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Unterwegs in KölnWieso Braunsfeld mehr als ein Durchfahr-Veedel ist

Lesezeit 4 Minuten
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Die Paulistraße in Braunsfeld

  • Urlaub in der eigenen Stadt ist in diesem Jahr besonders gefragt. Wir stellen während der Sommerferien Kölner Veedel vor. Auch solche, in denen man vielleicht noch nie war.
  • Wir verraten, was besonders sehenswert ist und warum es sich lohnt, auch mal neue Ecken der Stadt zu entdecken. Ganz subjektiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
  • Dieses Mal geht es nach Braunsfeld. Die Aachener Straße führt direkt durch das Veedel hindurch. Für den Stadtteil ist sie Fluch und Segen zugleich.

Köln – Braunsfeld ist viel mehr als nur ein Durchfahr-Veedel. Doch wer dort nicht wohnt, rauscht meist nur über die Aachener Straße, nimmt links und rechts wenig wahr. Dabei lohnt es sich an den Straßenrand zu fahren oder aus der KVB-Linie 1 zu steigen und sich umzusehen.

Startpunkt könnte der Köski Royal sein. Mit den vielen Pflanzen, dem gedämmten Licht und der liebevollen Einrichtung ist er wohl einer der schönsten Kioske Kölns. Nach vier Wochen Sommerpause hat das Büdchen an der Kitschburgerstraße am Freitag wieder eröffnet. Es gibt guten Kaffee aus der Siebdruckmaschine und frisches Bananenbrot.

Unweit des Kiosks, im Winkel von Aachener Straße, Kitschburgerstraße und Schinkelstraße, hat einst der Mann den Grundstein für Unternehmen gelegt, dem das Stadtviertel seinen Namen zu verdanken hat. Der Kölner Fuhrunternehmer Ferdinand Braun kaufte 1862 im Westen der Stadt Land, um auf dem lehmigen Grund eine Ziegelei zu errichten. Aus Brauns Feld wurde Braunsfeld.

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Ähnlich einfach hielt man es damals bei der Vergabe der Straßennamen. So hieß die heutige Hermann-Pflaume-Straße, wo früher der Thon gelagert wurde „Thonstraße“ und die Christian-Gau-Straße war als „Ziegelstraße“ bekannt. In Braunsfeld gibt es heute noch viele Gebäude aus dieser Gründerzeit.

Braunsfelder Eiscafé mit lauschigem Hinterhof

Unweit vom Braunsfeld-Ursprung gibt es eine kleine Perle zu entdecken. Das Eiscafé Gelatí ist auf den ersten Blick keine Besonderheit: kleine runde Tische, geschwungene Sitzbänke in Lederoptik und grelle Farben – Sie wissen schon, klassischer Eisdielen-Schick. Aber das Lokal hat einen kleinen Hinterhof, in dem – ohne den Lärm der Aachener Straße – das selbstgemachte Eis genossen werden kann.

Alternativ gibt es nur ein paar Meter weiter einen schönen Hinterhof-Biergarten. Im Gaffel im Marienbild werden täglich ab 12 Uhr Kölsch und gutbürgerliche Gerichte serviert. 

Wie wäre es nach dem Essen mit einem Spaziergang im Stadtwald? Der gehört zwar offiziell nicht zu Braunsfeld, sondern Lindenthal, darf aber, da er genau auf der Grenze beginnt, an dieser Stelle nicht ungenannt bleiben. Sollte Zeit für eine gute Parkbank-Lektüre sein, ist die Klarenbach-Buchhandlung schräg gegenüber des Brauhauses sehr zu empfehlen. Die Händlerinnen haben weit mehr als nur die Klappentexte der Bücher gelesen und können Empfehlungen quer durch alle Genres geben.

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Als Fußweg in Richtung Stadtwald bieten sich die Vincenz-Statz-Straße oder auch die Raschdorffstraße an. Zwar wurden im Zweiten Weltkrieg weite Teile von Braunsfeld zerstört, im Villenviertel, das nach der Anlage des Stadtwaldes zwischen 1895 und 1898 entstanden ist, stehen aber noch alte und imposante Häuser.

Freistehender Glockenturm ragt 25 Meter in die Höhe

Nach dem Spaziergang im Wald, zurück in Braunsfeld, kommt man auf der Braunstraße an der St. Joseph Kirche vorbei. Der Vorgängerbau wurde 1944 ebenfalls im Krieg zerstört, seit 1954 ist die katholische Kirche aber wieder aufgebaut. Besonders macht sie der freistehende 25 Meter hohe Glockenturm aus Beton.

Zurück an der Aachener Straße fällt auf: die zweite Hälfte des Veedels wurde bei diesem Spaziergang bisher gänzlich ignoriert. In dieser bewegen sich fast ausschließlich die Anwohner. Sie treffen sich auf dem Pauliplatz, einem kleinen grünen Fleck im Zentrum von Braunsfeld, der 1914 entstanden ist. Es ist ein besonders hübscher Ort mit Bänken, einer Tischtennisplatte und dem denkmalgeschützten Pan-Brunnen. Die Häuser in den umliegenden Straßen spiegeln baulich und mit ihren großen Gärten das Gartenstadtprinzip wider.

Der Norden ist außerdem von einem Gewerbegebiet geprägt. Im ehemaligen Industriegebiet hat sich seit den späten 1980er Jahren ein modernes Dienstleistungs- und Verwaltungszentrum entwickelt. Neben der S-Bahn, die am Technologiepark hält, gibt es dort auch noch die – Achtung Verwechslungsgefahr –  EsS-Bahn, ein kleines Zug-Bistro in der Josef-Lammerting-Allee, in dem Frühstück, Snacks und Mittagessen angeboten werden.

Tipps

Köski Royal, Kitschburger Str. 247, dienstags bis sonntags von 9-18 Uhr. Eiscafé Gelatí, Aachener Straße 535, dienstags bis sonntags von 10-20.30 Uhr. Gaffel im Marienbild, Aachener Straße 561, montags bis freitags ab 17 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen ab 12 Uhr. Klarenbach Buchhandlung, Aachener Straße 458, montags bis freitags von 9-18.30 Uhr, samstags von 9-14 Uhr.

Zum Schluss noch ein Tipp, der zurück zur Aachener Straße führt: An der Ecke Eschweiler Straße wird ein 160 Meter langer Abschnitt der Trasse der ehemaligen „Klüttenbahn“ der Köln-Frechen-Benzelrather Eisenbahn mit Wohngebäuden überbaut. Wenn der fertig ist, wohnen oben die Mieter und unter ihnen brettern Güterzüge hindurch. Ein einmaliges Projekt, das sicher sehenswert ist.

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