Abo

KVB-Unfall in Köln-SülzVerfahren wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung eingeleitet

Lesezeit 4 Minuten
Auf diesem Bahnübergang verunglückte eine junge Frau.

Auf diesem Bahnübergang verunglückte eine junge Frau.

Köln – Zwei schwere Unfälle mit zwei Toten haben sich am Dienstagabend in Köln ereignet. In Sülz geriet eine 27-Jährige in der Nähe der Haltestelle Arnulfstraße um 18.30 Uhr beim Überqueren der Straße unter die Straßenbahn der Linie 18. Nur knapp eine halbe Stunde später starb in Rodenkirchen ein 63-jähriger E-Bike-Fahrer, nachdem er auf der Brückenstraße unter die Räder eines KVB-Busses geriet, der zum Busbahnhof an der Friedrich-Ebert-Straße abbiegen wollte.

Beim Abbiegen scherte der Bus der Polizei zufolge leicht nach rechts aus und touchierte den Radfahrer, der ins Straucheln geriet. Laut Zeugenaussagen machte der 63-Jährige noch durch laute Hilferufe auf sich aufmerksam, bevor er mit seinem Rad stürzte und unter den Bus geriet. Der Notarzt konnte nur noch den Tod des Mannes feststellen. Der Busfahrer erlitt einen Schock, Rettungskräfte fuhren ihn ins Klinikum Merheim. Die Polizei ermittelt.

Das könnte Sie auch interessieren:

In Sülz war die junge Frau ersten Erkenntnissen der Beamten zufolge von einer Richtung Barbarossaplatz fahrenden Bahn erfasst und eingeklemmt worden, als sie die Luxemburger Straße auf Höhe der Wittekindstraße auf dem Fußgängerüberweg überqueren wollte.

Alles zum Thema Kölner Verkehrs-Betriebe

Einsatzkräfte der Feuerwehr befreiten die eingeklemmte Frau nach einer schwierigen Bergungsaktion und transportierten sie mit lebensgefährlichen Verletzungen in eine Klinik. Dort erlag die 27-Jährige in der Nacht ihren Verletzungen.

Der Bahnfahrer, ein Angestellter der Bonner Verkehrsbetriebe, erlitt einen Schock und wurde in die Traumaambulanz des Klinikums in Merheim gebracht. Die Polizei sperrte den Unfallbereich bis kurz nach 20 Uhr weiträumig ab, was zu unregelmäßigen Fahrten der Bahn-Linie 18 und zu Stau auf der Luxemburger Straße führte. Die Polizei ermittelt die Unfallursache.

Bahnübergang Gefahrenstelle?

In den sozialen Netzwerken gab es am Mittwoch – neben reger Anteilnahme am tragischen Schicksal der Betroffenen – mehrere Einträge von Anwohnern aus Sülz, die den Übergang der Bahnlinie als Unfall- und Gefahrenstelle bezeichnen – so wie die Sülzer Geschäftsfrau Daniela Warndorf. Von ihrem Arbeitsplatz an der Luxemburger Straße aus kann sie die Ampelanlage und den Übergang direkt sehen.

„Am Mittwochmorgen nach dem Unfall habe ich beobachtet, dass die Ampelanlage für den Fußübergang nicht richtig funktioniert. Sie schaltet viel zu früh auf Grün um, während die Bahn noch am Durchfahren ist – das ist definitiv etwas defekt.“ Auf dem sozialen Netzwerk gibt es auch mehrere Einträge dazu, dass „in den letzten Tagen an der gesamten Ampelanlage an der Straße sowie am Bahnübergang gearbeitet wurde“.

Langer Stau am Dienstag

Eine Frau, die Zeugin des Unfalls „am Bürgersteig gegenüber“ war, berichtet dort zudem, dass eine Fußgängerin ihr nach dem Unfall gesagt habe, dass die Fußgängerampel Grün gewesen sei. Mehrere Diskussionsteilnehmer behaupten in den Einträgen, dass ihrer Wahrnehmung nach die Fußgängerampel häufig noch Grün zeige, wenn die Bahnen an der Station anfahren – auch wenn alle betonen, dass sie trotz ihrer Beobachtungen keine falschen Anschuldigungen erheben möchten.

„Am Dienstag tagsüber gab es dann auch einen langen Stau, weil sowohl die reguläre als auch die Ersatz-Ampelanlage für eine Weile gar nicht funktionierten“, führt Daniela Warndorf weiter aus. Sie vermutet, dass eventuell die Anlage nicht richtig eingestellt worden sei. Am Mittwoch nach dem Unfall dann sei an dem Fußübergang erneut gearbeitet worden, Bauarbeiter hätten aufgepasst, dass nichts passiert.

Sowohl KVB-Sprecherin Gudrun Meyer als auch Jürgen Müllenberg vom Presseamt der Stadt Köln, in deren Zuständigkeit die Ampelanlage fällt, konnten die in den sozialen Netzwerken beschriebenen Probleme sowie einen möglichen Zusammenhang mit dem Unfall auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Mittwoch nicht bestätigen.

„Zunächst müssen die polizeilichen Untersuchungen abgewartet werden“, sagte Meyer. Darauf verwies auch Müllenberg und fügte hinzu: „Die Unfallstelle ist der Stadt von der Polizei bislang nicht als auffälliger Risikofaktor für Unfälle genannt worden.“

Unfall im Jahr 2014

2014 war es an der Ampel an der Wittekindstraße zwar auch zu einem Unfall gekommen, bei dem ebenfalls eine junge Frau starb. Das stehe allerdings, so Müllenberg, in keinem Zusammenhang zu dem Fall von Dienstagabend. Ob die Taktungen der betreffenden Ampelanlage, die Vorrangschaltungen zwischen Bahnen und Fußgängern oder die Umschaltzeiten möglicherweise zu kurz oder ungenau seien, müsse untersucht werden. „Die Unfallkommission der Stadt Köln werde sich vor Ort ein Bild machen, so der Stadtsprecher.

Verdacht auf fahrlässige Tötung

Für den Kölner Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer war es am Mittwochabend ebenfalls noch zu früh, genaue Aussagen zu Ursachen und Abläufen der beiden tödlichen Unfälle in Sülz und Rodenkirchen zu machen, wie er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Anfrage sagte. „Wir werden uns die Unfallhergänge sehr genau ansehen“, so Bremer. „Im Fall des Todes der Frau an der Station Arnulfstraße haben wir ein Ermittlungsverfahren gegen den Fahrer der Bahn wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung eingeleitet.“

Darüber hinaus sei beschlossen worden, ein Sachverständigen-Gutachten zu beantragen, um den genauen Verlauf des tragischen Vorfalls zu rekonstruieren.

KStA abonnieren