Love Scam im InternetKölnerin fällt auf Betrüger rein und wird selbst zur Täterin

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Köln – Rote Rosen, Pralinen und charmantes Umgarnen bei Kerzenlicht war gestern. Heiratsschwindel  2.0 geht anders. Ein kurzer Chat, eine nette E-Mail von einem Unbekannten – die moderne Masche der Abzock-Casanovas fängt ganz harmlos im Internet an. Mit gefälschten Profilen sind die Frauenversteher auf Singlebörsen aktiv, gaukeln ihren Opfern Verständnis, Anerkennung und Liebe vor – und bitten dann schließlich zur Kasse. Gabi S. (53, alle Namen geändert) ist auf so einen Mann reingefallen und wurde selbst zur Abzockerin. Die gestandene Hotelfachfrau überwies dem Unbekannten innerhalb weniger Monate fast 90.000 Euro. Sie  zahlte mehr als die Hälfte der geforderten Summe  aus eigener Tasche, für den Rest griff sie bei ihrem Chef in die Kasse. Wegen Untreue saß S. am Dienstag auf der Anklagebank des Amtsgerichts.

Die langen Haare straff zum Zopf gebunden, vergrämte Gesichtszüge, tiefe Augenringe und ganz in schwarz gekleidet saß S. neben ihrer Verteidigerin. Ihre Stimme versagt, als der Richter verständnislos nachfragt: „Warum haben Sie das gemacht?“ „Da steckt eine ganz harte Story hinter, meine Mandantin ist ja selbst Opfer eines Betrügers geworden“, springt ihr die Verteidigerin zu Seite.

Nette Nachrichten auf Facebook

„Alles begann über Facebook“, sagt S. mit tränenerstickter Stimme und erinnert „nette Gespräche“ in Schriftform mit dem angeblichen US-Soldaten, der sich wie aus dem Nichts an sie wandte, und angeblich „in  einem Krisengebiet im Jemen stationiert war“. Über Monate gingen die Mails hin und her. Der Betrüger fand stets die richtigen Worte und schlich sich so  immer mehr in das Leben der Frau. Während sie in einem Kölner Hotel für ihren Chef den Laden schmiss, für alle Konten Prokura hatte und eigentlich mit beiden Beinen im Leben stand, lullte der Abzocker sie immer mehr ein.

Gabi S. betont, wie vorsichtig sie doch immer gewesen sei, „aber er hat immer so nett geschrieben“. Irgendwann kam der Zeitpunkt, da signalisierte er seinen Besuch. Um aus dem Krisengebiet ausgeflogen zu werden, seien hohe Beträge erforderlich, die sie ihm vorstrecken solle. Gabi S. überwies fleißig, über Monate hinweg regelmäßig zwischen 5000 und 7000 Euro. Als ihr Sparbuch leergeräumt war, griff sie in die Kasse des Hotels – niemand merkte etwas. Anzeige erstattete nicht etwa ihr Chef sondern die Bank. Das Geldinstitut dachte bei den hohen Summen, die regelmäßig ins Ausland flossen, an Geldwäsche.

Chef ist an Strafverfolgung nicht interessiert

Als die Ermittlungen ins Rollen kamen, war die Scham groß: „Ich wollte und konnte es erst nicht glauben, dass ich auf einen Betrüger reingefallen bin“, sagt Gabi S., die ihrem Chef inzwischen die unterschlagenen 40.000 Euro zurückgezahlt hat. Der Vorgesetzte hatte vor Gericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er an einer Strafverfolgung nicht interessiert sei und Gabi S. auch heute noch bei ihm arbeitet, nur die Kontenvollmacht musste sie abgeben. Nach Überzeugung des Gerichts sei die Angeklagte durch die Tat „gestraft genug“, das Verfahren wurde ohne Auflagen eingestellt. Obwohl die Staatsanwältin sich den Hinweis nicht verkneifen konnte: „Dummheit schützt vor Strafe nicht.“

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