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Gewalt-Exzess in Köln-MülheimUrteil für vierten Schläger von der Keupstraße

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Nach den Ausschreitungen blieb der Audi TT mit Totalschaden zurück

Nach den Ausschreitungen blieb der Audi TT mit Totalschaden zurück

Köln-Mülheim – Etwas von der Aggressivität, die sich am 10. April 2016 in der Keupstraße entlud, war am Freitag in Saal 29 des Amtsgerichts zu spüren.

In einer Serie von Prozessen um dasselbe Geschehen standen vier weitere Männer kurdischer Herkunft vor Gericht, die an jenem Tag in einer Gruppe auf einen Türken losgegangen waren. Der heute 41-Jährige erlitt zahlreiche Verletzungen, der Audi, in dem er saß, wurde zerstört.

Alle Angeklagten legten Geständnisse ab. Drei wurden wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung zu 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.Die Sanktion gegen den vierten fiel milder aus, weil er sich um einen Täter-Opfer-Ausgleich bemüht und dem Türken 3000 Euro gezahlt hatte. Er kam mit 1500 Euro Geldstrafe davon.

Die Atmosphäre am Tag der Tat war aufgeheizt. Türkische Nationalisten hatten zu einem „Friedensmarsch“ aufgerufen, gleichzeitig versammelten sich überwiegend kurdische Gegendemonstranten am Hauptbahnhof. Anlass waren auf der einen Seite Terroranschläge in Ankara und Istanbul, die der verbotenen kurdischen Partei PKK zugeschrieben wurden, auf der anderen Seite das militärische Vorgehen gegen Kurden im Südosten der Türkei. Zum Krawall in der Keupstraße kam es, als mehrere Männer an dem Audi einen Aufkleber der rechtsextremen Bewegung „Graue Wölfe“ entdeckten.

Mit Dachlatten traktierten sie das Auto, schlugen und traten auf den Fahrer ein, einer stach mit einem Messer zu. Die jetzt verurteilten Täter waren unterschiedlich an dem Geschehen beteiligt, mussten sich als Teil des Kollektivs aber alle Taten vorwerfen lassen.

Entschuldigung verlangt

Martin Yahya Heising, der Anwalt des Opfers, unterstrich erneut, wie schwer die Folgen für seinen Mandanten seien, der immer noch psychologisch behandelt werde. Bis auf den Mann, der einen Täter-Opfer-Ausgleich angestrebt hat, warf er den Angeklagten mangelnde Reue vor. Das deren Anwälte als Faktor die „aufgeheizte Atmosphäre“ vor dem Hintergrund des Kurdenkonflikts ins Spiel brachten, finde er „zum Kotzen“. Hier sei eine „asoziale Rotte durch die Straßen marodiert“. Manche Verteidiger verwahrten sich gegen die Bezeichnung. Vor allem ein Angeklagter ließ sich herausfordern. Aufgebracht verlangte er von Heising eine Entschuldigung. Zwar tue ihm die Tat leid, sagte er, doch das Opfer und und andere türkische Nationalisten hätten mit ihrer „Propaganda“ provoziert.

Das griff der Richter in seiner Urteilsbegründung auf. Der Angeklagte sei ein „Musterbeispiel“ dafür, worum es in dem Prozess gehe, dem ein hoher „Symbolgehalt“ zukomme, und habe „nichts verstanden“. Offenbar glaube er immer noch, jener Aufkleber, der provozierend gewirkt haben möge, könne als Rechtfertigung für Gewalt dienen. „Sie verdammen den Krieg in der Türkei und machen in Deutschland das Gleiche.“ Es gehe darum, „zu diskutieren und nicht aufeinander einzuschlagen“.

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