Köln früher und heuteDie Bachstraße war die Keimzelle von Mülheims Wirtschaft

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Früher fand auf der Bachstraße der quirlige Wochenmarkt statt.

Früher fand auf der Bachstraße der quirlige Wochenmarkt statt.

Köln-Mülheim – So lebendig wie früher ist die Mülheimer Bachstraße längst nicht mehr. Die Musik spielt heute am Wiener Platz und an der Frankfurter Straße, wo die meisten Geschäfte liegen. Die Bachstraße, die das Mülheimer Zentrum in gerader Linie mit dem Rheinufer verbindet, ist geprägt von Wohngebäuden und den mächtigen Rampen der parallel verlaufenden Mülheimer Brücke. Ansonsten geht es hier gemächlich zu.

Das war mal anders. Zum einen war die Bachstraße von 1880 bis zum Zweiten Weltkrieg quirliger Ort des Mülheimer Markts. Zum anderen kann sie als wirtschaftliche Keimzelle der einst eigenständigen Stadt Mülheim gelten. Den Antrieb für den Aufschwung lieferte der kleine Fluss Strunde, der bis weit ins 19. Jahrhundert hinein frei und offen an der Bachstraße entlang floss, bis er ein paar Meter weiter in den Rhein mündete. „Deutschlands fleißigster Bach“, wie die Strunde auch genannt wurde, hatte zu diesem Zeitpunkt schon einige hundert Jahre hart gearbeitet. Mehr als 50 Mühlen nutzten zeitweilig seine Wasserkraft, viele Industriebetriebe leiteten aber auch ihr Abwasser ein. Ein Quell guter Düfte war das Flüsschen, das in Bergisch Gladbach entspringt, sicher nicht.

Ein Drittel aller Mülheimer Häuser zerstört

Schon vor dem 11. Jahrhundert war die Strunde vom Gebiet des heutigen Bergisch Gladbacher Ortsteils Schlodderdich, wo sie ursprünglich versickerte, in künstlichem Lauf zum Rhein verlängert worden. „Man wollte die Feuchtgebiete entwässern und die Wasserkraft nutzen“, sagt Helmut Goldau von der Geschichtswerkstatt Mülheim. Auch an der Rheinmündung, da wo heute die Bachstraße auf die Deutz-Mülheimer Straße trifft, entstanden mehrere Wassermühlen und andere Gebäude. Für das Jahr 1098 ist die Burg des Ritters Hermann von Mulenheym beurkundet und damit die erste Nennung einer Variante des heutigen Ortsnamens: Mülheim.

Alles zum Thema Hochwasser, Überschwemmung und Flut

„Die Vorteile der Ortslage überwogen die Unbilden der regelmäßigen Hochwasser“, heißt es in der Broschüre „100 Jahre Köln-Mülheim“ der Geschichtswerkstatt anlässlich der Mülheimer Eingemeindung zu Köln im Jahr 1914. Immer wieder flutete der Rhein die Bachstraße, die dann nur noch mit Booten zu befahren war. Der „Eisgang“ von 1784, die größte Hochwasser- und Eiskatastrophe in der Geschichte Kölns, beschädigte oder zerstörte ein Drittel aller Mülheimer Häuser. In der südlichen Altstadt gehörte die Dominikusmühle an der Bachstraße zu den wenigen Gebäuden, die die Naturkatastrophe überstanden.

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In der Mitte des historischen Fotos ist das weiß gestrichene Gebäude mit dem Mühlrad noch zu erkennen. Es stammte aus dem Jahr 1614 und war ursprünglich eine kurfürstliche Kameralmühle mit dem örtlichen Monopol für das Mahlen von Getreide. Direkt daneben, an der heutigen Lohmühlenstraße, waren Gerber ansässig. „Das Bachwasser wurde stark verschmutzt und die Luft roch kräftig“, beschreibt die Geschichtswerkstatt die damaligen Zustände: „Die südliche Altstadt war deshalb eine preiswerte Wohngegend für ärmere Leute.“

Als die Dominikusmühle 1910 abgerissen wurde, war damit die letzte Mülheimer Mühle Geschichte. Zuletzt hatte die Strunde das Mühlrad unterirdisch angetrieben. Deutschlands fleißigster Bach wurde unsichtbar und Händler und Bauern hatten genug Platz, auf der Bachstraße ihren Markt abzuhalten. Als die Strunde um etwa 1890 kanalisiert war, wurde die Bachstraße beidseitig bebaut und aufgewertet. Der Bau der Mülheimer Brücke ab 1927 trug hingegen nicht zur Aufwertung bei: Durch ihn wurde die Altstadt in zwei Teile getrennt.

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