Nach ProtestKölner Politik verwirft Bebauungspläne für das Belgische Viertel

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Belgisches Viertel Bebauungsplan

Das Belgische Viertel ist ein beliebter Treffpunkt für junge Leute. Der Lärm wird zunehmend zu einem Problem für die Anwohner.

  • Ein neuer Bebauungsplan für das Belgische Viertel sollte schon vor sechs Jahren die Gastronomie begrenzen.
  • Jetzt wurden die Pläne gekippt. Wie es dazu kam – und was die Entscheidung bedeutet.

Köln – Alles auf Anfang. An dem Bebauungsplan für das Belgische Viertel, der vor sechs Jahren initiiert wurde, um die Zahl der gastronomischen Betriebe zu beschränken, wird erstmal nicht weitergearbeitet. Das hat der Stadtentwicklungsausschuss bei seiner Sitzung am Dienstag mit den Stimmen von CDU, Grünen, Volt und SPD beschlossen. Die FDP und die Linke votierten für den Bebauungsplan.

Einst wurde der Plan in die Wege geleitet, um das Belgische Viertel ausgewogener zu gestalten: Mehr Wohnungen, nicht aber noch mehr Restaurants und Kulturstätten. Dagegen regte sich aus der Stadtgesellschaft in den vergangenen Jahren Widerstand – nicht nur von gewerblicher Seite.

Die große Sorge: Kulturelle Angebote könnten langfristig in andere Viertel verdrängt werden. In verschiedenen Anträgen hat die Politik die Verwaltung zuletzt beauftragt, die Einwände für die finale Gestaltung des Bebauungsplans genauer zu berücksichtigen. Dem ist die Verwaltung nicht ernsthaft nachgekommen, heißt es nun aus der Politik – und der Bebauungsplan ist gekippt.

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Venturini: Bebauungsplan ist keine Lösung für den Lärm

Vor allem gehe es um Rücksichtnahme und den Schutz der Anwohner vor Partylärm, so Niklas Kienitz von der CDU: „Die Frage ist, ob man mit Mitteln des Bebauungsplans die Situation ändern kann.“ Es gelte nun, mit Gesprächen im „vorpolitischen Raum“ Konzepte gegen Müll und Lärm bis tief in die Nacht zu finden. Ähnlich sah es Isabella Venturini (Volt): „Ein Bebauungsplan verhindert nicht, dass eine Gruppe von FC-Köln-Fans rumgrölt.“ Er sorge nur dafür, dass sich künftig keine weitere Gastronomie ansiedele.

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Die Entscheidung der Politik wird von der Interessensgemeinschaft Belgisches Viertel, ein Zusammenschluss von 236 Anwohnerinnen und Anwohnern sowie 68 Unternehmern und Gastronominnen aus dem Viertel, begrüßt. „Die Problematik des Bebauungsplans lässt sich nicht nur auf die berechtigten Einwände der Gastronomen verengen“, sagt Matthias Selig, Initiator einer Petition gegen den Bebauungsplan, die von der gesamten Interessensgemeinschaft unterstützt wird.

Anwohner lehnen Bebauungsplan ab

Seine Petition, die mehr als 1500-mal unterschrieben wurde, habe ebenso wie eine von Bezirksbürgermeister Andreas Hupke initiierte Abstimmung deutlich gemacht, „dass es eine deutliche Mehrheit im Viertel gibt, die den Bebauungsplan ablehnt“. Diese Mehrheit bestehe zum allergrößten Teil aus Anwohnern. „Es geht nicht um Gastronomie gegen Anwohner“, sagt Seling.

Auch er appelliert an die Verwaltung, endlich ernsthaft ins Gespräch zu kommen. „Die Stadtverwaltung sollte sich – anstatt einen alten Geist von 2016 wieder aus der Flasche zu lassen – endlich mit allen Akteuren zusammensetzen“, fordert Seling. Durch den Verlust von Kulturstätten in Ehrenfeld ziehe es viele junge Menschen ins Belgische Viertel. „Es müssen neue Flächen geschaffen werden, nur so kommt es zu einer Entzerrung“, fordert er.

Sterck: Entscheidung ist ein herber Rückschlag

Ralph Sterck von der FDP zeigte sich „entsetzt“ über das Aus für den Bebauungsplan. Pöbeleien, Müll oder wildes Urinieren hätten im Belgischen Viertel zugenommen: „Ein Bebauungsplan ist ein Mittel, um die Dinge nicht weiter eskalieren zu lassen.“ Bürgerinnen und Bürger im Belgischen Viertel würden weiterhin „viele schlaflose Nächte“ haben, so Sterck. Die Entscheidung sei ein herber Rückschlag, Fehlentwicklungen würden sich weiter verstärken.

Einige Mitglieder des Ausschusses seien offensichtlich der IG Belgisches Viertel „auf den Leim gegangen“, vermutete Michael Weisenstein von der Linken. Sie habe den Bebauungsplan als Tod für die Gastronomie verstanden. Das wäre aber nicht der Fall gewesen: Es wäre lediglich verhindert worden, dass neue Lokale öffnen, die weiteres Publikum von außerhalb ins Quartier lockten.

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