Meiers Kättche und die weinende MoniDie Bläck Fööss und ihre Frauen

Lesezeit 7 Minuten
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Erry Stoklosa als „Schmitze Billa“ mit „Verehrer“ Hartmut Priess

  • 50 Jahre Bläck Fööss – mit einer Serie feiert der „Kölner Stadt-Anzeiger“ den Geburtstag der „Mutter aller kölschen Bands“.
  • Wir liefern Geschichten, Hintergründe und Auswirkungen einer einmaligen Erfolgsgeschichte.
  • In diesem Teil geht es um die Frauen, die die Fööss in ihren Liedern immer wieder besungen haben.

Köln – Zur Geschichte der Band gehört auch das Kapitel: die Frauen der Bläck Fööss. Ach so – ja, das wäre sicherlich auch spannend. Aber das ist nicht gemeint. Es geht um die Frauen, die in den Liedern eine Rolle spielen.

Mit der „Mamm, die de Pan“ im Rievkooche-Walzer schnappen sollte, ging es 1970 los. Es folgten Seite-A-Frauen wie Meiers Kättche, Katrin, Linda Lou, et Lisbeth in singem Büdchen in Bickendorf und etliche andere. Die Geschichten basieren mal auf wahren Begebenheiten, mal ging die Fantasie mit den Fööss durch, mal ist es eine Mischung aus beidem. Am häufigsten taucht in den Liedern ein Vorname mit M. auf. Mariechen ist es nicht.

Licht aus, Spot an und Rückblende in die 90er. Er hätte Howard Carpendale, Bernd Clüver und Roland Kaiser das Fürchten lehren können, der Günni Lücki-Bömmi. Der mittelblonde Barde aus Köln brachte alles mit, was ein aufgehender Stern für einen Platz am Schlagerhimmel brauchte: Rotes Samtjäckchen, dunkle Sonnenbrille, richtige Körperhaltung. Ganz wichtig: eleganter Hüftschwung, verträumt zur Seite geneigter Kopf, abgespreizter kleiner Finger an der MHH (Mikrofon-Haltehand) und ein zu Herzen gehender Titel mit „Moni hat geweint“.

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Gut für Howie, Bernd und Roland, dass es bei diesem „One-Hit-Wonder“ geblieben ist und Günter Antonius „Bömmel“ Lückerath seine Karriere bei den Bläck Fööss fortgesetzt hat. „Wir hatten den Satz ,Moni hat geweint“ irgendwo aufgeschnappt, und plötzlich war der mit im Proberaum. Wenn sich jemand über irgendwas aufregte oder mit einer vermeintlichen Sensation um die Ecke kam, hieß es spöttisch: »Ja, ja und Moni hat geweint«, erinnert sich Bömmel. Aus Jux und Dollerei entstand daraus ein Lied, das Günni-Bömmel noch immer mit viel Herzschmerz, Empathie und mit dem „Ausdruck höchster Ergriffenheit“ interpretiert.

Neben der Moni, die geweint hat, wurde der Vorname noch für die Titel „MS Monika“ und „D’r Büb us Monis Bierbar“ gebraucht. Schöner Name. Fand auch Erry Stoklosa, der im wahren Leben gleich zweimal Frauen mit diesem Vornamen an seiner Seite hatte.

Dat Leed vom Meiers Kättche

Zu einem Evergreen entwickelte sich „Ming eetste Fründin“ (dat wor et Meiers Kättche) aus der Anfangszeit der Band. „Das Lied war eines von vielen genialen Werken von Hans Knipp“, erzählt Bömmel. „Dat Leed vom Meiers Kättche haben wir Ton für Ton, Wort für Wort so übernommen wie der Hans uns das vorgestellt hat. Da haben wir kein Komma und keinen Punkt versetzt. Es wirkt auf den ersten Blick sehr einfach und schlicht, hat aber unheimlich viel Tiefgang.“ Man könnte auch sagen, es ist zeitlos schön.

Selbst nach über 40 Jahren, seit et Kättche zum ersten Mal mit dem Rädchen und später mit dem Mattes em Auto unterwegs war, rührt die Geschichte von der ersten, aber unglücklichen Liebe die Leute zu Tränen. Vor allem die Männer. „Wir spielen das Lied zum Beispiel bei Herrensitzungen, und dann fangen die Männern tatsächlich an ze kriesche.“

Mit „Katrin“ schafften es die Fööss 1985 in die ZDF-Hitparade, präsentiert von Dieter Thomas Heck. Dort waren sie in den 1980er Jahren ebenfalls mit „Frankreich, Frankreich“ und „Bye, Bye, my Love“ vertreten. Zum Liebeslied „Katrin“ gibt es eine wahre Geschichte. Als Erry Stoklosa 1985 Vater wurde, nannte er seine Tochter in Anlehnung an das damals neue Lied „Katrin“.

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Einen wahren Hintergrund hat auch der weniger bekannte Titel „Schwester Inge“, in dem die Rede ist von einem Mann, der „hilflos em Streckbett“ liegt und sich fragt, „wo sin ming Fründe, wä hät en Idee, do muss jet passeet sin, söns wören die he“. Leider wahr. Der Mann war Bömmel Lückerath, der nach einem Autounfall mit schweren Verletzungen im Krankenhaus lag. Bei allem Unglück kam noch ein recht humorvolles Lied heraus, das es Jahre später auch ins Fööss-Programm im Millowitsch-Theater schaffte. Der längst genesene Bömmel ließ sich dafür noch mal in unzählige Verbände wickeln und als eine Art Mumie auf Urlaub auf die Bühne schieben.

