Literatur- und Musik aus KölnFünf Ideen für den Wunschzettel zu Weihnachten

Lesezeit 6 Minuten
Beckenbauer FC-Buch

Franz Beckenbauer (r.) auf dem Rasen der Rennbahn

Köln – Wer noch ein Weihnachtsgeschenk sucht oder sich selbst beschenken will, könnte mit unseren fünf Tipps für Literatur und Musik aus Köln fündig werden.

Kölscher Rockabilly – ein überzeugendes Debüt-Album der Rockemarieche

„Ich grill för dich su heiß wie nie,“ singt die Frau in der Imbissbude. „Mieh Hätz dat schleiht em Tack vum Woosch-Zerteil-Jerät.“ So klingen die Annäherungsversuche zwischen „Lady Barbecue“ und ihrem Lieblingsgast, der natürlich nur eine Antwort auf die Frage der Fachverkäuferin kennt: „Darf et jet schärfer sin?“

Es ist eine der wunderbaren kölschen Geschichten, die die Rockemarieche auf ihrer ersten CD erzählen. Nach einigen kölschen Covern von Rockabilly- und Rock-Klassikern sowie einigen tollen eigenen Songs in den vergangenen Jahren war es allerhöchste Zeit für dieses Album.

Seit fünf Jahren sorgen die fünf Frauen für frischen Wind in der kölschen Szene, indem sie in der Ursuppe des Rock’n’Roll herumrühren und Rockabilly mit kölschen Texten versehen. Mit einer Crowdfunding-Aktion wurde Geld gesammelt, um eine professionelle Produktion zu ermöglichen. Geld, das gut investiert ist: „Darf et jet schärfer sin?“ ist wohl das beste kölsche Album des Jahres geworden.

Rockemarieche erzählen von Liebe, Herzschmerz, wilden Nächten und Frauenpower

Mit fröhlichem und tanzbarem Pop, einem Schuss Country und natürlich ganz viel klassischem Rockabilly mit geprügeltem Kontrabass und fein gezupfter Gretsch-Gitarre erzählen die Rockemarieche um Sängerin Peggy Sugarhill von Liebe und Herzschmerz, Tresenbekanntschaften und wilden Nächten, Unterweltgrößen und Frauen-Power („Vielleich bütz ich Dich, doch am Engk entscheide nur ich“).

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Band hat sich beim Texten ein paar „Poetenpartner“ an Bord geholt, wie sie die Mittexter Jörg P Weber, Björn Heuser, Flo Peil von Kasalla, Claudia Vonstein oder Martin Buß  von Mätes un Bätes nennen.  Die Texte des Albums haben eine Qualität, die nur wenige in der kölschen Szene so hinbekommen.

Neben den neuen Songs sind ein paar Lieder zu hören, die mancher schon kennt – so der Karnevalshit „Ich han dat Marieche gebütz“, das Stück  „Wenn ich danz“ oder das herrliche Colonia-Duett-Cover von der „Käjestour noh Prummenau“, das für die Reihe „Kölsche Heimat“ entstand. Live sind die Rockemarieche längst ein Ereignis. Nun ist es gelungen, die Energie auch auf Platte zu bannen. (fra)

„Flüchtlingscafé“ von Nahid Fallahi – ein poetisches Buch über Geflüchtete

Der öffentliche Diskurs über Migration ist von Emotionen getränkt: Erst gab es die Willkommenskultur, dann die Kölner Silvesternacht, den Ruf nach Grenzschließungen, die von Populisten geschürte Angst vor „Überfremdung“. Viele Medien konzentrierten sich fortan auf die laute politische Debatte. Umso wichtiger, dass auch weiter über die Menschen selbst, ihre Hintergründe, Probleme mit der fremden Kultur, ihre vergessene Lebensleistung und die oft gelingende Integration im Viertel geschrieben wird.

Nahid Fallahi, Journalistin, die vor 30 Jahren aus dem Iran nach Deutschland flüchtete, gelingt dies in ihrem Erzählband „Flüchtlingscafé“ (Sujet Verlag) auf poetische, empathische, lustige und melancholische Art. Die Autorin, studierte Journalistin, die unter dem Pseudonym Nahid Keshavarz schreibt, leitet seit zwölf Jahren das Flüchtlingszentrum Fliehkraft in Nippes.

Nahid Fallahi mit an der Wirklichkeit angelehnten Geschichten

Ihre Geschichten sind nah an der Wirklichkeit angelehnt: Sie schreibt über Herrn Morteza, der kaum Deutsch spricht, in einem Aushilfsjob für eine alte Dame einkauft und sich mit ihr radebrechend unterhält – und nach ihrem Tod völlig überraschend ihr Erbe erhält. Berührend ist die Kurzgeschichte über eine kranke, alte Frau, die Angst hat, in der Fremde zu sterben – und darüber sinniert, ihr Leben verpasst zu haben. Die Ich-Erzählerin reflektiert hier auch über eigene Alpträume, das Altern, „verloren gegangene Wünsche, all das Rollenspiel, Heuchelei, Lachen ohne wirkliche Freude“.

