Zweiter Weltkrieg in KölnDer tragische Tod eines Mädchens kurz vor Kriegsende

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Die getötete Rita Vahlenbreder

Die getötete Rita Vahlenbreder

Lindenthal – Wahrscheinlich war es Erleichterung, die Annie Clausen und Rita Vahlenbreder am 7. März 1945 aus ihren Häusern lockte. Fünf Tage vorher hatte noch ein Bombenteppich für Verwüstung in der Stadt gesorgt. Nun hatten die Amerikaner den Dom erreicht. Zwei Monate vor der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht am 8. Mai, stand fest, dass der Krieg beendet war.

So plauderten Annie Clausen und das zwölfjährige Mädchen entspannt auf der Hochwaldstraße. Der Tag, an dem sie sich gemeinsam darüber freuten, dass der Horror vorbei ist, wurde ihr Todestag.

Granate trifft die beiden mitten im Gespräch

Eine Granate traf die beiden mitten im Gespräch. Zwei verwitterte Grabsteine auf dem Friedhof am Krieler Dömchen erinnern an die späten Kriegsopfer in Lindenthal. Der Viertelsbewohner Jürgen Lange stieß bei einem Spaziergang auf die beiden Steine. Er wunderte sich über das Sterbedatum am Kriegsende: „Das kann kaum ein Geschoss der Amerikaner gewesen sein“, vermutete der historisch interessierte Mann.

„Ihre Spitze erreichte am 6. März 1945 fast kampflos das Stadtzentrum, wo sie die verbliebenen Wehrmachtskämpfer töteten oder auf das östliche Rheinufer trieben.“ Die amerikanische Armee sei über die Venloer und die Luxemburger Straße vorgerückt und nicht über die Lindenthaler Verkehrsachsen. 

Konkrete Angaben zum dramatischen Ereignis

Er suchte in der katholischen Kirchengemeinde St. Albertus Magnus nach einer Antwort auf die Frage nach der Todesursache und wurde fündig: In der Kirchenchronik und dem Buch „Von Crele nach Kriel“, das der Pfarrgemeinderat St. Albertus Magnus anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Gemeinde herausgegeben hat, gibt es konkrete Angaben zu dem dramatischen Ereignis, dem die beiden weiblichen Gemeindemitglieder zum Opfer fielen: Deutsche Pioniere hatten kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner die Hohenzollernbrücke gesprengt.

Der Rhein wurde zur Frontlinie, über die hinweg sich deutsche Stellungen Artillerieduelle mit den Amerikanern lieferten. Ein Geschoss traf die beiden Lindenthalerinnen. Es stammte aus den Reihen der eigenen Landsleute. Die Eindringlinge hingegen versuchten sie zu retten: Ein amerikanischer Armeearzt leistete Hilfe und ein amerikanisches Sanitätsauto fuhr sie ins Krankenhaus Hohenlind, wo sie jedoch verstarben. Noch während der Krieg zuende ging, mutierte der Feind bereits zum Freund.

Werner Reuter, Mitverfasser des oben genannten Buchs, erinnert sich: „Amerikanische Soldaten schauten vorsichtig in unsere Straße, ob noch irgendwo Schützen lauerten“, schildert er. „Unsere Eltern erlaubten uns herauszugehen. Ein freundlicher schwarzer Soldat zeigte auf sein Gewehr, auf das Kreuz mit Christus darauf. Er war total kinderlieb“ Die positive Erfahrung mit den Besatzern hat sein Bild der US-amerikanischen Bevölkerung bis heute geprägt. Und auch die tragische Geschichte vom Tod der beiden Frauen im „freundlichen Feuer“ kursierte lange noch im Viertel.

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