Bei ihren diversen Auftritten im Millowitsch legten sich die Fööss häufig auch optisch mächtig ins Zeug. So wie bei der wunderbaren Präsentation von „Kaffeeklatsch bei Tante Linchen“. Zur Gaudi des Publikums verwandelten sich Tommy Engel, Peter Schütten, Erry Stoklosa und Willy Schnitzler in die Tanten, indem sie sich Perücken – Modell „zerroppt“ – aufsetzten, Tücher oder Sofadecken überwarfen und während des Vortrags ununterbrochen mit ihrem Strickzeug hantierten. „Wir haben uns damals mit solchen Gesangssätzen viel Mühe gegeben. Wochemaat en Kölle gehört auch dazu“, so Bömmel.

Bei dem Lied tritt Willy Schnitzler als Marktweib mit Kittel und Kopftuch auf und preist mit glockenhellem Stimmchen Waren an, die man selbst bei mehrmaligem Hinhören nicht zuordnen kann.

Einen Ausflug in die Stadtgeschichte stellen die Lieder dar, die sich um historische Frauen drehen. Mal humorvoll als Parodie wie in „Lohengrin op Kölsch“ und dem Schicksal der Elsa von Brabant, mal ergreifend wie die Lieder über die von den Toten auferstandene Richmodis von Aducht und über Katharina Henot. Der Titel erinnert an die Kölner Postmeisterin und Patrizierin, die 1627 als angebliche Hexe ermordet und anschließend verbrannt wurde. Erst vor wenigen Jahren erfuhr Henot Gerechtigkeit. Der Stadtrat beschloss 2012 die Rehabilitierung der Geschäftsfrau und 37 weiterer Frauen, die Opfer der Kölner Hexenprozesse geworden waren.

Das mutige Evchen Voglesang

Der Titel „Evchen Vogelsang“ rückt eine mutige Fabrikarbeiterin ins Licht, die ihre Arbeit in einer Textilfabrik am Rheinufer etwa auf Höhe des Bayenturms niederlegte. Evchen Vogelsang stellte sich ihrem Arbeitgeber offen entgegen und kündigte an, notfalls vor Gericht zu ziehen. Sie und alle anderen würden erst wiederkommen, wenn sich die Bezahlung ändere.

Wie schon bei den Konzerten im Theater angesprochen, traten die Sänger immer mal wieder in Frauenrollen auf. Genauer gesagt als Damen in feinen Roben und mit ausladenden Hüten. Erry zum Beispiel ist eine Augenweide als spätes Mädchen in dem Ostermann-Klassiker „Et Stina muss eine Mann han“, einer Fernseh-Produktion für den WDR. Nicht minder apart tritt er als „Schmitze Billa“ oder als Mutter mit frisch ondulierter Dauerwelle in der TV-Revue „Vater ist der Beste“ auf.

Eine sehr gute Figur machte auch Bassist Priess als Hartmute. „Vor allem bei den Ostermann-Produktionen zeigte der Hartmut ein zuvor kaum erahntes komödiantisches Talent“, lobt Bömmel. Seine weibliche Seite stellt Priess auch auf dem Cover des Albums „…endlich frei!“ unter Beweis. Die Fööss präsentieren als Schaufensterpuppen Sportmoden. Während die Kollegen als Tennis- oder Fußballspieler, als Wassersportler oder Bergsteiger posieren, thront Hartmut mit blonder Langhaarperücke, schwarzem Gymnastikanzug und pinkfarbenem Body in der Mitte des Schaufensters.

„Die meisten Frauennamen in den Liedern haben wir uns ausgedacht. Ein Name wie Rita Schnell bot sich an, weil er sich auf Fotomodell reimte. Und der Dreiklang »Leev Linda Lou« klang so nett“, erzählt Bömmel Lückerath. Manchmal wurde ein Name ausgetauscht. So wie in „Hämmche“. Da lautet eine Strophe in der Originalversion 1991: „Jet späder han ich rusjefunge, dat et och noch jet anderes jov, op dat ich unwahrscheinlich stund, dat wor, als ich mi Rosi trof. De Beinche stramm un nit zo dönn, de Bäckche zart, rusisch un fing, schon leef mer et Wasser üvver et Kenn, denn ich daach an Hämmche.“ Im Laufe der Jahre musste die Rosie weichen. Mittlerweile singt Bömmel an der Stelle „mi Doro trof“, nach seiner Ehefrau Dorothee.

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Im Erfinden griffiger Namen bewiesen die Fööss viel Einfallsreichtum. Das zeigt sich beispielsweise im Lied „Damenwahl im Stammlokal“. Die „Fraulück, die die Käls en Schwung brenge“ sind: et decke Rita us d’r Spillmannsjaß, et Becker’s Zilly, et wilde Mathilde vum Bottermaat, et Böllmann’s Änn un et Engel’s Tring vum Karolingerring. Nach der Rievkooche-Mamm als erste besungene Frau zum Start der Fööss 1970 taucht im aktuellen Album „Su schön wie augenblicklich“ (2018) „Mutter Colonia“ auf. Mal sehen, welche Frau es musikalisch auf das für Ende des Jahres angekündigte Jubiläumsalbum schafft. Lange nix mehr von Moni gehört. Aber an der soll Heino ja dran sein.

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