Mit der „Microsoft-Masche“Wie Telefonbetrüger Kölner um fast 250.000 Euro bringen

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt (1)

Die Täter rufen vorwiegend aus Asien an.

Köln – Silvia Becker und ihr Mann haben sich schon daran gewöhnt. Seit zwei oder drei Jahren kommen die Anrufe regelmäßig, meistens vormittags: Die Kölnerin nimmt ab, und entweder meldet sich überhaupt niemand – oder der Anrufer gibt sich als Mitarbeiter der Firma Microsoft aus und startet umgehend eine Konversation auf Englisch. „Das verstehe ich aber nicht, ich lege dann immer gleich auf“, erzählt Becker.

Neuerdings sprechen die Anrufer manchmal auch gebrochenes Deutsch. „Sie fragen, ob man einen Computer hat und erzählen was von Online-Banking, aber ich höre da gar nicht mehr hin.“ Zuletzt hätten sich die Anrufe wieder gehäuft. Warum ausgerechnet bei ihnen und woher die Anrufer ihre Nummer haben, ist den Beckers schleierhaft.

Schaden in Köln liegt in diesem Jahr schon bei 230.000 Euro

Das weiß auch die Polizei nicht sicher. Was aber feststeht, ist, dass das Ehepaar es mit Betrügern zu tun hat. Die so genannte „Microsoft-Support-Masche“ beschäftigt die Polizei bundesweit zwar schon seit Jahren, neuerdings aber wieder zunehmend. Auch in Köln sind die Fallzahlen gestiegen: Mehr als 120 Strafanzeigen hat die Polizei im Vorjahr registriert, in 80 Fällen waren die Täter erfolgreich, Schadenssumme insgesamt: mehr als 130.000 Euro. In den ersten siebeineinhalb Monaten dieses Jahres sind es bereits mehr als 200 Taten, davon knapp 100 erfolgreich, der Schaden beträgt bislang ungefähr 230.000 Euro.

Anders als beim Enkeltrick oder den falschen Polizisten fallen auf die Microsoft-Masche durchaus auch Jüngere herein. Wie gehen die Betrüger vor?

Das könnte Sie auch interessieren:

Ihr Ziel ist es, Zugriff auf die Computer oder Tablets der Angerufenen zu bekommen und mittels Online-Banking Geld von den Konten der Opfer ins Ausland zu überweisen. Und das schaffen die Täter verblüffend häufig – unter tatkräftiger Mithilfe ihrer wohlmeinenden Opfer. Die Anrufer stellen sich als Mitarbeiter des Microsoft-Kundendiensts vor und behaupten, dass der Computer von einem Virus befallen ist. Manchmal geben sie auch vor, beim Umstieg auf eine neuere Windows-Version behilflich sein zu wollen.

Sie überreden ihre Opfer, bestimmte Schritte an ihrem PC auszuführen und bieten an, sich per Fernwartung direkt auf den Computer zuzuschalten. Dies geschieht zum Beispiel über eine Software, die die Opfer unter Anleitung der Betrüger herunterladen sollen. Sperren sich die Opfer dagegen, setzen die Täter sie unter Druck. Behaupten etwa, der PC sei andernfalls innerhalb kürzester Zeit nicht mehr zu gebrauchen.

Täter versuchen, an Online-Banking-Daten zu gelangen

Einmal auf dem PC, fordern die vermeintlichen Kundendienstler die Leute auf, die Seite ihrer Online-Bank aufzurufen und sich dort einzuloggen – denn das Virus stehe angeblich mit dem Online-Banking in Zusammenhang. Kommen die Opfer dem tatsächlich nach, können die Täter beispielsweise den PC-Bildschirm plötzlich schwarz schalten und im Hintergrund in aller Ruhe Geld transferieren. Werden die Opfer via Handy von ihrer Bank aufgefordert, eine PIN für die Überweisung einzugeben, so gaukeln die Täter ihnen vor, dies sei nur ein Test, sie müssten sich keine Sorgen machen.

Microsoft stellt klar, dass das Unternehmen „unter keinen Umständen“ unaufgefordert anrufe und anbiete, ein schadhaftes Gerät zu reparieren oder Fremdsoftware zur Schadensbehebung zu installieren. Auch persönliche oder finanzielle Daten würden „niemals“ am Telefon abgefragt. Ist man bereits auf die Täter hereingefallen, und stellt das erst nach dem Anruf fest, so empfiehlt die Polizei, den Rechner umgehend vom Internet zu trennen, herunterzufahren und die eigene Hausbank zu informieren – möglicherweise können Zahlungen dann noch rechtzeitig gestoppt oder zurückgeholt werden.

Täter rufen überwiegend aus Callcentern in Asien an

Viel weiß die Polizei über die Täter nicht. Nur, dass die meisten offenbar aus Callcentern in Indien und Pakistan anrufen. In diese Länder fließt auch der überwiegende Teil der Beute. Mit einer Software können die Täter ihre Anrufe so manipulieren, dass im Display der Opfer mitunter die korrekte Telefonnummer von Microsoft aufleuchtet. Die Polizei empfiehlt weiter, im Fall eines Anrufs sofort aufzulegen und sich nicht auf ein Gespräch einzulassen. Microsoft bittet darüber hinaus, Betrugsanrufe auch an das Unternehmen zu melden.

KStA abonnieren