Großes Engagement in DellbrückWie ein Kölner Paar seit 2015 Geflüchteten hilft

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Dellbrücker Paar

Norbert Esser und Sine Maier-Bode

Dellbrück  – „Als 2015 die Flüchtlingskrise losging, haben wir gesagt, wir machen etwas - natürlich im Rahmen unserer Möglichkeiten“, erzählt Norbert Esser, (77). Mit seiner Frau Sine Maier-Bode (63), engagiert er sich seitdem in der Ökumenischen Flüchtlingshilfe Dellbrück/Holweide, aber auch privat für Geflüchtete. Vom Ausfüllen behördlicher Dokumente bis zum Fahrradunterricht deckt ihr Einsatz alles ab.

Fahrradwerkstatt im Antiquitäten-Geschäft

Im Team oder „solo“ stellen sie ihre Fähigkeiten in den Dienst der guten Sache. Norbert Esser hat in seinem Leben schon vieles gemacht. Zunächst erlernte er das Handwerk des Mosaikplatten- und Fliesenlegers, danach arbeitete er im Schuldienst als Sonderpädagoge, bis er vor über 20 Jahren den Antiquitätenhandel für sich entdeckte. In seinem Bergisch Gladbacher Antiquitätengeschäft „Art Deco“ unterhält er eine kleine Werkstatt-Ecke, in der er ausrangierte Räder wieder verkehrstüchtig und Flüchtlingskindern zum Geschenk macht. Im Fenster hängt ein Spendenaufruf für Fahrräder.

Dellbrück Fahrrad

Norbert Esser repariert Räder für Flüchtlinge - und lehrt sie dann das Fahren. 

Essers handwerkliche Fertigkeiten und seine Bereitschaft, Ersatzteile aus eigener Tasche zu finanzieren, hat schon zu einigen glücklichen Empfängern geführt. Ein Radfahrkurs ist in der Übergabe des Rades inbegriffen. Bevor die Kinder in die Pedale treten dürfen, bringen Norbert Esser und Sine Maier-Bode ihnen das Fahren von der Pike auf bei. „Zuerst wird das Rad auf das Kind abgestimmt“, meint Norbert Esser zum Ablauf, „dann fangen wir mit Gleichgewichtsübungen an.“ Eine Woche investiert das Ehepaar, um den Kindern sicheres Fahren beizubringen. Die meisten, so Esser, hätten keinerlei Vorerfahrung. Dann ging es auf eine Tour zum Wildpark in Dünnwald oder zum Höhenfelder See.

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„Wir machen in der Flüchtlingshilfe ganz viel zusammen, manches aber auch alleine“, erläutert er die „Arbeitsteilung“ zwischen ihm und seiner Frau. Sine Maier-Bode, ihres Zeichens Journalistin, begann bei der Flüchtlingshilfe mit Deutschkursen, übernahm dann Familien-Patenschaften und gehört zum Kernteam der Ökumenischen Flüchtlingshilfe. „Wir begleiten die Einschulung, sorgen für Nachhilfe oder machen sie selbst“, berichtet sie über das breite Spektrum der ehrenamtlichen Hilfsangebote. Es greift im Umgang mit Behörden, Schulen und Ärzten, bietet Fortbildungsprogramme für Geflüchtete und Ehrenamtliche, vermittelt Patenschaften. Kulturelle Veranstaltungen, Freizeitveranstaltungen und Kontakt-Cafés komplettieren das Programm, mit dem sie mittlerweile auch beruflich als Koordinatorin verquickt ist. Dass sie über Arabisch-Kenntnisse verfügt, erleichtert ihr den Kontakt vor allem mit Neuangekommenen ungemein.

Behördendeutsch ist die größte Hürde

Eine der größten Hürden, bei denen Geflüchtete auf Unterstützung angewiesen sind, sieht Sine Maier-Bode im bürokratischen Bereich. Formulare in Behördendeutsch zu verstehen und auszufüllen, findet sie selbst für Deutschsprachige schwierig. „Wenn man die Sprache aber nicht beherrscht, bleibt das ein Problem“, sagt sie. Spracherwerb habe deshalb Priorität bei der Integration, auch außerhalb der Sprachkurse sei der Kontakt mit der noch fremden Sprache wichtig, meint sie. Viele Geflüchtete würden nach Gelegenheiten suchen, Deutsch zu sprechen, sie litten aber an einem Mangel an sozialen Kontakten, fährt sie fort.

Dellbrück hilft1

Mit einer Familie aus Afghanistan backten die Kölner Plätzchen. 

Plätzchen-Backen mit afghanischer Familie

Sine Maier-Bode und Norbert Esser treffen sich auch privat mit Familien, die aus Kriegsgebieten wie Syrien oder Afghanistan geflohen sind, pflücken und verarbeiten Brombeeren aus dem eigenen Garten zu Marmelade, pflegen Freundschaften und fühlen sich beizeiten wie Ersatzgroßeltern. Passend zur Adventszeit luden sie eine afghanische Familie zum Plätzchen-Backen ein. Sechs von acht Kindern und ihre Mutter traten zum Back-Event an -  nachdem sie sich in der Wohnung des Paares aufgewärmt hatten. „Im Flüchtlingsheim gab es schon wochenlang kein warmes Wasser mehr“, berichtet Maier-Bode, „unsere Besucher waren glücklich, sich hier mal wieder warm duschen zu können“. Der Stimmung am Backtag tat das keinen Abbruch, die Mädchen ließen ihrer Kreativität bei der Plätzchen-Gestaltung freien Lauf - und der Schaden in der Flüchtlingsunterkunft ist mittlerweile behoben.

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