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Unfall in WiddersdorfSiedlung unter Schock – Anwohner fordern bauliche Veränderungen

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Für das Kind kam jede Hilfe zu spät, die Polizei sichert Spuren am Unfallort.

Für das Kind kam jede Hilfe zu spät, die Polizei sichert Spuren am Unfallort.

Köln-Lindenthal – Nach dem tödlichen Unfall in Widdersdorf steht eine ganze Siedlung unter Schock. Um 7.50 Uhr am Montag ist ein sieben Jahre alter Junge auf dem Fahrrad vor den Augen seines Vaters von einem Müllwagen der AWB überrollt worden. Vater und Sohn waren auf dem Weg zur Schule des Kindes.

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Anwohner, die an der Unglücksstelle vorübergehen, haben Tränen in den Augen. Eine Frau lässt sich von einem Arzt eine Beruhigungstablette geben. In diesem verkehrsberuhigten Bereich des Mathesenhofwegs stehen keine 30 Häuser, „aber hier wohnen 50 Kinder“, sagt ein Anwohner. Fast jeder kennt jeden. „Wir leiden mit den Eltern“, sagt eine Frau.

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Nach ersten Erkenntnissen wollte der Müllwagen-Fahrer vom Mathesenhofweg rechts in eine Spielstraße einbiegen. Den Vater des Jungen, der vorausradelte, sah der AWB-Fahrer noch. Er ließ ihn vorbei. Dann fuhr er an. Das Kind, das mit Abstand folgte, geriet unter die Hinterreifen. Es war sofort tot.

Einsatzkräfte mussten den Dienst abbrechen

Selten hat ein Verkehrsunfall in Köln derart große Betroffenheit ausgelöst. Zehn Feuerwehrleute und mindestens sechs Polizisten brechen nach dem Einsatz ihren Dienst ab – eine außergewöhnlich hohe Zahl. Sie fahren auf ihre Wachen und suchen dort das Gespräch mit Seelsorgern und den Experten des sogenannten Teams zur psychosozialen Unterstützung (PSU) der Berufsfeuerwehr. „Unfälle mit Kindern sind immer besonders schlimm“, sagt ein Feuerwehrsprecher, „auch für erfahrene Kollegen“.

Am schlimmsten trifft es die Eltern und die ältere Schwester des toten Jungen. Sie werden von einem Notfallseelsorger und dem PSU-Team betreut, ebenso wie der Müllwagen-Fahrer und seine beiden Kollegen, die mit auf dem Fahrzeug waren. Unterdessen eilen Mitarbeiter des schulpsychologischen Dienstes zur Grundschule des Siebenjährigen. Dort treffen sie auf geschockte Lehrer und Mitschüler. Oberbürgermeisterin Henriette Reker kondoliert den Hinterbliebenen noch am Vormittag.

Der genaue Hergang und die Ursache des Unfalls seien noch nicht geklärt, betont die Polizei. Die Spezialisten des Unfallaufnahmeteams werten nun die Spuren aus. Es bleibt vorerst die Frage: Warum hat der Fahrer das Kind nicht gesehen? Der Mann habe dazu noch nicht befragt werden können, berichtet ein Polizeisprecher.

Laut AWB ist der Fahrer fest für das Revier um den Mathesenhofweg eingeteilt. Geschäftsführer Peter Mooren äußerte sich bestürzt. „Unsere Gedanken gelten der Familie“, sagte er. „Wir unterstützen die Polizei selbstverständlich bei den Ermittlungen, denn auch wir möchten genau wissen, wie es zu diesem Unfall kam.“

Rückfahrkameras und spezielle Seitenspiegel sollen Unfälle verhindern

Nach Auskunft der AWB ist der Unfall in Widdersdorf der erste tödliche unter Beteiligung eines AWB-Fahrzeugs seit etwa zehn Jahren und der erste mit einem Müllwagen seit ungefähr 25 Jahren. Grundsätzlich seien die AWB-Müllfahrzeuge mit Rückfahrkameras und speziellen Seitenspiegeln ausgestattet, die den toten Winkel verkleinern, ihn aber nicht ganz aufheben. Derzeit teste man neue Fahrzeugmodelle, die auch über seitliche Kameras verfügen. Der Unfallwagen aus Widdersdorf gehört jedoch nicht dazu.

Mahnwache am Dienstagabend abgesagt

Ein Anwohner berichtete dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, seit Monaten häuften sich in der Nachbarschaft Klagen über rücksichtsloses und zu schnelles Fahren in der Siedlung. Von der Stadt erwarte man bauliche Veränderungen. Christoph Schmidt vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Köln sprach von einem „unfassbar traurigen“ Unglück. Für Dienstagabend, 19 Uhr, rief der ADFC zu einer Mahnwache am Unfallort auf. Am Nachmittag wurde diese allerdings abgesagt.

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