Kölner SpoHo sucht StudienteilnehmerHält körperliches Training im Alter geistig fit?

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Teilnehmer einer Studie der Sporthochschule absolvieren ein intensives körperliches Training.

Teilnehmer einer Studie der Sporthochschule absolvieren ein intensives körperliches Training.

Köln – Sechs Treppenstufen runter, fünf Hampelmänner, wieder sechs Treppenstufen runter. Danach von der Jahnwiese zurück auf den Hügel mit der Denkmal-Säule und in lockerem Tempo in Richtung Decksteiner Weiher. Eine Gruppe aus etwa 15 Senioren in bunter Laufkleidung zusammen mit einer jungen Trainerin, die zwischendurch ein paar Anweisungen gibt.

Was wie ein freizeitlicher Sport-Treff anmutet, ist in Wahrheit akkurat geplante Wissenschaft. Alle Teilnehmer sind mit Messgeräten ausgestattet, ein Brustgurt gibt zusammen mit einer Pulsuhr Auskunft über die körperliche Belastung. Denn die Laufgruppe ist Teil einer Studie der Kölner Sporthochschule, die zusammen mit der Uniklinik und Wissenschaftlern aus Mainz und Rostock untersucht, wie sich körperliches Training auf die geistigen Fähigkeiten von älteren Menschen auswirkt.

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Seit 2016 läuft die Studie unter dem Namen „AgeGain“, bisher haben in Köln rund 60 Probanden an den Untersuchungen teilgenommen. Ein Großteil von ihnen absolviert über mehrere Monate ein intensives Ausdauertraining, bei dem bis zu vier Mal in der Woche zusammen gelaufen wird. Nach einer Eingangsuntersuchung vor dem Beginn des Trainings erhält jeder Proband eine Art Trainingsplan, der Lauftempo und –dauer auf die jeweilige Konstitution abstimmt. Außerdem durchlaufen die Teilnehmer ein Koordinationstraining, bei dem das Gleichgewicht und das Zusammenwirken verschiedener Körperteile in einer Bewegung trainiert werden.

Dass das anfangs schwieriger war als gedacht, berichtet David Riedel, der die Studie am Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaften der Sporthochschule betreut. „Zum Koordinationstraining in dieser Altersgruppe gibt es quasi keine Literatur, wir hatten keine Anleitung für die Übungen“, sagt er. Deshalb habe man zu Beginn viel ausprobiert, um ein für Senioren angemessenes Programm zu entwickeln. Der Zuspruch sei trotzdem unerwartet hoch gewesen, rund 300 Interessierte meldeten sich zur Teilnahme. Doch weil das regelmäßige Training und die medizinischen Untersuchungen viel Zeit in Anspruch nehmen, verringerte sich die Zahl der tatsächlichen Teilnehmer auf bislang 60. Bis Ende 2019 soll die Studie abgeschlossen sein, rund 30 Probanden werden die Tests bis dahin noch durchlaufen.

Probanden verbessern sich

An die Phase mit regelmäßigem Sport schließt sich nach einigen Monaten das kognitive Training an, bei dem an einem Computer verschiedene Fähigkeiten gestärkt werden sollen. Neben Aufgaben zum logischen Denken werden auch das Erinnerungsvermögen und die Aufmerksamkeit untersucht. So vervollständigen die Senioren zum Beispiel Reihen aus Zahlen und Buchstaben oder merken sich, wer welches Zimmer in einem fiktiven Haus bewohnt. „Alle Probanden merken, dass sie sich von einem Training zum nächsten verbessern“, sagt Kristel Knaepen, die die Studie in Köln koordiniert. Zwar seien der Wechsel vom Lauftraining in der Natur an den Rechner teilweise belastend, doch die Senioren entwickelten nach den vielen Laufeinheiten eine Art Ehrgeiz, sich auch mental verbessern zu wollen.

Eine erste Zwischenauswertung zeigt unterdessen, dass sich diejenigen, die eine Kombination aus Sport und Gedächtnistraining durchlaufen, tatsächlich vorteilhaftere Hirnstrukturen aufweisen.

Veränderungen im Gehirn

Vergleicht man die im MRT aufgenommenen Bilder der Probanden mit denen, die kein körperliches Training bekamen, so zeigen sich bei den Sportlern mehr Verbindungen zwischen den beiden Hälften des Gehirns. Untersuchungen zeigen, dass gut vernetzte Hirnhälften dabei helfen, komplexe Denkaufgaben leichter zu bewältigen. „Dann fällt es zum Beispiel leichter, sich an Dinge zu erinnern oder sich zu orientieren“, sagt Knaepen. Nach Abschluss der Studie sollen die Ergebnisse Auskunft darüber geben, welche Hirnregionen besonders positiv auf das körperliche Training ansprechen. Dadurch könnten sich bessere Maßgaben dafür ergeben, wie sich der Abbau mentaler Fähigkeiten im Alter verlangsamen lässt.

Ein weiterer Effekt für die Probanden ist, dass sie ihre persönliche Fitness steigern. Das bemerkt etwa Ferdinand Dahlmanns, der seit Mitte Juli regelmäßig zum Lauftraining kommt. „Ich bin auf jeden Fall fitter, viel agiler und nicht mehr so faul“, sagt der 65-jährige Düsseldorfer. Er steht kurz vor der Rente und hat gezielt nach einer Möglichkeit zur sportlichen Betätigung gesucht. „Sonst geht man zu schnell in die Kiste“, meint Dahlmanns, der sich selbst nicht als großen Sportler bezeichnet.

Es brauche zur Teilnahme aber keine Sportbegeisterung, sondern nur ein Interesse daran, fitter zu werden. Für einige Probanden sei es nach dem Ende ihrer Studienteilnahme sogar schwer gewesen, nicht mehr regelmäßig in den Müngersdorfer Sportpark zu kommen. „Die haben jetzt eine eigene Laufgruppe gegründet“, berichtet David Riedel.

Informationen über die Voraussetzungen zur Teilnahme an der Studie: Sie müssen mindestens 60 Jahre alt sein und dürfen weder körperliche noch psychische Erkrankungen haben, die das Training einschränken würden. Weitere Informationen unter 0221-4982-7181 oder

agegain@dshs-koeln.de

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