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Nach sieben JahrenFall um in Köln erstochenen 15-Jährigen wird neu verhandelt

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Der Junge wurde auf dem Takufeld in Ehrenfeld erstochen.

Köln – Acht Jahre ist es her, dass der damals 15-jährige Marlon auf dem Takufeld in Ehrenfeld erstochen wurde; von einem Nachbarn aus der Schausteller-Szene, nach einem Streit um einen Hund. Im März 2013 hatte das Kölner Landgericht den Täter wegen Totschlags verurteilt, wegen eines Formfehlers des Richters hob der Bundesgerichtshof das Totschlag-Urteil auf, der heute 66-jährige Angeklagte wurde am 9. Januar 2014 aus der U-Haft entlassen. 

Köln: Neuer Prozess sieben Jahre nach erstem Urteil 

Seitdem ruhte die Akte, wegen Überlastung des Kölner Landgerichts wurde kein neuer Termin bestimmt; nun soll eine Hilfskammer um den Vorsitzenden Richter Achim Hengstenberg den Fall noch in der ersten Jahreshälfte verhandeln. 

„Selbstverständlich begrüßt die Familie, dass der Prozess nun hoffentlich abgeschlossen wird. Aber es war schmerzhaft, so lange auf die Fortsetzung warten zu müssen“, sagt der Kölner Rechtsanwalt Frank Hatlé, der die Familie des toten Jungen mit seinem Kollegen Tobias Westkamp als Nebenkläger begleitet. Es sei unglücklich, dass so viel Zeit vergangen sei. Der Prozess werde alte Wunden wieder aufreißen. 

Köln-Ehrenfeld: Messerstich traf Marlons Herz

„Ich habe gesehen, wie er meinem Sohn das Messer in die Brust gerammt hat. Marlon ist noch drei Meter gelaufen, dann brach er zusammen. Das war der schlimmste Tag in meinem Leben“,  hatte die Mutter des getöteten 15-Jährigen im Zeugenstand ausgesagt. 

Marlon starb durch einen Messerstich ins Herz, die Attacke ereignete sich in unmittelbarer Nähe des Wohnwagens der Familie, die auf dem Takufeld lebte. Marlons Vater war zuvor mit dem Nachbarn in Streit geraten, weil der den trächtigen Yorkshire-Terrier der Familie getreten haben soll. Der Junge war seinem Vater gefolgt, was der Angeklagte als bedrohlich empfunden haben soll, woraufhin er ein Messer gezogen hatte. 

Die Verteidiger Abdou Gabbar und Marco Heyman hatten in erster Instanz von einem Unfallgeschehen gesprochen und Freispruch gefordert, die Staatsanwaltschaft, die ursprünglich sogar von Mord aus Heimtücke ausgegangen war, hatte zehn Jahre Gefängnis wegen Totschlags beantragt. Der damalige Richter Heinz Hemmers entschied letztlich auf fünf Jahre Haft. 

Köln: Richter beging Formfehler im Prozess

Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil kassiert, da der Richter es in der Verhandlung versäumt hatte, den Angeklagten über die Zeugenaussage der Schwester des Getöteten aufzuklären; das traumatisierte Mädchen hatte in Abwesenheit des Täters ausgesagt, da sie den Anblick des Mannes nicht ertragen konnte. 

Der Formfehler reichte aus, dass ein Prozess mit 15 Verhandlungstagen, 40 Zeugen und Ortstermin am Tatort in Ehrenfeld wiederholt werden muss; härter bestraft werden kann der Angeklagte, der bereits 21 Monate in U-Haft gesessen hat, nicht, da lediglich die Revision der Verteidigung greift. Unter Berücksichtigung der überlangen Verfahrensdauer dürfte ein erheblicher Strafrabatt zu erwarten sein. Geht man davon aus, dass ein Häftling oftmals nach Verbüßung von Zweidritteln der Strafe freikommt, muss der 66-Jährige, sollte er erneut schuldig gesprochen werden, wohl nur noch für kurze Zeit ins Gefängnis.

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