Traurig ist eine Liebesgeschichte aus einem Flüchtlingswohnheim, die sich als zerbrechliche Hoffnung erweist. Amüsant die Anekdote über die Freundschaft zweier alter Männer mit unterschiedlichen politischen Ansichten und jene über das nur anfängliche Misstrauen eines Ehepaars gegenüber einer flippigen Betreuerin. Einige Geschichten sind stark autobiografisch geprägt – so jene, in der Fallahi zwei Frauen, eine junge und eine ältere, auf dem Weg zu einer deutschen Behörde skizziert.

Es bleibt kein Zweifel, dass Nahid Fallahi weiß, wovon sie schreibt, wenn sie von Flucht und Ankommen in der Fremde erzählt.  Sie gibt Menschen, die sich in Deutschland oft auch dann noch sprachlos fühlen, wenn sie die Sprache gelernt haben, eine Stimme. 

„Wald in Köln“ von Franz Josef E. Becker: Wunderbare Ausflüge

Vielleicht ist es im Moment ein bisschen zu kalt und feucht für ausgedehnte Spaziergänge. Andererseits entfaltet gerade der Wald in dieser Jahreszeit eine besondere Atmosphäre. „Entlaubte Bäume sieht man besser“, schreibt  der Vize-Chef des städtischen Grünflächenamts, Joachim Bauer, im Vorwort zu einem wunderbaren neuen Wanderbuch durch Kölns Wälder, die zu jeder Jahreszeit ein Ausflugsziel sind. 

Wanderspezialist  Franz Josef Becker führt die Leser auf 15 Touren durch Königsforst, Chorbusch, Wahner Heide oder Nüssenberger Busch. Der Geograf und Wanderführer im Kölner Eifelverein lädt ein zu kleinen Fluchten ohne die Vielfalt und Gegensätze der Stadt auszublenden. Die Wanderungen sind sechs bis acht Kilometer lang – keine Gewaltmärsche also, sondern eher interessante Spaziergänge durch die Stadtnatur. Dazu gibt Becker Tipps zum Einkehren. (fra)

Mythos Radrennbahn – Erinnerung an Zeiten, in denen der 1. FC Köln fast unbesiegbar war

Es ist ein Bildband, der aussieht, als käme er aus der Zeit, in der er spielt – und der den Fans des 1. FC Köln  kurzfristige Linderung verschaffen könnte: Die Hoffnung auf eine glorreiche Zukunft ist so klein geworden, dass sich ein Schwelgen im Vergangenen fast aufdrängt. „Mythos Radrennbahn“ heißt das Buch, mit dem Frank Steffan der Zeit des 1. FC Köln an der Radrennbahn ein Denkmal setzt.

Was nur als Heimspielstätte für zwei Jahre gedacht war, wurde ab Sommer 1971 für viereinhalb Jahre ein Hexenkessel, den nur wenige Gegner einnehmen konnten: Von 106 Pflichtspielen  an der Rennbahn gewann der FC 79. Steffan beschreibt jedes Spiel, darunter Siege gegen den FC Bayern und im Uefa-Cup. Spieler, Fans, Betreuer und Stadionsprecher erinnern sich.  (uk)

„Carmen 5.0“ – Debüt-CD mit Chansons von Annette Meisl

Sie will groß sein, will siegen, nie lügen, für sie soll es rote Rosen regnen: Wenn man Annette Meisls CD „Carmen 5.0“ hört, drängt sich ein Vergleich mit Hildegard Knef auf. Meisls Stimme ist heller und – obwohl ihr eine Zigarrenmanufaktur gehört – nicht gar so gezeichnet von Rauch und Alkohol, die Texte aber sind ähnlich melancholisch und tiefgründig. Wie die Knef erzählt Meisl Geschichten von  der Sehnsucht. Vor sieben Jahren landete die Ehrenfelderin mit ihrem Buch „Das Sexperiment – mein Leben mit fünf Männern“ einen Überraschungserfolg – ihre traurigen und lustigen, grotesken und sehr normalen Erfahrungen mit Männern nimmt sie in ihre Texte auf. Die meisten Chansons, die Jazz-, Tango-, Pop- und Bossa-Nova-Elemente aufnehmen,  singt sie auf Deutsch, zwischendurch wechselt die Weltenbummlerin, die lange in Spanien gelebt hat, ins Spanische und Französische.

 Dass die emotionale Reise durch ihr Leben, die sie jüngst in Köln und Kolumbien als Musik-Kabarett auf die Bühne gebracht hat, musikalisch gelingt, liegt auch an Produzent Geo Schaller, der zahlreiche Instrumente eingespielt hat, sowie Gitarrist Rudi Rumstajn und Kontrabassist Constantin Herzog. Erhältlich ist die CD in Meisls Zigarrensalon La Galana, Venloer Straße 213, im Onlineshop ihrer Manufaktur und bald auch im großen Versandhandel. (uk)

KStA abonnieren