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Mord an GroßmutterTherapeuten sagen vor Gericht aus – „Mutter muss ihn gehasst haben“

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Gericht Enkel tötet Oma

Der 22-jährige Angeklagte (l.) mit seinem Verteidiger Markus Loskamp.

Köln – Wie schwierig es für Maurice H. war, von frühester Kindheit an mit Zurückweisung und Ablehnung in der eigenen Familie klarzukommen, belegen Aussagen von Kinder- und Jugendtherapeuten, die im Prozess gegen den 22-Jährigen gehört werden. Maurice H. hatte im Juni dieses Jahres seine Großmutter getötet, weil die 79-Jährige am Tattag damit gedroht hatte, ihn mit Hilfe der Polizei vor die Tür zu setzen. Jetzt muss er sich wegen Mordes verantworten.

„Seine Mutter muss ihn gehasst haben“, entfährt es einem Therapeuten, zu dem H. in die Sitzung kam, als er als Jugendlicher in einer betreuten Wohngruppe untergebracht war. Der Psychologe hatte mit der Mutter lediglich telefoniert und das Gespräch noch gut in Erinnerung. „Der macht mir das Leben zur Hölle und nur Ärger“, habe die Frau über das Verhältnis zu ihrem Erstgeborenen gesagt und hinzugefügt: „Der war immer schon schlimm.“ Das Gespräch habe „eine Menge Abwertung“ des Jungen beinhaltet und mit dem Ausspruch geendet: „Ich bin froh, dass er weg ist.“

Mord an Großmutter: „Schwierige familiäre Vorgeschichte“

„Die Mutter zeigte keinerlei Kooperationsbereitschaft“, merkte auch der Arzt eines sozialpädagogischen Zentrums an, in dem Maurice H. wegen des Verdachts auf Autismus zur Untersuchung vorgestellt wurde. Die dafür erforderlichen Fragebögen habe man der Mutter mit der Bitte um Komplettierung zukommen lassen – doch die habe überhaupt nicht reagiert. Der Patient habe bedrückt gewirkt, still, ruhig, zurückgezogen – so wie er auch von der übrigen Verwandtschaft im Gerichtssaal beschrieben wurde.

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Der Arzt hatte den damals 17-Jährigen als „empathisch, humorvoll, einfühlsam und hilfsbereit“ erlebt. Für die Diagnose Autismus habe es keinerlei Anhaltspunkte ergeben. Auffällig allerdings sei die „schwierige familiäre Vorgeschichte mit dem belastenden, schlechten Verhältnis zur Mutter“. Die Erziehung des Jungen sei „geprägt gewesen von Gewalt und Nichtbeachtung“. Daraus habe sich eine emotionale Störung entwickelt mit schizoid-zwanghaftem Verhalten, beispielsweise einem ausgeprägten Waschzwang.

Die verbale Herabsetzung durch die Mutter sei ein „Riesenproblem“ für Maurice H. gewesen, stellte auch der Psychologe fest. Auf die Frage, was am Tattag in ihm vorgegangen sei, lautete die Erklärung des Fachmanns: „Das war ein Angst-Szenario“. Die Androhung des Opfers, ihn erneut obdachlos werden zu lassen, habe bei Maurice H. „eine Kette von Angst und Panik ausgelöst“. Er habe sich „attackiert gefühlt und keinen anderen Ausweg mehr gesehen“.  

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