Pläne des FC unter BeschussKritiker stellen ihre Bedenken zum Ausbau vor

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Die Aula des Schillergymnasiums war bei der Informationsveranstaltung gut gefüllt.

Die Aula des Schillergymnasiums war bei der Informationsveranstaltung gut gefüllt.

Sülz – Wenn Kunstrasenplätze die Gleueler Wiesen ersetzen werden – dann werden sie auf einem etwa 1,35 Meter hohen Sockel im Äußeren Grüngürtel thronen. Diese Information war neu, im Übrigen sind die Ausbaupläne des 1. FC Köln, mit denen sich rund 300 Bürger bei einer Informationsveranstaltung in der Aula des Schillergymnasiums beschäftigten, schon eine Weile bekannt: Der Verein möchte auf den Wiesen zwischen dem Franz-Kremer-Stadion und der Gleueler Straße drei Kunstrasenplätze errichten und im Grüngürtel zudem ein neues Leistungszentrum bauen.

Weil die Stadtverwaltung nun die dafür nötige Änderung des Flächennutzungsplans und den Bebauungsplan im Rathaus Deutz ab heute bis zum 30. August offiziell offenlegt, hatten der stellvertretende Bezirksbürgermeister Roland Schüler und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Stadtbezirk Lindenthal eingeladen und über die Kritikpunkte informiert.

Welche Bedenken haben die Kritiker im Hinblick auf die Umwelt?

Roland Schüler kritisierte, dass die höhergelegten Plätze das Gelände komplett verändern werden: „Die klimatischen Auswirkungen der Versiegelung der Flächen mit Kunstrasen sind signifikant.“ Laut Aussage des Umweltamts erhöhe sie die Temperatur tagsüber um mindestens drei und nachts noch um 0,3 Grad. „Wir schaffen so eine Hitzeinsel.“ Die Grünzüge seien für das Stadtklima von großer Bedeutung.

Auf der Gleueler Wiese möchte der FC sein Trainingsgelände erweitern.

Auf der Gleueler Wiese möchte der FC sein Trainingsgelände erweitern.

„Wenn die Temperatur um drei Grad steigt, kann die ausgleichende Wirkung des Grüngürtels in diesem Bereich entfallen.“ Auch die Lärmbelastung würde für Anlieger steigen. Anna von Mikesc vom Nabu schloss sich diesen Bedenken an. „Die Gleueler Wiese ist ein Ökosystem, in dem Tiere leben und viele Pflanzen wachsen“, sagte sie. Insekten und Fledermäuse würden vertrieben. Der Boden speichere pro Jahr mindestens neun Tonnen CO2. Die Speicherfunktion würde wegfallen. Sie sei ein Schutz vor den Emissionen des Autoverkehrs auf der benachbarten A1.

Welche Bedenken haben die Denkmalschützer?

Henriette Meynen vom Rheinischen Verein für Denkmalschutz und Landschaftspflege betonte, dass die Wiesenlandschaft für die Gestaltung des Grüngürtels stilgebend sei. Durch die Kunstrasenplätze, die Umzäunung und die Flutlichtmasten würde sein Charakter komplett verändert. Die Versiegelung käme der Verkleidung einer denkmalgeschützten Fassade gleich und würde dem Ensemble die Eigenschaft als Denkmal rauben. „Städtebaulich ist es eine große Veränderung“, bemerkte Meynen. In den 20er Jahren habe Fritz Schumacher den Siedlungsplan entworfen, nach dem die dichte Bebauung der Innenstadt langsam über Vorgärten in Schrebergärten, die Wiesen und dann das Herz des Grüngürtels übergeht.

„Diese Abfolge ist charakteristisch etwas ganz Besonderes und wird zerstört“, warnte sie. Es handele sich um eine historische Hinterlassenschaft von Schumacher und Adenauer, um eine der ersten Volksparkanlagen. „Es ist auch ein Unding, ein Riesengebäude wie das Leistungszentrum dort ins Grüne zu bauen“, fand sie.

Welche weitere Kritik besteht an der Wahl des Standorts?

Schüler äußerte zudem die Befürchtung, dass durch die vier Neubauten, von denen das größte Gebäude 92 Meter lang, 51 Meter breit und zirka 8 Meterhoch sein wird, im Grüngürtel ein Präzedenzfall geschaffen würde, der künftigen Bauvorhaben den Weg ebnen würde. Alternative Standorte seien nicht ausreichend geprüft. Man habe angeführt, dass der Trainingsort im Grüngürtel wichtig sei, weil sich die Elsa-Brandström-Schule als Sportschule in unmittelbarer Nähe befindet. „Doch nun ist sie Teil einer Gesamtschule, deren Klassen acht bis 13 in Müngersdorf am Militärring lernen“, so Schüler. „Damit werden andere Standorte wie in Müngersdorf selbst oder Marsdorf attraktiver. Das wurde noch nicht richtig abgewogen.

Welche Bedenken gibt es im Hinblick auf den Verkehr?

Auch die Verkehrsbelastung, die der Ausbau mit sich bringe, und ob die 32 neues Tiefgaragenplätze überhaupt ausreichen“, sei unklar kritisierte Schüler. Der ehemalige Leiter des Stadtplanungsamts Utz Küpper schloss sich der Kritik an: „Hier entsteht ein Leistungszentrum, das faktisch nicht an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen, aber laut Aussage des 1. FC für die ganze Region von Bedeutung ist“, führte er aus. „Ich bin der Meinung, dass ein erhebliches Abwägungsdefizit hinsichtlich der Verkehrserschließung vorliegt.“ Der Alternativstandort Marsdorf liege an der Linie 7 und biete sich geradezu an.

Was sagt der FC dazu?

Der Verein selbst kann die Bedenken nicht nachvollziehen. „Die Vorwürfe werden auch durch ständige Wiederholung nicht richtiger“, sagt FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle. „Die Gegner des Projekts unterschlagen, dass der FC die Einrichtung einer neuen Bushaltestelle am Rhein-Energie-Sportpark finanziert hat.“ Dass die Pläne gegen den Denkmalschutz verstießen und der stadtplanerischen Idee Adenauers widersprächen, sei eine Meinung, die weder vom Stadtkonservator noch von der politischen Mehrheit im Stadtrat geteilt würde, sonst hätte der Stadtentwicklungsausschuss keinen Aufstellungsbeschluss für die Pläne erlassen, die nun in der Offenlage sind. Sie seien im Austausch mit den Ratsparteien und der Verwaltung in einem regulären Verfahren entstanden. „Daher sind wir zuversichtlich, dass wir diese Pläne auch umsetzen können“, so Wehrle.

Für- oder Widerspruch zum Vorhaben kann man schriftlich äußern: Stadt Köln, Stadtplanungsamt, Stadthaus Deutz, Willy-Brandt-Platz 2, 50679 Köln

DEMO AM FREITAG

Die Änderung des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans, die ab heute für die Öffentlichkeit einsehbar sind, widersprechen den Festsetzungen, des Regionalplans, der für den Bereich des Äußeren Grüngürtels verbindlich einen regionalen Grünzug vorsieht. Deswegen hat die Stadtverwaltung bei der Bezirksregierung Köln ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren beantragt, mit dem ausnahmsweise von den Bestimmungen des Regionalplans abgewichen werden kann. Darüber entscheidet am Freitag, 5. Juli, der Regionalrat. Die Gegner der Ausbaupläne im Grüngürtel haben deswegen am morgigen Freitag, 5. Juli, ab 9 Uhr zu einer Demonstration vor dem Gebäude der Bezirksregierung, Zeughausstraße 2-10 eingeladen. (SE)

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