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Leerstehende WohngebäudeRusslands Geisterhäuser in Sülz

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RusslandHaus

Das Haus an der Friedrich-Engels-Straße 3 ist in einem schlechten Zustand. 

Sülz  – Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Ein gutes Beispiel für die Gültigkeit dieser Weisheit ist ein Beschluss, den die Bezirksvertretung Lindenthal in ihrer vergangenen Sitzung gefasst hat: Sie hat die Stadtverwaltung beauftragt, das Grundstück an der Friedrich-Engels-Straße 3-7 zu erwerben, die Wohngebäude dort entweder zu sanieren und und zu nutzen oder abzureißen und neu zu bauen.

Auf dem Areal befinden sich drei große Wohnblöcke. Sie wurden 1974/75 gebaut und von der Handelsvertretung der damaligen Sowjetunion und der russischen Botschaft genutzt.

Zwei Häuser stehen seit dem Jahr 2000 leer 

Ein großer Teil der Räume in den Häusern sind Büros, Besprechungs- und Konferenzsäle. Doch es gibt darin auch 80 Wohnungen.

Zwei der Häuser, die mit den Nummern 3 und 5, sind bereits seit dem Jahr 2000 verlassen, die Hausnummer 7 wurde zwischendurch noch über eine Gesellschaft vermietet. Aber auch dieses Gebäude steht nun seit mehreren Jahren leer und ist wie die beiden anderen dem Verfall preisgegeben – während es an Wohnraum in der Stadt immer stärker mangelt. Seit Jahren kämpft die Verwaltung nun bereits mit Hilfe der 2014 beschlossenen Wohnraumschutzsatzung gegen Leerstand an. Danach ist jede Zweckentfremdung von Wohnungen oder Wohnhäusern verboten, insbesondere auch sie leer stehen zu lassen.

Ordnungsgeld bei Verstößen 

Verstöße können mit Ordnungsgeld geahndet werden. Ganz unabhängig von der Frage, ob die Satzung auf die zum Teil bereits vor ihrem Inkrafttreten verlassenen und mittlerweile völlig maroden Gebäude an der Friedrich-Engels-Straße überhaupt anwendbar ist, scheitert das Vorgehen vor allem daran, dass Adressat einer ordnungsbehördlichen Verfügung seitens der Stadt Köln die Russische Föderation wäre.

Sehr erfolgversprechend ist ein solches Unterfangen nicht. So hatte die Stadtverwaltung bereits im Jahr 2019 auf eine Anfrage des Betriebsausschusses der Gebäudewirtschaft und der Bezirksvertretung Lindenthal geantwortet, dass sie in diesem Fall eher auf diplomatische statt auf ordnungsbehördliche Lösungsansätze setzt. Und genau im Hinblick auf eine solche Lösung ist bei den Bezirksvertretern wieder Hoffnung aufgekeimt. Grund dafür ist ein Bericht im Lokalfernsehen: „Der WDR hat gerade darüber berichtet, dass die Russische Föderation signalisiert hat, zum Verkauf der drei Gebäude bereit zu sein“, erläutert Lothar Müller (Linke) den Beschluss der Bezirkspolitik.

Keine Anzeichen, dass Russland verkaufen will 

Tatsächlich ist es allerdings genauso wenig wahrscheinlich, wie vor ein paar Jahren, dass dieser Traum in Erfüllung geht. Denn entgegen anderslautender Gerüchte gibt es keine neuen Zeichen dafür, dass der russische Staat die Immobilien verkaufen möchte: „Bisher gab es keine konkreten Ankaufsverhandlungen durch unsere Liegenschaftsverwaltung“, schreibt Jürgen Müllenberg, Sprecher der Stadt. „Der Verwaltung ist auch nicht bekannt, dass eine aktuell formulierte Verkaufsbereitschaft seitens der russischen Föderation besteht.“

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Im Hinblick auf eine mögliche Nutzung der Häuser verweist er erneut auf die alte Stellungnahme der Stadtverwaltung aus dem Jahr 2019, in der sie auch deutlich auf den desolaten Zustand der Gebäude hingewiesen hatte. Von erheblichen Wasser- sowie Feuchtigkeitsschäden mit Pilzbefall ist darin die Rede, von Schwarzschimmel, schwerwiegenden Schäden an der Betonsubstanz, Schadstoffbelastungen und maroder technischer Ausstattung.

Häuser sind verfallen

Die Kosten für die Instandsetzung und Modernisierung schätzten Fachleute bei einer Besichtigung der Häuser mit den Nummern 3 und 5 im Jahr 2016 auf rund elf Millionen Euro.

Für das Objekt Friedrich-Engels-Straße 7 ergab sich ein ähnliches Bild, wobei ein undichtes Dach hinzukommt. Jetzt, etliche Jahre später, ist wohl davon auszugehen, dass die Häuser noch weiter verfallen sind, die Sanierung noch einmal deutlich teurer würde und somit aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr sinnvoll ist. Das sieht die Bezirkspolitik genauso: „Die Gebäude sind mittlerweile so marode, dass man sie wohl nur noch abreißen kann“, sagt Lothar Müller. „Das Grundstück könnte aber sehr gut für eine Bebauung mit bezahlbarem Wohnraum genutzt werden, an dem es ja stark mangelt.“

Ob das eines Tages geschehen wird, ist nach wie vor ungewiss. Immerhin verspricht die Stadtverwaltung, sich noch einmal darum zu kümmern: „Die Verwaltung wird sich nun zunächst des Auftrags der Bezirksvertretung annehmen, um festzustellen, was machbar ist und sie dann über das Ergebnis informieren“, so Jürgen Müllenberg.

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