Kölner Autorin auf ErfolgskursIrische Morde made in Klettenberg

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Klettenbergerin mit Herz für Irland: Die Autorin Hannelore Hippe

Klettenbergerin mit Herz für Irland: Die Autorin Hannelore Hippe

Klettenberg – Es war Liebe auf den ersten Trip. Als Hannelore Hippe während ihres Studiums erstmals in Irland landete, war ein Verkehrschaos die Folge. 1971. Mitten in Dublin fragte sie einen Polizisten nach dem Weg zur Jugendherberge und über die ausschweifenden Erklärungen vergaß der Mann seinen Job, nämlich den Autoverkehr auf der Kreuzung zu regeln, an der er stand. Hippe war begeistert. „Die Iren sind ein bisschen jeck“, sagt die Klettenbergerin. „Die Leute sind unheimlich freundlich und offen.“

Jahrzehnte später sitzt sie in ihrer Wohnung, zwischen floralen Tapeten im englischen Landhausstil, trinkt Tee mit Milch – und spricht über das irische Wesen, den Hang zum Absurden, besonders beim Humor. „Es ist kein Wunder, dass Samuel Beckett aus Irland kommt“, findet Hippe. Und angesichts des Lebens der mittlerweile über 60-jährigen Autorin ist es auch nicht weiter erstaunlich, dass bereits fünf ihrer Krimis in seinem Heimatland spielen. Gerade ist „Irische Totenwache“ erschienen, den sie – wie ihre anderen Irlandkrimis – unter ihrem Pseudonym Hannah O’Brien geschrieben hat. Der Name ist eine Hommage an Flan O’Brien, irischer Schriftsteller und Meister des schwarzen Humors. Hippe ist ein Fan der irischen Art, Dinge komisch zu betrachten, des Abseitigen, der Insel ganz im europäischen Westen und seiner rauen Westseite: Galway, Connemara.

Später hatte sie dort ein Ferienhaus. Während ihrer Studentenzeit war sie zunächst ihrer Lieblingsmusik auf die Insel gefolgt. Schnell war es viel mehr als der Irish-Folk, was sie immer wieder dorthin zog. Nachdem sie ihren Magister in Germanistik, Politikwissenschaften und Philosophie absolviert hatte, nahm sie einen Lehrauftrag für deutsche Literatur an der Universität im englischen Sheffield an und verbrachte regelmäßig mehrere Monate in Irland. Sie heiratete einen Engländer.

In den 80er Jahren kehrte sie mit Mann und Tochter nach Köln zurück arbeitet sie als freie Autorin und Journalistin für den Hörfunk, schrieb Romane und Kurzgeschichten, und weil sie immer schon Fan von Kriminalromanen war 1994 ihren ersten Krimi. Später wurde es ihr ein Bedürfnis, in Gedanken nach Irland zurückzukehren, die irische Kultur, Gesellschaft, Geschichte, die Menschen, die Landschaft zu beschreiben. „Die Krimis würden natürlich überall funktionieren“, sagt Hippe. „Es gibt fünf Motive für einen Mord: Rache, Eifersucht, Vertuschung, Macht und Gier. Dann gibt es noch das, was die skandinavischen Kollegen gerne bedienen, den Wahnsinn, der psychopathische Mörder ausmacht. Aber das interessiert mich nicht. In meinen Krimis begehen so nette Menschen wie Sie und ich einen Mord.“ Die Taten sollen nachvollziehbar sein. „Für mich ist es auch wichtig, dass die Leser eine Chance haben, hinter das Rätsel zu kommen, das sich ihnen stellt.“ Sie gibt Hinweise, lockt auf falsche Fährten. Sie versieht jedes Buch mit einem Leitmotiv: Familie, Spiel, Heimat, Glaube und Schuld.

Letzteres ist Thema in „Irische Totenwache“, Der Krimi knüpft an die Familiengeschichte der Heldin an, der Ermittlerin Grace O’Malley. Sie trägt den Namen einer irischen Piratin und hat noch eine Rechnung offen: Ihr Vater starb bei einem Unfall, als er vom Pub nach Hause ging. Laut Hippe ein Klassiker: „Das ist eine Unfallart, die es im ländlichen Irland am häufigsten in ganz Europa gibt.“

Die Leute gehen beschwipst vom Pub auf der dunklen Landstraße zurück und werden dann angefahren. Wer den Tod von O’Malleys Vater verschuldet hat, wurde nie geklärt. Um diese Frage dreht sich Hippes neuestes Werk. „Man erfährt jetzt also endlich, was genau passiert ist,“ verrät die Autorin. Ob es dann der letzte Irland-Krimi war? Nein, sagt sie entschieden. Auch, wenn Hippe mittlerweile mit einem Norweger liiert ist und beim Schreiben jetzt manchmal an einem Fjord sitzt, werden jetzt keine Norwegen-Krimis folgen. Schließlich hat sie ihr Herz vor langer Zeit in Irland verloren.

DER KRIMI

Hannah O'Brien: Irische Totenwache, DTV, 416 Seiten, 10,95 Euro

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