MotorradabenteuerDer blaue Ritter und der geheimnisvolle Sir

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Kurt Petri (4.v.r.) freut sich über den herzlichen Empfang der Blue Knights in Kroatien.

Kurt Petri (4.v.r.) freut sich über den herzlichen Empfang der Blue Knights in Kroatien.

  • Der ehemalige Kölner Polizeibeamte Kurt Petri war mit seiner Zündapp in Europa auf Benefiztour

Sülz – . Ein lautes Knattern und ein aufheulender Motor waren für Kurt Petri schon immer die schönste Melodie. Als der Sülzer ein kleiner Junge war, konnte ihn nichts so sehr aus der Fassung bringen wie das Geräusch einer heranbrausenden Zündapp KS 601. "Wenn ich die Maschine gehört habe, habe ich alles fallen lassen", erzählt der Rentner. "Deswegen habe ich häufiger einmal etwas hinter die Ohren bekommen." Das tat seiner Leidenschaft keinen Abbruch. "Es war das schwerste Motorrad, das Zündapp je gebaut hat. Von 1950 bis 1957 wurden genau 5000 Stück produziert", schwärmt er heute noch.

Es dauerte, bis er sich selbst das gute Stück leisten konnte - und zwar ganz genau bis 1998. Da war das Gefährt, das wegen seines Gewichts, des starken Motors und der typischen Lackierung als "der grüne Elefant" in die Zweiradgeschichte einging, längst ein Oldtimer.

Petri erwarb es stilecht mit einem Beiwagen und restaurierte es. 2003 waren er und seine Zündapp reisefertig. Sie gingen erstmals auf Tour. Dass er mit seinem Motorrad aber einmal in dreieinhalb Wochen 17 Länder bereisen wird, hätte er damals noch nicht geglaubt. Seit einigen Wochen ist er von der Mammuttour zurück. Sie führte ihn durch nahezu ganz Europa, mit kurzen Stopps, unter anderem in Polen, in Tschechien, in Österreich, der Slowakei, Ungarn, Slowenien, Serbien, Kroatien, Italien und Frankreich.

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Kurt Petri wird bei der Abfahrt von der Kölner Polizei eskortiert.

Kurt Petri wird bei der Abfahrt von der Kölner Polizei eskortiert.

Warum er bei der Reise Länder sammelte wie andere Briefmarken? Um das zu beantworten, muss Petri ein wenig ausholen. "Ich habe selbst früher als Straßenbahnfahrer gearbeitet, bin aber Ehrenmitglied bei den Blue Knights, auf Deutsch heißen die also Blaue Ritter. Dabei handelt es sich um eine internationale Vereinigung von Motorrad fahrenden Polizeibeamten. In Europa gibt es in fast allen Ländern eine Unterabteilung namens Chapter", schildert Petri. Er habe sich vorgenommen, möglichst viele Abteilungen seiner Mitritter zu besuchen.

Aber das allein war ihm als Reisemotivation dann doch noch ein bisschen zu wenig. Er fand einen weiteren guten Grund für den Trip: "Ich kam auf die Idee, bei jedem Chapter Spenden für einen guten Zweck zu sammeln." Er entschied sich dazu, mit seiner Fahrt den Förderverein krebskranker Kinder zu unterstützen.

Andreas Hohendorf, Oberkommissar und Vizevorsitzender des europäischen Boards, half ihm bei der Organisation.

Petri auf dem Pass "Col de Tende" zwischen Monaco und Turin.

Petri auf dem Pass "Col de Tende" zwischen Monaco und Turin.

Der damalige Polizeipräsident Jürgen Mathies übernahm die Schirmherrschaft und Kurt Petri hatte streckenweise Begleitung. "Wir sind mit einer Polizeieskorte aus der Stadt herausgefahren, und die wussten immer, wo ich war", freut sich Petri. Ein blauer Schwarm war irgendwie immer dabei. "Teilweise kamen mir Blue Knights entgegen", erzählt der Motorradfan. "Von Graz aus sind sie die ganze Strecke bis nach Maribor mitgefahren und dort warteten schon die Slowenen auf uns. Ich wurde ich immer weitergereicht."

