Promenade bald kahlDarum werden am Kölner Rheinufer Dutzende Bäume gefällt

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Anwohner Jan Hobmann am kahlgeschlagenen Mülheimer Rheinufer.

Mülheim – Ein letztes Mal werden in diesen Wochen die Sägen am Mülheimer Rheinufer im Einsatz sein. Die letzten 44 Bäume werden gefällt, damit der Stadtteil besser vor Hochwasser geschützt sein soll.

Der gesamte, ungefähr 700 Meter lange Abschnitt zwischen Mülheimer Freiheit und Schlackenbergwerft an der Grenze zu Stammheim, wird schon bald komplett abgeholzt sein. Damit ist die besonders im Sommer bei Spaziergängern, Läufern und Radfahrern beliebte, schattige Promenade kahl.

Baumwurzel machten Böschung instabil

Wie die Stadtverwaltung dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ auf Anfrage mitteilte, haben die Baumwurzeln die steile Böschung instabil gemacht und dem Rhein bei Hochwasser eine Angriffsfläche geboten. Schließlich liegt hier die Außenseite einer Kurve, die bei hohen Pegelständen, wie sie derzeit herrschen, besonders stark belastet ist. Deshalb müssten nach Auskunft eines Behördensprechers alle Bäume, Sträucher und Büsche bis zu den Pflastersteinen zurückgeschnitten und die vorhandene Erde entfernt werden.

Alles zum Thema Hochwasser, Überschwemmung und Flut

Was für die Stadtverwaltung nicht viel mehr bedeutet als die Vollstreckung eines Verwaltungsaktes, ist für Anwohner wie Jan Hopmann ein Grund zur Sorge. Der Anblick der gerodeten Böschung ärgert den 53-Jährigen. Mehr als 100 Hängebirken, Bergulmen, Pappeln, Berg-Ahorne, teils älter als er selbst, sind in den vergangenen Jahren schon gewichen. 2015 wurden erstmals die Äxte angelegt, 2017 und 2018 erneut auf jeweils anderen Abschnitten. Nur einige der Baumstümpfe sind geblieben.

Gleiche Grundlage für die Rodung, wie in Bayental

„Als Kind bin ich hier auf den Bäumen geklettert. Und jetzt werden auch noch die letzten gefällt“, sagt Hopmann. Was ihm besonders merkwürdig erscheint: Die Rodungen finden auf Grundlage eines Gutachtens statt, das für eine Böschung am anderen Ende der Stadt erstellt wurde. Für das Rheinufer in Bayenthal hatte die Stadt 2010 ein Gutachten in Auftrag gegen, aus dem hervorgegangen war, dass die Bäume die Stabilität der dortigen Böschung gefährdeten. 2014 begannen die Rodungen von 250 Bäumen, dort waren es Eschen, Ahornbäumen, Birken und Robinien.

Die Stadt spricht in Mülheim von „inhaltsgleichen Grundlagen“. Für Hopmann ist es ein Skandal, dass die Situation eins zu eins übertragen wurde, ohne die neue Rodungsfläche noch einmal genauer zu untersuchen: „Ich appelliere an die Stadt: Stoppen Sie die Rodungen und geben Sie ein eigenes Gutachten für das Mülheimer Ufer in Auftrag“, sagt Hopmann.

Experten sprechen sich für Böschung aus

Schon seit Jahren kämpft er gegen die Kettensägen: „Wir sind hier in einem Landschaftsschutzgebiet, Köln hat den Klimanotstand ausgerufen. Da ist Bäume fällen nun wirklich das Letzte, was die Stadt tun sollte.“

Jan Hopmann hat Experten an die Stelle gerufen, die sagten, dass die kahle Böschung weniger stabil sei als eine bewachsene. Hochwasser könnte daher noch gravierendere Folgen haben – vom Abrutschen der Böschung bis hin zu unterspülten Grundstücken. „Ich will kein Schreckensszenario an die Wand malen, aber das wäre der Waidmarkt-Effekt“, sagt Hopmann mit Verweis auf den Einsturz des Stadtarchivs vor zehneinhalb Jahren.

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Über den Jahreswechsel setzte die Firma in ihren Ferien die Arbeiten aus. Nun geht es weiter. Die Arbeiten sollen bis Ende Februar beendet sein. Insgesamt 285000 Euro sind für die Maßnahme veranschlagt – alle Rodungsabschnitte seit 2015 eingeschlossen.

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