NikolausplatzKölner Arzt eröffnet Büdchen in Sülz

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Der türkisblaue Kiosk ist in der Nachbarschaft beliebt.

Der türkisblaue Kiosk ist in der Nachbarschaft beliebt.

Sülz – Den Milchkaffee hat sie bereits in der Hand, da fällt der Kundin noch etwas ein: „Habt ihr vielleicht noch ein Duplo? Leo muss seine Antibiotika nehmen, und ich muss ihm das irgendwie versüßen.“

Büdchenbesitzer Martin Gubelt hätte vielleicht einen professionellen Tipp parat, wie man dem Kind am besten sein Medikament verabreicht. In seinem Kiosk, der am Ende der Remigiusstraße direkt neben dem Spielplatz am Nikolausplatz steht, beschränkt sich der hauptberuflich als Arzt tätige Mann aber darauf, der Mutter den Schokoriegel zu reichen. „Das Büdchen ist wirklich eine Bereicherung“, strahlt sie.

Seit dem Sommer hat Martin Gubelt mit zwei Partnerinnen den helltürkisblauen Miniladen eröffnet – ganz einfach, weil er sich in ihn verguckt hatte.

„Ich wohne hier an der Remigiusstraße, Ecke Lotharstraße und hatte von meiner Wohnung immer den Kiosk im Blick“, erzählt sein frischgebackener Besitzer. „Es war ziemlich heruntergekommen und am Ende ständig geschlossen.“

In seiner Fantasie malte der junge Arzt sich aus, was man aus dem Büdchen machten könnte. Dann half ihm der Zufall bei der spontanen Entscheidung: „Der Betreiber fragte mich, ob ich es nicht übernehmen wollte“, so Gubelt. Das Timing war perfekt, denn er hatte gerade seine Stelle als Facharzt für Innere Medizin in der Notaufnahme einer großen Klinik in Wuppertal auf Halbzeit reduziert.

„Vorher hatte ich pro Monat vielleicht drei Tage frei“, sagt er. Es ergab sich die Gelegenheit, das Arbeitspensum herunterzufahren und sich die Stelle mit einem Kollegen zu teilen. „Und außerdem finde ich es wichtig, im Leben immer wieder andere Erfahrungen zu machen.“

Mittlerweile hat sich Nachbarin Doro am Büdchen eingefunden und plaudert bei einem Kaffee mit dem Inhaber. Anderthalb Jahre habe er vor seiner Zeit als Kioskbesitzer mit ihr im selben Haus gewohnt, aber ohne jemals mit Doro oder irgendeinem anderen Nachbarn zu sprechen, schildert Gubelt. „Jetzt kenne ich hier alle“, sagt er.

Kaffee aus dem Veedel

Man trifft sich an der schmucken Bude, abends zu einem Bier und tagsüber auf einen Kaffee. Es hat sich herumgesprochen, dass der besonders gut ist. Die große, chromglänzende Maschine ist wichtigster Einrichtungsgegenstand des Kiosk. Der Kaffee stammt von der Sülzer Rösterei Jackson an der Ägidiusstraße. Der Honig, den Gubelt anbietet, wird gleichfalls im Viertel hergestellt, ein Sülzer Imker hat am Hermeskeiler Platz Bienenstöcke.

Alles in allem ist das Angebot im Kiosk relativ übersichtlich. Am Fenster stehen die obligatorischen Stapelkästchen mit Süßigkeiten, weißen Mäuse, Colafläschchen, sauren Stangen, Lakritzzungen. Regelmäßig kommen Knirpse vorbei und kaufen ein, für ein paar Centstücke. Sonst gibt es Kaffee, Fritz-Brause, Kölsch, aber auch Bierspezialitäten aus nordischen Brauereien wie Flensburger.

Das Büdchen als Hobby

Nicht zuletzt ist das Büdchen ein Platz zum Experimentieren: Gerade hat Michael Gubelt ein Waffeleisen erworben. Heute ist es im Einsatz – zum ersten Mal und früher als eigentlich geplant. Ein missratener Kuchenteig ist der Grund. „Ich wollte einen Pflaumenkuchen backen und habe versehentlich Milch zum Teig geschüttet.“ Er wurde zu flüssig. Es half nur die Flucht nach vorn: noch mehr Milch. Aus dem Kuchenteig wurde ein Waffelteig.

Die Kunden kaufen die Waffeln gerne. „Wieviel kosten die denn?“, will eine Dame wissen. „Keine Ahnung, einen Euro?“ Gubelt nimmt’s mit den Preisen nicht so genau. Das Büdchen ist sein Hobby. „Als selbstständiger Arzt würde ich in einer Stunde so viel verdienen wir hier am ganzen Tag“, sagt er.

Den Büdchenspaß teilt er sich mit zwei Freundinnen, die ebenfalls noch andere Jobs haben: Juristin Barbara hat allerdings gerade angefangen, in Vollzeit zu arbeiten und scheidet langfristig wohl aus. Journalistin Julia Krakaus ist noch dabei. Vielleicht stößt bald Gerlinde dazu.

Wie lange er Büdchenbesitzer bleiben möchte? Martin Gubelt weiß es noch nicht so genau. „Irgendwann muss ich in meinem Beruf wieder Gas geben“, meint er. Eigentlich sei das Büdchen der perfekte Nebenerwerb für ein Rentnerehepaar.

Ewig wird der Arzt also keine Waffeln und Gummidrops mehr verkaufen. Aber jetzt gibt es erst einmal noch eine Extraportion Karamelsirup in den Kaffee – und strahlende Kunden vor dem Sülzer Büdchen.

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