Abo

Schönheit aus KriegsschuttWie der Beethovenpark in Sülz entstand – eine Führung

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt (1)

Vom „Pilzberg” aus haben die Teilnehmer der Führung einen schönen Blick über den Beethovenpark.

Sülz – Staub und Gestank hingen noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts in den Straßen von Sülz. Kiesgruben und Ziegelproduktionen bestimmten das Landschaftsbild. An der Ecke Gustavstraße, Palanterstraße sammelten sich Abwässer in einer Schlinggrube. Der damalige Vorort war noch nicht an die Kanalisation angeschlossen. Später produzierte eine Poudrettefabrik aus den Sülzer Ausscheidungen Dünger – mit entsprechender Geruchsbelästigung. Zunächst fuhr der „Scheißbrühfahrer“ die Fäkalien ab. Er hieß Esser mit Nachnamen. Jenseits der Neuenhöfer Allee grub sein Namensvetter nach Kies. „Ob der Kiesgrubeninhaber und der Fäkalienhändler mit demselben Namen verwandt waren, lässt sich nicht mehr feststellen“, sagt Alexander Hess, Geograph und Mitglied im Rheinischen Verein für Denkmalpflege.

Unter dem Titel „Die grüne Lunge von Sülz“ führt er durch den Beethovenpark – und beschreibt die große Veränderung, die der Kölner Südwesten durch die Grünanlage erfuhr und die den Esserschen Stäuben und Düften den Garaus machten. Der Park entstand auf der großen Kiesgrube des Herrn Esser – nach den Plänen von Konrad Adenauer. Inspiriert von der „englischen Gartenstadt“, ein Modell der Stadtentwicklung, das damals in Großbritannien Furore machte, ersann der ehemalige Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer ein Grünsystem für seine Heimat.

Nach Plänen des Stadtplaners Fritz Schumacher wurden der Innere und Äußere Grüngürtel entlang der ehemaligen Befestigungsanlagen angelegt und durch Radialen miteinander verbunden. Die Radialzüge sollten das Grün von außen in die Stadt hineintragen und zur Auflockerung der Bebauung beitragen.

Die Sülzer hatten Glück: „Hier im Südwesten waren die Pläne schon umgesetzt“, schildert Hess. „Zwischen Müngersdorf und Bickendorf sollte auch eine grüne Radiale entstehen, dazu kam es nicht mehr.“ Der Krieg funkte dazwischen. Der Beethovenpark war allerdings Jahr 1927 bereits fertiggestellt, nach Plänen von Fritz Encke und seines Nachfolgers Theodor Nußbaum. Sie hatten einen Volkspark entworfen, der aus zwei Teilen besteht. Direkt an der Neuenhöfer Allee entstand ein Sondergarten mit geraden Wegen, rechteckigen Wiesen, akkurat gesäumt von Rosenbeeten. Auch ein Spielplatz war dort bereits vorgesehen. „Im Schmuckgarten sollten die Mütter verweilen und einen Blick auf ihre nebenan spielenden Kinder haben“, erzählt Alexander Hess.

Ein Pappelring ziert die Mitte der Gartenanlage, die in einem halbbogenförmigen Balkon endet. Von einer Erhöhung aus kann der Besucher auf den anderen Teil des Parks blicken, der in der Senke entstand, die die Kiesgrube hinterlassen hatte. Der Blick geht über einen Park mit weitläufigen offenen Wiesen, die Wege in weichen Bögen durchziehen. Ihr markantes Profil erhielt die Parkanlage allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg.

Durch Kriegsschutt wurde das Gelände modelliert, entstand vor allem der „kahle Berg“ am südlichen Rand des Beethovenparks, bei der Bevölkerung auch als Pilzberg bekannt.

Zwischen Hügeln und Senken führen nun die Wege weiter in den Äußeren Grüngürtel, der sich an den Beethovenpark anschließt. „Der Decksteiner Weiher war damals als Sülzer Lido bekannt“, sagt Hess. „Nach den Plänen von Adenauer sollte die Bevölkerung dort schwimmen, rudern und Ball spielen.“ Heute würden viele europäische Städte Köln für seine eleganten grünen Gürtel beneiden, die der Oberbürgermeister einst für die Bürger schuf.

KStA abonnieren