Petri ließ Aufkleber und Aufnäher mit dem Logo der Blue Knights und seinem Motorrad darauf fertigen und verschenkte sie während der Fahrt gegen eine Spende. Er schrieb Firmen an und bat sie um finanzielle Unterstützung. 13 533 Euro kamen auf diese Weise zusammen - vor allem aber sammelte Petri Erlebnisse.

Auf besondere Spendenbereitschaft stieß er in Luxemburg, wo er in einem Hotel übernachtete und es sich abends im dazugehörenden Biergarten gemütlich machte. Petri kam ins Gespräch mit ein paar Gästen aus unterschiedlichen Ländern am Nebentisch. Sie fragten nach seinem Motorrad, mit dem sie ihn hatten ankommen sehen. Er erzählte von seiner Tour. "Ich habe dann gegessen und wollte anschließend bezahlen, da sagte mir der Kellner, dass die Herrschaften meine Rechnung bereits beglichen hatten." Als Petri dann am nächsten Tag sein Hotelzimmer bezahlen wollte, übergab ihm der Mann an der Rezeption einen Umschlag. "Der ist von den Leuten, mit denen Sie gestern beim Essen gesprochen haben", waren seine Worte. "Im Umschlag waren Dollar, Schweizer Franken und Euro, insgesamt über 600 Euro. Und ich habe keine Ahnung, was das für Leute waren, wie sie heißen." Er wisse nur, dass sie den Mann, der mit ihm Deutsch sprach, sehr respektvoll mit "Sir" angeredet haben. Es war seine erfolgreichste und geheimnisvollste Sammelaktion.

Das schönste Erlebnis hatte der blaue Ritter auf dem grünen Elefanten aber in Tschechien auf der Strecke von Prag nach Kutna Hora. Als er eine Pause an einer Raststätte einlegte, kam ein Vater mit seinem etwa achtjährigen Sohn vorbei. Der Junge fragte, ob er sich auf das Motorrad setzen dürfe. Petri erlaubte es und setze sich auf die Terrasse. "Er ist nicht heruntergestiegen, bis ich weitergefahren bin", berichtet er. "Sein Vater und ich haben uns köstlich amüsiert. Wir saßen dort bei einem Kaffee und haben zugeschaut, wie der Kleine anderen Kindern, die vorbeikamen, das Motorrad erklärte." Zum Abschied schenkte Petri dem Jungen einen Aufnäher. Er rannte sofort zu seinem Vater und wollte ihn auf seine Jacke genäht haben. "Er hatte gesehen, dass die Zündapp darauf abgebildet war." Bis er sich einen echten grünen Elefanten kaufen kann, wird es allerdings noch ein paar Jahre dauern.

Weltweit 24 000 Mitglieder

Die Blue Knights ( Blaue Ritter) gründeten sich 1974 als Vereinigung Motorrad fahrender Polizisten in den Vereinigten Staaten. Das Hauptquartier des Blue Knights International Motorcycle Clubs ist in Bangor (Maine). Die Idee verbreitete sich rasch in den gesamten USA, Kanada und Australien. 1989 wurde die Idee nach Europa getragen, wo es in vielen Ländern Chapter (selbstständige Unterabteilungen) gibt. In Deutschland gibt es 40 Chapter. Mit über 24 000 Mitgliedern in mehr als 600 Chaptern weltweit sind die Blue Knights einer der größten Motorradclubs.

Die Ziele der Blue Knights sind unter anderem die Förderung des Motorradtourensports, der Völkerverständigung sowie die finanzielle und materielle Unterstützung von gemeinnützigen und sozialen Einrichtungen. Ferner fördern die Blauen Ritter die Sicherheit im Bereich des Tourenfahrens. (se)

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