Mein VeedelDer Mann der 1000 Krimis

Lesezeit 5 Minuten
Der Verleger, Filmproduzent und Ur-Rodenkirchener Hejo Emons vor der Kulisse seines Veedels samt Kapellchen.

Der Verleger, Filmproduzent und Ur-Rodenkirchener Hejo Emons vor der Kulisse seines Veedels samt Kapellchen.

Rodenkirchen – Es braucht ein wenig Überredungskunst, um den Krimi-Verleger Hejo Emons zu einem Veedelsspaziergang zu bewegen. „Ich bin doch kein Promi, die Menschen in Rodenkirchen wollen keine Autogramme von mir, höchstens von den Autoren, deren Bücher ich verlege“, sagt er. Doch irgendwann lenkt Hejo Emons ein.

Das Haus im Auenviertel liegt an einen beschaulichen Plätzchen, im Vorgarten blickt dem Besucher ein Clownskopf entgegen. Die Haustür steht offen, bei Dunkelheit wäre es fast unheimlich – wie in einem Krimi eben. „Kommen Sie herein“, sagt er, „mein Veedel ist mein Haus. Hier wohne ich seit 1958, zunächst mit meinen Eltern, jetzt mit meiner Frau.“

Das Gespräch findet im Wohnzimmer statt, mit Blick zum Rhein und einem perfekt zubereiteten Cappuccino: „Ich finde die Nähe zum Rhein faszinierend, er verbindet einen mit der Welt. Ich sehe aus den Fenstern auf das Wasser, und ab und an schwappt es auch zu mir. Zweimal schon stand unser Wohnzimmer rund einen Meter tief unter Wasser“, erzählt Emons. Dann wird er nachdenklich und fügt hinzu: „Das ist auch ein Alptraum, und ich träume manchmal von der Machtlosigkeit, die man empfindet, wenn die Rheinfluten ins Haus drängen. Letztlich hilft nur Galgenhumor, wenn wir im Boot zwischen Küche und Wohnzimmer paddeln.“

Hejo Emons ist Verleger mit Leib und Seele, er arbeitet gern und viel. Sein Baby, der Emons-Verlag, den er 1984 gegründet hat, liegt in der Innenstadt. In Rodenkirchen tankt er auf. „Ich jogge regelmäßig durch den Weißer Rheinbogen. Am liebsten, wenn er menschenleer ist. Das sind 60 Minuten Erholung pur, der Auenwald ist einzigartig.“ Dabei komme er auch an einem Grabstein aus dem Jahr 1758 vorbei, an dem immer ein frischer Blumenstrauß steht. Nicht weit vom Minigolfplatz entfernt stehen wir nach einem kurzen Spaziergang vor dem Grabstein mit der Inschrift:

Ein Verbrechen, das sich vor 250 Jahren ereignete – und immer noch frische Blumen. Guter Stoff für einen Krimi – und den Krimi gibt es auch schon. „Falkenlust“ ist vor sieben Jahren bei Emons erschienen. „Wer aber der Blumenspender ist, das wäre vielleicht Stoff für Band zwei“, sagt der Verleger und lächelt verschmitzt.

Er selbst hat noch keinen Krimi geschrieben, das sei ihm zu viel Arbeit bei all der anderen Arbeit. Dafür hat er aber mehr als 1000 Kriminalromane verlegt. „Ein Krimi ist immer dann gut, wenn man nach Seite 35 nicht mehr aufhören kann zu lesen. Und sehr gut ist er, wenn man sich morgens bereits auf den Abend freut, um weiter zu lesen. Meine Lektoren hatten bislang einen guten Riecher, wir versuchen auf Bundesliganiveau in der Regionalliga zu spielen. Leichen und Kapitalverbrechen gibt es nicht nur in Köln, auch in ländlichen Gegenden geht es um Leben und Tod.“

Mit „Tödlicher Klüngel“ startete Hejo Emons 1984 seine Köln-Krimi-Reihe. Nach und nach kamen andere Regionalkrimis, Krimis für Pänz und seit diesem Jahr Landkrimis hinzu. Die größten Erfolge hatte der Verleger mit Frank Schätzings „Tod und Teufel“ – das Buch erzielte eine traumhafte Auflage von 750 000 Exemplaren.

Im Kapellchen geheiratet

Auf dem Rückweg aus dem Rheinbogen wählt der Ur-Rodenkirchener natürlich die Rheinuferstraße, die Schokoladenseite seines Veedels: Die alten Villen direkt am Fluss, das Ensemble der Bauhausarchitektur und natürlich das Kapellchen. „Hier habe ich geheiratet. Das Kapellchen ist eine wunderbare romanische Kirche in einer tollen Lage. Damals war Rodenkirchen noch ein ruhiges und beschauliches Dorf.“ Jeder habe jeden gekannt. Im Laufe der Jahre habe sich das alles „kolossal verändert: Die Grundstückspreise sind gestiegen, das Publikum wird immer schicker, und der Ort ist hektisch und überfüllt. Trotzdem mag ich es noch immer, samstags einkaufen zu gehen, auf dem Markt oder auch zu Feinkost Walterscheidt.“

Der Mann, der seit drei Jahrzehnten Bücher über Leichen, Mörder, Betrüger und viel Blut unters Volk bringt, ist abends Koch. „Ich koche täglich für meine Frau und mich, früher auch für die beiden Töchter.“ Das Gemüse kauft er bei Walterscheidt, wie schon als Kind, als ihn die Mutter schickte. „Es ist schön, wenn man die Leute hinter der Theke kennt und mit Namen angesprochen wird. Das ist ein Stück Heimat. Ich bin gerne treuer Kunde und finde es wichtig, den lokalen Einzelhandel zu unterstützen.“

Rodenkirchen bleibt sein Veedel

Mit den Einkäufen in der Tasche schaut der Verleger gern auch in die Schaufenster der Buchhandlung Köhl. „Die Buchhandlungen sind Teil unserer Kultur und dürfen nicht sterben. Hier bei Köhl gibt es eine Beratung, die es im Internet nicht gibt. Bei so einem exzellenten Service vor Ort sollte sich jeder Rodenkirchener schämen, der im Internet bestellt.“ Emons mag das Haptische am Buch. „E-Books bedrohen eine ganze Kultur. Als Reiselektüre sind sie durchaus praktisch. Aber abends im Bett sollte es schon ein richtiges Buch sein. Für gedruckte Bücher brauche ich keinen Strom – und ich kann mich gestapelt sogar draufsetzen“ sagt der Mann der 1000 Krimis.

Außer Krimis verlegt der Emons-Verlag auch Bildbände, die Reihe „111 Orte die man gesehen haben muss“ und die Schriftenreihe für das Kölner NS-Dokumentationszentrum. In Rom ist er Inhaber des führenden italienischen Hörbuch-Verlags und in Köln ist er an einer Filmproduktionsfirma beteiligt. Er ist viel unterwegs, aber Rodenkirchen bleibt sein Veedel, seine Heimat. „Ich bin hier tief verwurzelt, ich bleibe, bin hier gern ganz nah am Rhein.“

KStA abonnieren