, wo der „Weg des Gedenkens“ beginnt. Gepflastert mit rostroten Ziegelsteinen, die an die Mauern des Forts erinnern, führt er zum Gelände des ehemaligen Barackenlagers, auf dem sich heute Kleingärten befinden. Texte auf Edelstahlplatten, die in gemauerte Quader eingearbeitet sind, informieren über die Geschichte des Ortes. Per QR-Codes für Smartphones kann man sich diese in verschiedenen Sprachen übersetzen lassen.

Gedenkstätte Muengersdorf Schlechtriemen

Kurt Schlechtriemen und Hildegard Jahn-Schnelle vom Bürgerverein Müngersdorf

Der Bürgerverein hält den Eingriff in den Grüngürtel für vertretbar. Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat sich hinter das „nachahmenswerte und rühmliche“ Bürgerengagement gestellt. Werner Jung spricht von einer „sehr guten Idee“. Im Landtag organisiert die Kölner Abgeordnete Susanna dos Santos (SPD) eine parteiübergreifende Initiative, die sich um Fördermittel bemühen soll.

Auch Paul Bauwens-Adenauer, Gründer der Kölner Grünstiftung, die sich für den Schutz der Grüngürtel engagiert, hat nichts gegen die Errichtung des Gedenkorts, wenngleich er Bedenken äußert, ob die Stadt eine angemessene Pflege garantieren kann. Da seien angesichts der vielen Versäumnisse an anderen Orten Zweifel angebracht. Die Würde eines Mahnmals könne nur gewährleistet sein, wenn es die Stadt nicht verrotten lasse.

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