Tag des guten Lebens in SülzDie erste Krise gemeistert

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Eifrig wurde beim zweiten Nachbarschaftstreffen geplant.

Eifrig wurde beim zweiten Nachbarschaftstreffen geplant.

Sülz – Es ist wie ein riesiges Gesellschaftsspiel: Inmitten der Aula des Schillergymnasium ist ein Netz aus Klebebandstreifen auf den Boden gepappt. Namen von Sülzer Straßen sind darauf zu lesen. Um das Feld sitzen erwartungsvoll etwa 60 Besucher. Die Agora Köln – eine aus mehr als 100 Kölner Umweltinitiativen, Kulturschaffenden, Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen bestehende Initiative – hat zum zweiten Planungstreffen geladen. Gemeinsam mit den Sülzer und Klettenberger Nachbarn veranstaltet sie am 31. Mai den Tag des guten Lebens, einen „Sonntag der Nachhaltigkeit“, so wie er in Ehrenfeld bereits zweimal stattgefunden hat.

Es wird ein Tag sein, an dem in dem Areal zwischen Berrenrather Straße, Luxemburger Straße und Universitätsstraße sowie Sülzgürtel keine Autos fahren. Stattdessen werden die Anwohner sich den öffentlichen Raum zurückerobern und die Straßen für die unterschiedliche Aktivitäten nutzen. Jeder darf mitmachen.

Initialzündung

Der Tag des guten Lebens hat einen gesellschaftspolitischen Hintergrund: Der Sozialwissenschaftler Davide Brocchi hat ihn und die Bewegung Agora initiiert, um ein Gefühl bei den Menschen zu wecken, wie es sein könnte, wenn der öffentliche Raum ihnen wieder zur Verfügung steht. Die Veranstaltung soll eine Initialzündung sein, um beispielsweise verstärkt über alternative Verkehrskonzepte nachzudenken. „Freiraum/Gemeinschaftsraum“ lautet das Motto. Die Basisinformationen gab es beim ersten Treffen.

Beim zweiten Termin wird es nun spannend: Die Plakate, die für den Tag des guten Lebens werben, sind fertig. „Unser Online-Tool für die Anmeldung von Nachbarschaftsaktivitäten ist aktiv“, sagt Uli Ferber. Er gehört zum Ko-Kreis, dem Team, das die Aktivitäten der Arbeitskreise koordiniert. Sie haben sich zu verschiedenen Themen gebildet: interne Kommunikation, zentrales Programm, Fundraising, Nachbarschaftstreffen, externe Kommunikation und Logistik.

Die große Bedeutung der Logistik ist den Planern bewusst. Denn daran scheiterte im vorigen Jahr der erste Versuch, in Sülz einen Tag des guten Lebens zu organisieren. Es gab nicht genügend Helfer, um die Straßen abzusperren. Das soll nicht wieder passieren.

Nun werden Freiwillige gesucht. Und es gibt besondere Unterstützung. „Unter dem Motto Ehrenfelder für Sülz kommen Teilnehmer des Tags des guten Lebens in Ehrenfeld, um uns zu unterstützen. In Ehrenfeld haben auch Sülzer Bürger geholfen“, sagt Martin Herrndorf von der Agora.

Thomas Schmeckpeter – ebenfalls von Agora und Mitglied im Arbeitskreis Logistik – berichtet von der ersten Krise bei den Vorbereitungen. „Die ISK, die Interessengemeinschaft Sülzer Kaufleute, hat ihren Tag der Offenen Tür ebenfalls am 31. Mai geplant. Wir können und wollen unsere Aktivitäten nicht verschieben, die Geschäftsleute ebenfalls nicht.“ Lautes Stöhnen, entgeisterte Gesichter. „Wir und auch die ISK dachten erst, das geht nicht. Dann haben wir uns zusammengesetzt und beschlossen, dass beides parallel stattfindet“, sagt Schmeckpeter. Wie das funktionieren soll? In den Läden werden die Geschäftsleute verkaufen, auf der Straße die Aktionen des Tags des guten Lebens stattfinden. Die Geschäftsinhaber können sich auch draußen am Programm beteiligen, aber ihre Aktionen dort dürfen nicht kommerziell sein.

Der Spaß kann beginnen

Viele Besucher nicken zustimmend. „Eigentlich finde ich es ganz toll, wie ihr das Gespräch gesucht und mit den Geschäftsleuten eine Lösung gefunden habt“, sagt eine Frau. Der Schreck ist verpufft. Der Spaß kann beginnen.

Nun treten die ersten Nachbarn ans Mikrofon und stellen ihre Ideen vor. „Ich wohne in der Nikolausstraße. Dort werden wir einen riesigen Frühstücktisch für alle Nachbarn decken, und als kleinen Gimmick werden wir alle eine Nikolausmütze tragen“, berichtet eine Besucherin.

Maite aus der Remigiusstraße plant mit Nachbarn und Autoren eine Lesung. Ein Mann mit dem Namensschild Gerd sagt, er sei Musiker, singe Lieder gegen Atomkraft und über den Jakobsweg. Er habe einen Verstärker, den er in den Rucksack stecken könne und werde gern nachbarschaftliche Aktivitäten musikalisch untermalen.

Weiteres planen die Besucher in Gruppen am Saalrand. Es wird diskutiert, geträumt und über absurde Einfälle gelacht. Viele Ideen kommen hinzu – und viele Orte, die Gerd dann mit seiner musikalischen One-Man-Roadshow am letzten Sonntag im Mai besuchen kann.

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