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Nach Not-OP in Kölner KlinikGünter Wallraff muss wieder laufen lernen

Lesezeit 4 Minuten
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Günter Wallraff bei der Einweihung eines Streetart-Wandgemäldes am Bahnhof Köln-Ehrenfeld, das ihn zeigt. 

  • Der Kölner erklärt den Unfall auf der Inneren Kanalstraße.
  • Infolge des Sturzes erlitt Wallraff einen komplizierten Trümmerbruch im linken Oberschenkel. Zudem zog er sich Kopfverletzungen zu. Er wurde vier Stunden lang operiert.
  • Wenn er entlassen wird, wird das Klinikbett mit Geräten in seinem Haus aufgebaut.

Köln – Zwei Wochen nach seinem Fahrradunfall, bei dem er sich schwere Verletzungen zuzog, geht es Günter Wallraff etwas besser. Bei einem Sturz mit dem Fahrrad hatte sich der 76-jährige Undercover-Reporter schwere Verletzungen zugezogen. schon bald könnte  der Schriftsteller („Ganz unten“, „Aus der schönen neuen Welt“) aus der Klinik entlassen werden. Viele Wochen wird er auch danach liegend verbringen müssen. 

Um den Heilungsverlauf nicht zu gefährden, haben die Ärzte ihm und seinem linken Bein strikte Ruhe verordnet. Wallraff hatte sich bei einem Sturz mit dem Rad einen schweren Trümmerbruch im Oberschenkel zugezogen und musste vier Stunden lang notoperiert werden. 

Er war auf an der Inneren Kanalstraße mit dem Vorderreifen an einer Bordsteinkante hängengeblieben, hatte sich überschlagen und war bewegungsunfähig auf der Straße liegengeblieben. Ein Arzt, der sich in der Nähe befand, hatte Erste Hilfe geleistet. Infolge des Sturzes erlitt er auch Kopfverletzungen. 

Alles zum Thema Innere Kanalstraße

Geschuldet war der Fahrradunfall auch seinem sportlichen Elan. Wallraff, leidenschaftlicher Tischtennisspieler und Kajakfahrer, war nach einer 30 Kilometer langen Fahrradtour schon fast zu Hause angekommen. „Dann habe ich noch mal einen kleinen Endspurt hingelegt. Dabei ist es passiert.“ 

Arzt war in der Nähe und leistete Erste Hilfe

Nach dem sich die Nachricht seines schweren Unfalls über einen Bericht im „Kölner Stadt-Anzeiger“ verbreitet hatte, erhielt der Schriftsteller Genesungswünsche aus der ganzen Welt. „Das war überwältigend und hat sehr gut getan. Es haben sich viele Menschen gemeldet, von denen ich Jahre lang nichts gehört hatte.“ 

Von den Ärzten und Pflegerinnen im St. Franziskus Hospital und den Schwestern des Cellitinnen-Ordens, denen das Krankenhaus gehört, werde er „hervorragend versorgt“. „Dafür bin bin ich sehr dankbar. Ich habe in dem Bein jetzt sicher fast ein Kilo Titan drin.“

Training auf Krücken 

Er müsse jetzt Medikamente nehmen (was er sonst nie tue), sei schmerzfrei und im Kopf klar, habe aber nun einen langen Weg der Rehabilitation vor sich: „Ich muss neu gehen lernen. Das ist mühselig. Wie auch die meiste Zeit des Tages auf dem Rücken liegen zu müssen.“ Wallraff trainiert bereits auf Krücken, mit einer besonderen Technik – auch das Treppenlaufen. „Da ich sportlich eine gewisse Grundsubstanz habe, klappt das gut.“ 

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In der Krise sieht der als Workaholic bekannte Wallraff auch eine Chance: „Für mich verlangsamt sich jetzt alles. Sehr viele Termine in den nächsten Monaten musste – und konnte – ich absagen. Ich habe gemerkt: Ich habe mir zuviel aufgehalst und zuviel zugemutet. Und ich sehe gerade, wie viele Freunde ich habe, an die ich nicht mehr gedacht hatte, die ich leider aus dem Auge verloren habe. Sie melden sich und sprechen mir Mut zu. Das sind schöne Momente.“

Mehr Zeit für Freunde 

Er sei zwar Agnostiker, trotzdem sehe er in dem Unfall und den Folgen auch  etwas Schicksalshaftes: „Das ist dir jetzt widerfahren, weil du vielleicht die letzte Chance hast, dich noch einmal zu konzentrieren auf das, was wichtig ist. Sich mehr den Menschen zuzuwenden, die man vernachlässigt hat.“

Für Menschen in Not, denen er helfen könne, werde er dennoch weiterhin da sein. Auch vom Krankenbett aus: „Mit dem Telefon kann ich zum Glück viel machen.“

Wallraff blieb, die Zimmernachbarn wechselten

Freude machen Wallraff die Bekanntschaften mit seinen wechselnden Doppelzimmer-Nachbarn: „Ich hatte schon drei verschiedene Bett-Nachbarn, allesamt liebenswürdige Menschen, mit denen ich gute Gespräche hatte. Man kommt in so einem Krankenhaus mit vielen verschiedenen Menschen zusammen, das tut gut.“

Er habe die ganze Station mit Schoko-Osterhasen versorgt, die ihm sein aus Mannheim angereister Freund Richard Brox neben viel Obst mitgebracht hatte. Der früher obdachlose Brox war vor Jahren bei Wallraff in Ehrenfeld untergekommen und hatte über sein Leben einen Bestseller geschrieben.

Besuch vom prominenten Tischtennispartner

Neben seiner Familie (Wallraff ist zum dritten Mal verheiratet und hat fünf Töchter) bekam der Star-Journalist auch schon Besuch von einem seiner prominenten Tischtennispartner – dem SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach.

„Ich habe ihm gesagt, dass es noch etwas dauern wird, bis wir wieder gegeneinander spielen können – oder wir spielen auf einem Bein.“ (ksta)

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