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Mangel an öffentlichen ToilettenTypisch Köln? 18 Monate Bauzeit für ein WC

Lesezeit 4 Minuten
Das öffentliche Urinal am Zülpicher Platz wird gut angenommen.

Das öffentliche Urinal am Zülpicher Platz wird gut angenommen.

Köln – Wer in Köln bauen will, braucht einen langen Atem. Dass aber selbst die Errichtung eines Toilettenhäuschens einem Behörden-Marathon gleicht, findet Karl-Heinz Pasch, Seniorenvertreter für die Innenstadt, dann doch absurd.

Bis zu zwei Jahre dauert es, bis eine öffentliche Toilette geplant, genehmigt und gebaut ist. Die Folge: Es gibt immer noch viel zu wenige stille Örtchen an zentralen Plätzen und Grünflächen der Stadt.

Wildpinkler in der Innenstadt

Regelmäßig wird Pasch deshalb von Bürgern angesprochen, die die Situation beklagen, „Vor allem ältere Menschen trauen sich nicht, in die Innenstadt zu fahren oder am Rheinufer spazieren zu gehen, weil sie bei Bedarf keine Toilette finden“, sagt Pasch.

Vom Problem der Wildpinkler ganz zu schweigen. „Wir können uns nicht ständig über die Verschmutzung und Wildpinkler in unserer Stadt beschweren, wenn wir nicht vernünftige Angebote machen“, kritisiert der Seniorenvertreter.

AWB kommt mit Toiletten-Netz nicht voran

Das Problem ist nicht neu: Bereits 2014 beauftragte die Stadtverwaltung die Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) damit, ein flächendeckendes Toiletten-Netz auszubauen. Insgesamt 150 mögliche Standorte schlug die AWB vor.

Doch seither konnten lediglich acht neue, sogenannte City-Toiletten realisiert werden, außerdem zehn mobile WCs, die in der Sommersaison in Grünanlangen aufgestellt werden. Denn bei der Umsetzung läuft die AWB immer wieder gegen Wände, wie das städtische Unternehmen in einem Bericht aus dem Jahr 2017 beklagt.

Auch Denkmalschutz zu berücksichtigen

Der Abstimmungsprozess für die Auswahl der Standorte erfordere einen hohen Koordinierungsaufwand. Zahlreiche Ämter müssten beteiligt, Wünsche aus der Politik berücksichtigt werden.

Vor allem Vorgaben der Stadtgestaltung und des Denkmalschutzes zögen den Prozess in die Länge (siehe „Von der Idee zur Baugenehmigung“). Eineinhalb Jahre Realisierungszeit seien normal, in Einzelfällen dauere es zwei Jahre.

Seniorenvertreter steht Wucht der Bürokratie gegenüber

„Das ist mal wieder typisch Köln“, sagt Seniorenvertreter Karl-Heinz Pasch. Ein eigentlich lösbares Problem sei unnötig verkompliziert worden.

Tatsächlich sind Politik und Verwaltung das Thema geradezu generalstabsmäßig und mit der ganzen Wucht der Bürokratie angegangen: So wurde im Jahr 2013 zunächst ein umfangreiches „Strategiepapier für ein ganzheitliches Toilettenkonzept“ erarbeitet.

Alsdann wurde eine externe Unternehmensberatung hinzugezogen, die eine sogenannte „Bewertungsmatrix“ entwickelte, nach welchen Kriterien die Standorte auszuwählen seien. Es folgte eine zweijährige Pilotphase, in der man das neue Modell der Citytoilette testete. „Da wurde eine Riesen-Welle gemacht und dann ist kaum was passiert“, schimpft Pasch. Ganz so negativ wollen es Stadt und AWB nicht sehen.

50 WCs sorgen für Entlastung

Immerhin würden die WCs jährlich von Hunderttausenden aufgesucht, die Wildpinkelei etwa am Brüsseler Platz sei dadurch erfolgreich bekämpft worden. Mehr als 50 Toiletten in öffentlichen Gebäuden und das Programm „Happy Toilet“, mit dem Gastronomen ihre Toiletten zur öffentlichen Nutzung zur Verfügung stellen können, sorgten für Entlastung.

Als große Hürde benennt allerdings auch die Stadt, dass einige der Container von Obdachlosen als Schlafplatz oder von Drogensüchtigen als „Fixerstube“ missbraucht werden. So musste am Zülpicher und am Brüsseler Platz sowie an der Urbanstraße in Deutz ein Streifendienst eingesetzt werden, der die Zweckentfremdung verhindern soll.

Gesperrt wegen Drogenkonsum

Die Toilette an der Krebsgasse, die wegen ihrer Nähe zum Drogen-Hotspot Neumarkt besonders oft von Süchtigen heimgesucht wurde, ist bis heute gesperrt. Andere Standorte, an denen eine Toilettenanlage dringend nötig wäre, können wegen der Drogenproblematik bis heute nicht umgesetzt werden – so etwa am Wiener und am Appellhofplatz oder im Mülheimer Stadtgarten. Abhilfe, so das Fazit des Berichts, könne nur ein stadtweites Drogenhilfeangebot schaffen.

Von der Idee zur Baugenehmigung

Von der Planung bis zur Realisierung einer Toilette ist es ein langer Weg. Zunächst muss die Standortfrage geklärt werden: Die Stadt prüft mit Rhein-Energie und Stadtentwässerungsbetrieben die technischen Voraussetzungen, ob also beispielsweise die nötigen Leitungen vorhanden sind.

Es folgt die Ämterprüfung. Beteiligt sind: Gesundheitsamt, Stadtplanungsamt, Bauverwaltungsamt, Amt für Straßen und Verkehrstechnik, Amt für Landschaftspflege und Grünflächen, Amt für Brücken, Tunnel und Stadtbahnbau, möglicherweise Stadtkonservator und Amt für Denkmalschutz. Anschließend muss die jeweilige Bezirksvertretung und der zuständige Ratsausschuss den Bau beschließen.

Die Baugenehmigung und Vorbereitung erfolgt dann in einem zweiten Verfahren: Erstellung des Bauantrags und Prüfung durch die Ämter (siehe Schritt 1).; Genehmigung für die Nutzung öffentlichen Straßenlandes; mitunter. Kampfmittelbeseitigung; Weitergabe der Baugenehmigung an den WC-Hersteller und den Tiefbauer; Information von Feuerwehr und Polizei; Einleitungsgenehmigung Abwasser; mitunter Genehmigung für Aufstellung im Deichschutzgebiet; Antrag Strom und Wasser.

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