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Sperrung der Zülpicher Straße„Jetzt haben die Radler Narrenfreiheit“

Lesezeit 4 Minuten
Radfahrer genießen die Freiheit auf der für den Autoverkehr gesperrten Zülpicher Straße.

Radfahrer genießen die Freiheit auf der für den Autoverkehr gesperrten Zülpicher Straße.

Köln-Lindenthal – Mittags um eins herrscht rund um die Mensa der Universität entspannte Betriebsamkeit. Menschen queren plaudernd die Zülpicher Straße, radeln auf der Fahrbahn in Richtung Universitätsstraße und genießen die Freiheit, die ihnen ein paar Poller verschafft haben. Die Zülpicher Straße ist zwischen Wilhelm-Waldeyer-Straße und Hans-Mayer-Weg seit anderthalb Jahren für den Autoverkehr gesperrt, versuchsweise. Die Bezirksvertretung Lindenthal hatte sich am 4. Dezember mehrheitlich für die Aufrechterhaltung ausgesprochen.

Auch der Verkehrsausschuss hat seine Zustimmung signalisiert, wartete vor seinem endgültigen Beschluss aber noch auf das Votum der Bezirksvertretung Innenstadt. Die sprach sich nun ebenfalls und einstimmig dafür aus. Grund für die politischen Entscheidungen ist die Auswertung des Verkehrsexperiments, das die Verwaltung vorgelegt hat. Sie kommt zu einem positiven Ergebnis. Die Bürger hätten sich in einer Informationsveranstaltung mehrheitlich für die Sperrung ausgesprochen und die umliegenden Verkehrsachsen könnten den umgeleiteten Verkehr aufnehmen.

Gleichzeitig schlägt die Verwaltung einige Verbesserungen für den Verkehr vor, die der Rat mitbeschließen soll: So soll die Zülpicher Straße zwischen Universitätsstraße und Paula-Kleinmann-Weg als Fahrradstraße ausgewiesen werden, vorhandene Radwege sollen aufgehoben und neue Pkw-Stellplätze eingerichtet werden. Dort würde dann auch die abgenutzte Fahrbahn, in der Pflastersteine blank liegen, saniert werden. Zudem ist geplant, den Bereich zwischen Universitätsstraße und der Bahnunterführung an der Dasselstraße umzugestalten.

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Zum Kreisverkehr umbauen

Die Bezirksvertretung Lindenthal möchte, dass der Verkehrsausschuss noch einen weiteren Punkt in den Beschluss aufnimmt: Der Verkehrsknotenpunkt Bachemer Straße/Zülpicher Wall soll danach zu einem Kreisverkehr umgebaut werden, der allen Verkehrsteilnehmern das Abbiegen erleichtert.

Das sagen Anwohner zur Sperrung

Bärbel von Hesberg, die an der Wilhelm-Waldeyer-Straße wohnt, hat sich mit der Sperrung abgefunden, aber einige Verbesserungswünsche im Namen vieler aus dem Veedel. Immer noch würden Autos in die Zülpicher Straße bis zur Sperrung und dann einfach gegen die Fahrtrichtung wieder herausfahren, sagt sie. Immer wieder beobachtet die Anwohnerin, dass Lkw weiterhin versuchen, durch die Wilhelm-Waldeyer-Straße auszuweichen und sich festfahren.

Dass Parkplätze in der Straße abgeschafft werden, damit das nicht geschieht, wie die Verwaltung vorschlägt, hält sie für keine gute Idee: „Es kann doch nicht sein, dass wir die Leidtragenden sind, weil sich die Lkw-Fahrer nicht an die Regeln halten. Es müsste noch besser kommuniziert werden, dass Lkw dort nicht in die Zülpicher Straße hineinfahren dürften.“ Sie wünscht sich mehr Umsicht von Lkw-Fahrer, aber auch von Autofahrern.

Besitzer kleinerer Autos würden auch gerne einfach auf dem Bürgersteig neben den Poller vorbei durch den gesperrten Bereich fahren oder dort parken. Die Anwohner müssten nun, um mit dem Auto in Richtung Innenstadt zu gelangen, die Universitätsstraße mit vier Spuren nebst Radweg überqueren, um per U-Turn in Richtung Luxemburger Straße fahren zu können. „Das ist zu Hauptverkehrszeiten fast nicht möglich“, so von Hesberg. Sie sei aber optimistisch, dass sich noch einiges verbessern lässt. „Ich habe bereits einige gute Gespräche mit den Bezirkspolitikern geführt.“

Kritisch äußert sich von Hesbergs Nachbarin Pia Kullmann Fried: „Die Radler haben jetzt Narrenfreiheit und fahren kreuz und quer. Letzte Woche hat mich einer voll Speed mitten auf dem Zebrastreifen umgefahren. Ich habe mich allerdings auch nicht mit den Vorteilen der Sperrung befasst. Ich denke, die Anwohner am oberen Teil der Straße haben es jetzt etwas ruhiger.“

Das Studenten und Uni-Mitarbeiter 

Eine Mitarbeiterin der Universität, äußert sich eher positiv: „Ich finde die Sperrung gut, weil ich hier in der Nähe arbeite.“ Sie genießt den entspannten Bummel vom Arbeitsplatz zur Mensa. „Ich komme zwar mit dem Auto, aber ich weiß ja, dass ich jetzt über den Zülpicher Platz fahren muss.“ Schwierig sei es allerdings für Ortsfremde. „Es wäre wichtig, dass die Sperrung über das Navi kommuniziert wird.“ Eines stört sie auch: „Die Radler müssten mehr Rücksicht nehmen. Die sind oft viel zu schnell und fahren einen fast um.“

Zahnmedizinstudent Christos Amiantitis freut sich über die Entscheidung des Lindenthaler Stadtteilparlaments. „Vor der Sperrung war es hier gefährlich für Radfahrer und Fußgänger“, betont er. Mit dem Autoverkehr sei einfach zu viel los gewesen. „Hier ist die Mensa, da hinten jenseits der Universitätsstraße ist die Zentralbibliothek der Uni. Hier radeln ständig Studenten hin und her.“ Die Lage habe sich deutlich entspannt.

Das sagen alternative Verkehrsexperten

„Wir halten die Sperrung der Zülpicher Straße für einen Schritt in die richtige Richtung", sagt Volker Ermert von der Themengruppe Mobilität der Agora. Die aus 130 Kölner Umweltinitiativen, Kulturschaffenden, Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen bestehende Bewegung sucht unter anderem nach alternativen Lösungen für Probleme des Straßenverkehrs.

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Die Sperrung verbessere nicht nur die Aufenthaltsqualität für Menschen, weil es viel leiser und die Luft sauberer geworden sei. Sie sei ein Symbol für die Verkehrswende, die dringend kommen müsse, damit Köln nicht unter der Last des Autoverkehrs zusammenbreche und Menschen durch die gesundheitsgefährdenden Abgase nicht vergiftet würden. „Wenn wir es nicht schaffen, eine Straße für Autos zu sperren“, so Ermert, „schaffen wir auch die nötige Wende nicht!“

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