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Nachbarschaftshilfe in KölnItalienisch-kölsche Gastronomen rücken zusammen

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Die italienischen Gastronomen aus der Südstadt rund um den Kreisverkehr „Bananeninsel“ an der Rolandstraße/Bonner Straße hält in der Krise zusammen – nur an den Händen halten dürfen sie sich in Corona-Zeiten natürlich nicht.

Die italienischen Gastronomen aus der Südstadt rund um den Kreisverkehr „Bananeninsel“ an der Rolandstraße/Bonner Straße hält in der Krise zusammen – nur an den Händen halten dürfen sie sich in Corona-Zeiten natürlich nicht.

Südstadt – Die Türen sind geschlossen, alle Tische unbesetzt, aber sie sind alle noch da, und in Zeiten der Krise noch näher zusammen gerückt: Die italienische Gastro-Szene im Häuser-Blocks zwischen Bonner Straße, Zugweg, Ohmstraße und Rolandstraße steht in regem Austausch miteinander. In Zeiten, in denen Abstand halten das oberste Gebot ist, rückt man hier näher zusammen und unterstützt sich gegenseitig – mit bürokratischer Hilfe, gegenseitiger Werbung oder auch nur ein paar Portionen Hefe.

Die nun ganz besonders intensiven Freundschaften unter den italienischen Südstadt-Gastronomen führen zurück auf viele Tage der Ungewissheit. An den Moment, als sie erfuhren, dass sie ihren Laden schließen mussten, schildern die Betreiber vom „Little Italy 677“: „Manche Dinge haben wir teilweise zuerst aus den Nachrichten erfahren und nicht von den offiziellen Stellen. Und natürlich fragt man sich da: Wie gehen die anderen damit um, was können wir für uns lernen?“, sagt Inhaber und Küchenchef Mariano Li Pira. „Wir haben direkt die Kollegen vom 485 Grad kontaktiert: Was werdet ihr jetzt machen?“

Enger Austausch zwischen den Pizzabäckern

Die Pizzabäcker stehen seitdem in engem Austausch – es wurden keine Teigrezepte, aber betriebswirtschaftliche Tipps geteilt. Dafür sind die Gastronomen in diesen Zeiten einander besonders dankbar, denn gerade für Li Pira und seinen Geschäftspartner André Pinto da Silva bedeutet die Corona-Krise einen schweren Rückschlag. Erst vor zwei Jahren haben sich der italienische Koch und der brasilianische Barkeeper mit ihrem Fusions-Konzept aus italienischer und amerikanischer Küche selbstständig gemacht und damit den Schritt ins Unternehmertum gewagt. Mit allen Chancen und Risiken. Die großen Umsätze bleiben aus, seit März – und die staatliche Förderung zu bekommen, fällt auch nicht allen leicht. „Der ganze Papierkram mit der Soforthilfe, wer blickt da schon alleine durch?“, schimpft Luigi Di Dio, Betreiber der „Sport Bar“ am Ohmplatz. Der Laden des Sizilianers liegt direkt gegenüber vom Little Italy. „Sonst hat man sich gegenseitig besucht und einen Espresso getrunken. Jetzt füllen wir gemeinsam Förderanträge aus. Uns geht es schließlich allen gleich.“

Alles zum Thema Bonner Straße (Köln)

Der gegenseitige Support beschränkt sich aber nicht nur aufs Büro – manchmal kann es auch zu Corona-Zeiten in der Küche eng werden. Nachdem viele Gastronomen ihre Kühllager bei der Schließung räumen mussten – Julia Lumperda vom 485 Grad hat die verderblichen Lebensmittel zum Teil an Passanten auf der Bonner Straße verschenkt – werden manche Zutaten auch im derzeitigen reinen Abhol-Geschäft manchmal knapp. Ganz im Sinne des neu entflammten Nachbarschaftsgefühls kann man auch bei der Konkurrenz ein paar Pakete Mozzarella abholen und schenkt sich sogar heiß begehrte Zutaten wie Hefe. Da braucht es auch keine lange Diskussion: „Wir sitzen schließlich alle im gleichen Boot“, so Milena Vigani, die seit 16 Jahren mit dem Restaurant „La Locanda“ in der Südstadt beheimatet ist. Wenn einem Kollegen Thunfisch, Scampi oder Sardinen ausgehen, war sie schon des Öfteren bereit, kurzfristig Abhilfe zu schaffen. „Es ist schön, dass wir wieder eine kleine italienische Gemeinde sind. Wir müssen jetzt alle zusammen halten.“

Wurzeln vieler Familien liegen in Bergamo

Obwohl die Gastronomin sardische Spezialitäten serviert, hat sie ihre Wurzeln und immer noch viel Familie in Bergamo, wo besonders viele Menschen dem Virus zum Opfer fielen – deswegen hat Vigani auch Verständnis für die aktuellen Einschränkungen.

Aufgeben will sie aber ebenso wenig wie ihre Kollegen. „Wir hatten vorher alle gut zu tun. Und ich hoffe, dass das bald wieder so ist.“ Vigani erinnert sich gerne zurück an die Fußball-Feiern im Zugweg, die ihr Nachbar und langjähriger Freund Carmelo Bennardo vom „Formula Uno“ ins Veedel gebracht hatte.

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Auch Bennardo selbst träumt sich dieser Tage gerne in diese Zeiten zurück. Sein Café ist für Fußball-Rudelgucken bekannt. Dafür prangt ein neues Motto über seinem Laden: „Andrà tutto bene“ (deutsch: Alles wird gut). Aus dem italienischen Durchhalte-Motto hat der Sänger Jack Savoretti eine Hymne gemacht, die täglich von den Fenstern und Balkonen Italiens gesungen wird. Auch aus dem Formula Uno schallt sie heraus auf die Straßen der Südstadt.

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