Nach Messerattacke in KölnErst große Versöhnung, dann Krawall auf Gerichtsflur

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Feyyaz B. im Gericht

Feyyaz B. im Gericht

Köln – Eigentlich standen alle Zeichen auf Versöhnung: Mit tränenerstickter Stimme hatte sich der Angeklagte Yamin (26) beim Opfer, Rocker Feyyaz B. (37), wortreich entschuldigt, Schuld und Scham gezeigt und auch eine Schmerzensgeldzahlung als Wiedergutmachung angekündigt. Ebenso die andere Seite: Rocker Feyyaz B. zeigte sich dieser Geste gegenüber offen, reichte symbolisch die Hand und sah sich als der Ältere eher wie „ein großer Bruder“ für den Angeklagten.

Messerattacke im Oktober

Im Oktober vergangenen Jahres noch war Rapper Yamin hinterrücks auf den Rocker mit einem Messer losgegangen, hatte wie von Sinnen auf ihn eingestochen. Der Rocker hatte nur dank einer Not-OP überlebt. Die Staatsanwaltschaft klagte wegen versuchten Mordes an. Nach dem Motiv wird bisher vergeblich gesucht.

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Dem auffälligen Versöhnungs-Szenario war zum Prozessauftakt eine heftige Schlägerei von Angehörigen der Rockerszene auf den Gerichtsfluren vorausgegangen. Die Gewaltattacke aus dem Nichts war so heftig, das Wachtmeister Spalier standen, um die Streitenden mit Mühe auseinander zu bringen. Im Gerichtssaal folgte dann das trügerische Aufeinander-Zugehen – das am Dienstag zügig zunichtegemacht wurde.

Prozess musste verlegt werden

Diesmal waren es die weiblichen Vertreter der jeweiligen Clans, die sich auf dem Flur hasserfüllte Wutbotschaften zuschrien und dabei einen derartigen Krawall anrichteten, dass die Strafkammer ein gutes Dutzend Wachtmeister zur Hilfe rief, damit die Situation nicht erneut aus dem Ruder lief. „Hurensohn“ und „Lügner“ schrien sich die Frauen gegenseitig zu, und aus der Rocker-Ecke kam dann „Mörder, verrotte im Knast“. Auch der Angeklagte mischte mit, schrie Schmähbotschaften in Richtung Feyyaz, das Tohuwabohu war vom zweiten Stock bis ins Erdgeschoss zu vernehmen. Nach einer Pause ordnete die Kammer die Fortsetzung des Prozesses in einem größeren und damit verhandlungssichereren Saal an.

Suche nach dem Motiv

Auf der Suche nach einem Motiv geriet jedoch nur wenig Licht ins Dunkel. Die Verlobte und eine Tante des Rappers sagten aus, Yamin habe sich am Tattag „seltsam“ aufgeführt. „Er wirkte gebrochen, war in Tränen aufgelöst, sprach wirr“, erinnerte sich seine Tante. Yamin habe sich von den Hells Angels bedroht und verfolgt gefühlt. Allerdings habe er auch bereits vor Jahren wirre Verhaltensweisen an den Tag gelegt. Mal durften die Angehörigen eine bestellte Pizza nicht anrühren, weil er davon ausging, die Mahlzeit sei vergiftet, mal vermutete er eine Bombe im Auto. „Wenn er Drogen nahm, dann war er nicht er selber,“ hatte sich die Verwandte selbst eine Erklärung dafür gegeben.

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