Kunst im Carrée in SülzKünstler beschäftigen sich mit Essen

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Kunst-im Carrée-Preisträgerin Jutta Reinisch mit einem ihrer Gemälde

Kunst-im Carrée-Preisträgerin Jutta Reinisch mit einem ihrer Gemälde

Sülz/Klettenberg – Jede Kunstmeile hat ihre Besonderheit. Nicht allein wegen des besonderen Charakters einer jeden Geschäftsstraße. Sondern weil die Kunstmeilen-Veranstalter ganz unterschiedliche Konzepte verfolgen, wie Ladenumgebung und Kunstpräsentation eine sinnvolle Einheit ergeben können. Bei der „Kunst im Carrée“ ist das stets ein Thema, das als roter Faden die Künstlerarbeiten und die Ausstellungsorte miteinander verbindet.

„Aufgetischt“ lautet das Stichwort, das in diesem Jahr die 50 teilnehmenden Künstler bei der inzwischen 16. Ausgabe der Sülz-Klettenberger Kunstveranstaltung inspirierte. Was sie dabei bildnerisch in den Schaufenstern und Läden zwischen Berrenrather Straße, Sülzburger Straße und Luxemburger Straße auftischen, berührt so ziemlich alle Aspekte rund um das Thema Essen: biologische Notwendigkeit und Ökologie, Ästhetik und Kulturgeschichte, Lust und symbolische Bedeutung, Verschwendung, Nachhaltigkeit. Brigitte Hellwig, Hauptorganisatorin des 47 Orte umfassenden Ausstellungsparcours erklärt zur Wahl des Themas. „Manche Dinge liegen in der Luft“. Das enorme Publikumsinteresse am Eröffnungssamstag bestätigte ihre Einschätzung. Da das Essen als Geschehen zwischen Hunger und sozialem Ereignis mitten im Zentrum unser aller Erfahrung angesiedelt ist, genügt ein Blick in ein Schaufenster bereits, um in eine Fantasie zu verwickeln.

Bei Sport Bülle werden die Vorübergehenden mit der gefräßigen Gier von Männerblicken im Verspeisen weiblicher Nacktheit konfrontiert. Die poppigen Fotografien von Thorsten Kern im Werkladen zeigen vordergründig den Zauber von Farben, die zeitgemäße Nahrungsmittel so verführerisch machen. Dabei wollen sie zugleich die Frage nach den problematischen Inhaltsstoffen heutiger Nahrungsmittel aufwerfen, zu viel Zucker, zu viele chemischen Zusatzstoffe, zu viele gesundheitliche Unwägbarkeiten.

Eine ähnliche Perspektive schlägt CG Blanke mit vergoldeten Schokoküsse ein. Ein Betrachter erkannte sofort: „Die Aufwertung in Gold zeigt die ganze Absurdität vieler ungesunder, überflüssiger Lebensmittel.“

In den Reden zur Vernissage, auf der wie in jeden Jahr auch der Kunst-im-Carrée-Preis verliehen wurde, fiel denn immer wieder der Begriff Nachhaltigkeit als Maßstab für einen achtsamen Blick auf Lebensmittel und das alltägliche Essverhalten. Den Kunst-im-Carrée-Preis erhielt Jutta Reinisch für ihre realistischen Gemälde der Überreste auf dem Teller, die nach einem Essen übrig bleiben. In der Auslage von Optik Dorn führen die kleinen Bilder sogleich in Essgeschichten, in denen sich individuelle Erinnerung und Kulturthemen verbinden.

Ähnlich ungezwungen beflügeln Heike Simmers Kuchenteller-Zeichnungen in der Apotheke am Questerhof die Vorstellungskraft. „Gab es alles schon, machs trotzdem“, schreibt sie auf die Pappe und zeigt, dass allein der erlebte Moment über die Originalität eines Kunstwerks entscheidet. Apothekenbesitzer Sebastian Berges, zugleich 1. Vorsitzender der Interessengemeinschaft Sülz-Klettenberg, ist begeistert „über die Vielfalt, mit der die Maler, Illustratoren und Fotografen das Thema aufgetischt haben“. „Im Grunde könnten wir das im nächsten Jahr weiterführen“, meint er schmunzelnd. Wohl wissend, dass Organisatorin Brigitte Hellwig längst mit der Suche nach einem neuen spannenden Thema für Kunst im Carrée 2019 beschäftigt ist.

www.trans-mitto.de/kunst

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