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Nach GerichtsurteilLandesregierung nennt „gefährliche Orte“ in Köln

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Der Kölner Ebertplatz

Köln – Die Landesregierung hat Hunderte Straßen und Plätze in Nordrhein-Westfalen genannt, die „gefährlich und verrufen“ im Sinne des Polizeigesetzes sein sollen. Darunter befinden sich auch annähernd 100 Straßen in Köln, die die Polizei zwischen 2010 und 2017 als „gefährlich“ definiert hatte. An diesen Orten durften Polizeibeamte zum Beispiel Personen ohne konkreten Tatverdacht kontrollieren und die Personalien feststellen – weil die Kriminalität höher war als anderswo, oder weil Kriminelle ihn als Rückzugsgebiet nutzten. Seit 2018 allerdings gibt es in Köln keine „gefährlichen Orte“ mehr, wie ein Polizeisprecher auf Anfrage mitteilte.

Die Behörde spricht nun vielmehr von „Kriminalitätsbrennpunkten“, an denen vermehrt Straftaten begangen werden. Sieben gibt es aktuell in der Stadt, sie decken sich ganz überwiegend mit den Bereichen, die von der Polizei dauerhaft videoüberwacht werden: die Ringe, der Bereich Dom-Hauptbahnhof-Breslauer Platz, der Neumarkt, der Ebertplatz, Heumarkt und Alter Markt, der Wiener Platz mit dem Stadtgarten, die Kalker Hauptstraße und die Kalk-Mülheimer Straße. An diesen Orten dürfen Polizisten Menschen auch anlassunabhängig kontrollieren. Grundsätzlich möglich ist dies aber auch an jedem anderen Fleck in der Stadt – nämlich dann, wenn in einem bestimmten Zeitraum zum Beispiel die Zahl der Autoaufbrüche spürbar gestiegen ist.

Sicherheitsgefühl stärken

In ihren monatlich stattfindenden „Brennpunktkonferenzen“ legt die Polizei intern fest, auf welchen Plätzen und in welchen Straßen ein neuer Kriminalitätsschwerpunkt entstanden sei oder gerade entstehe, sagte der Polizeisprecher. Entsprechend würden dann Präsenzmaßnahmen und andere Konzepte entwickelt und umgesetzt, um die Kriminalität dort wieder zu senken und das Sicherheitsgefühl der Menschen zu stärken.

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Die Landesregierung hatte mit der Veröffentlichung der „gefährlichen Orte“ eine Anfrage von AfD-Abgeordneten aus dem Jahr 2017 beantwortet. Weil das Innenministerium diese Anfrage zunächst nicht vollständig beantworten wollte, hatte es jahrelangen Streit gegeben.

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Die Landesregierung hatte in einer ersten Antwort vor zwei Jahren 44 Orte nach dieser Definition benannt und Städten zugeordnet, konkrete Angaben dazu aber verweigert. Das sei unzulässig, hatte der Verfassungsgerichtshof moniert und die Landesregierung im Januar gezwungen, die Anfrage zu beantworten. Die Abgeordneten hätten einen Informationsanspruch.

Innenministerium befürchtet Stigmatisierung

Nun werden in einer seitenlangen Tabelle Straßen und Plätze genannt, die diese 44 Gebiete definieren. Besonders viele Ortsangaben werden für Köln, Dortmund und Essen genannt. Für Aachen sind 35 Ortsangaben aufgeführt, für Düsseldorf 14.

Das Innenministerium hatte darauf hingewiesen, dass es sich bei den Begriffen „gefährliche und verrufene Orte“ um polizeifachliche Bezeichnungen handelt, die irreführend seien. Es könne sich auch um Orte handeln, an denen Straftaten lediglich verabredet und vorbereitet werden. Die Regierung hatte argumentiert, die Polizeiarbeit werde erschwert, wenn potenzielle Straftäter präzise Informationen über solche Orte erlangten. Anwohnern von öffentlich als „gefährlich“ bezeichneten Wohngegenden drohe eine Stigmatisierung. Das Sicherheitsgefühl der Bürger könne zudem beeinträchtigt werden. Die Verfassungsrichter ließen das nicht gelten. Die AfD interpretierte die Auskünfte auf ihre Weise: Die Landesregierung habe nicht zugeben wollen, „dass sie in vielen Bereichen die Lage nicht mehr im Griff hat“.

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