Nach KündigungGeselle schlägt Ex-Chef vor Kölner Gerichtsgebäude

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Das Kölner Amtsgericht

Köln – Anwalt Peter N. (54, alle Namen geändert) wähnte sich „wie im Kino“, als er vor dem Arbeitsgericht auf einen Mandanten wartete und plötzlich Augenzeuge eines Vorfalls wurde, der nun vor der Strafrichterin des Amtsgerichts höchst kontrovers diskutiert wurde. Eine Akte flog hoch durch die Luft und „eine Blätterwolke wie im Film rieselte zur Erde nieder“, erinnerte sich der Jurist, der die Situation damals „ziemlich witzig“ fand.

Allerdings weniger erheiternd war das Geschehen, was danach passierte. Zwei Männer, die unter der Blätterwolke standen, lagen danach im Clinch. „Einer schlug zu, der andere duckte sich“, sagte der Anwalt im Zeugenstand. Am Donnerstag sahen sich die Kontrahenten als Angeklagter und Opfer im Gerichtssaal wieder.

Nach Kündigung: Schlägerei vor dem Kölner Amtsgericht

Hintergrund der tätlichen Auseinandersetzung war die Kündigung, die Fliesenleger Peter M. (32) im vergangenen Jahr von seinem Chef erhalten hatte. Die viermonatige Probezeit hatte er nicht überstanden, weil sein Chef mit der Arbeitseinstellung des Gesellen alles andere als zufrieden war: „Er log, war unzuverlässig, kam zu spät...“, hieß es vor dem Arbeitsgericht. Dort hatte Geselle M., der inzwischen als Jung-Unternehmer drei Angestellte beschäftigt und ein Nettoeinkommen von 3500 Euro angab, seinen Ex-Vorgesetzten auf Restlohn von 2500 Euro verklagt.

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Es kam zum Gütetermin, der Richter schlug nach der Beweisaufnahme lediglich 300 Euro Restzahlung als Vergleich vor. Das hatte Geselle M. empört abgelehnt. Sein Ex-Chef hingegen wähnte sich auf der Gewinnerseite und verließ das Gerichtsgebäude mit zufriedenem Lächeln. Nicht ohne seinen ehemaligen Mitarbeiter im Vorbeigehen noch ein „Du dummer Junge“ zuzurufen.

Das war wohl zuviel für den Gesellen, der sich um seinen Lohn betrogen sah. Er schlug zu, seinem Ex-Chef ins Gesicht. Wie oft, darüber wurde im Gerichtssaal jetzt erbittert gestritten. Ebenso darüber, wer angefangen hatte. Anwalt N. jedenfalls hatte „mindestens zwei Schläge“ gesehen, die der Geselle dem Chef verpasst hatte. „Ob da vorher die Gegenseite zugeschlagen hat“ – so zumindest behauptete es der angeklagte Fliesenleger – „das kann ich nicht sagen“, betonte der unabhängige Augenzeuge. Der Chef – ebenso wie der Angeklagte von kräftiger Statur und knapp 1,90 groß – hatte jedenfalls bei der Auseinandersetzung eine Platzwunde an der Stirn, eine kaputte Brille, eine blutende Lippe und ein blaues Auge davon getragen. Daraufhin zeigte er seinen Ex-Mitarbeiter wegen Körperverletzung an, so dass es vor der Strafrichterin zur Verhandlung kam.

Kölner Staatsanwaltschaft rollt Verfahren um Kündigung neu auf

Die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren zunächst wegen Geringfügigkeit eingestellt, dann jedoch aufgrund der Beschwerde des Opfers wieder neu aufgerollt. Und dann stellte sich heraus, dass Geselle M. bereits einschlägig vorbestraft war, wegen Körperverletzung vor einiger Zeit eine siebenmonatige Bewährungsstrafe kassiert hatte. Erschwerend wog seine Aussage: Er behauptete nämlich, nicht er, sondern der Ex-Chef habe als erster geschubst und geschlagen. Deshalb hatte er einen Freispruch erwartet. Was allerdings nach Aussage des Augenzeugen nicht mehr zu vertreten war.

Die salomonische Entscheidung der Richterin nach einem Rechtsgespräch: Eine Verfahrenseinstellung mit Auflagen. Zahlt der Geselle und erfolgreiche frischgebackene Jung-Unternehmer tausend Euro an das Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße und absolviert erfolgreich ein Anti-Aggressionstraining, wird das Verfahren ohne Urteil eingestellt.

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