Neuer BeschlussStadt Köln soll Hotelzimmer tagsüber und nachts für Obdachlose öffnen

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Ein wohnungsloser Mensch auf der Kölner Schildergasse.

Köln – Es könnte ein wegweisender Beschluss sein: Künftig soll die Stadt Hotelzimmer und andere Unterkünfte für Obdachlose nicht nur nachts, sondern auch am Tag zur Verfügung stellen. Die Verwaltung soll daher Plätze anmieten oder nicht genutzte Unterkünfte in Sozialhäusern oder in der Flüchtlingsreserve aufsperren, beschloss der Sozialausschuss einstimmig auf Antrag von Grünen, CDU und Volt. Ziel sei es, weniger Sammelunterkünfte und mehr Einzelzimmer anzubieten, in denen sich Obdachlose 24 Stunden am Tag aufhalten können. Die Unterkünfte sollen zunächst bis Ende März bereitgestellt werden.

„Während Menschen mit einer eigenen Wohnung die vorgegebenen Kontaktbeschränkungen gut einhalten können, kann Covid-19 für Obdachlose lebensgefährlich sein, da die Mehrheit der Hochrisikogruppe angehört und Kontaktreduzierungen in Notschlafstätten kaum möglich sind“, begründete Marion Heuser (Grüne) den Antrag. „Nur so können sich die Menschen ausreichend vor der Corona-Pandemie schützen."

„Historischer Erfolg” für Obdachlose in Köln

Die Sozialistische Selbsthilfe Mülheim (SSM), die sich für Obdachlose einsetzt, bewertet den Beschluss des Sozialausschusses als „historischen Erfolg“. Kein Obdachloser müsse in Köln künftig „in überbelegten Schlafstellen kampieren“, niemand werde morgens „bei Kälte, Wind und Wetter auf die Straße gesetzt“, so der SSM in einer Mitteilung. Dieses Recht sei wohnungslosen Menschen bislang von er Stadt verweigert worden, obwohl das Oberverwaltungsgericht Münster bereits entschieden hatte, das obdachlosen Menschen nicht nur nachts, sondern auch tagsüber ein Schutz vor der Witterung geboten werden müsse. „Die offensichtlich widerrechtliche Verwaltungspraxis, Obdachlose nur für die Nacht in Sammelunterkünften unterzubringen, darf auch nach der Corona-Krise nicht fortgesetzt werden.“

Das Gericht hatte der Stadt aufgetragen, eine obdachlose Familie besser unterzubringen. Die drei Erwachsenen und zwei Kinder lebten bis dahin in einem 30 Quadratmeter großen Hotelzimmer. Das Gericht sah dagegen neun Quadratmeter pro Person als notwendig an. Zudem müsse sich ein Obdachloser 24 Stunden lang in geschlossenen Räumen aufhalten können. Die Winterhilfe der Stadt, die Wohnungslosen vor allem nachts ein Quartier garantiere, erfüllt offenbar nicht die Vorgaben des Gerichts.

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Die SPD forderte im Sozialausschuss zudem, das Konzept „Housing First“ auszuweiten. Wohnungslose erhalten hier zunächst eine Wohnung, anschließend wird der Hilfebedarf ermittelt. Angesichts der niedrigen Temperaturen sagte der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Paetzold: „Wir brauchen echte Unterbringungsmöglichkeiten, in denen sich die Menschen sowohl tagsüber als auch nachts aufhalten können. Das muss die Stadtverwaltung jetzt rasch anpacken.“ Ziel sei es, dass die Stadt sich um die Obdachlosen kümmere und sie mit Wohnungen versorge, „damit sie die Chance haben, dauerhaft aus der Obdachlosigkeit herauszukommen“.

Mehr Toiletten im öffentlichen Raum

Die Linke warb weiterhin für mehr sanitäre Anlagen für Obdach- und Wohnungslose im öffentlichen Raum, etwa am Wiener Platz. Durch die Schließung von öffentlichen Einrichtungen wie Bezirksrathäusern, aber auch Gaststätten fielen die meisten allgemein zugänglichen Toiletten im öffentlichen Raum aus. Das betreffe neben der Innenstadt besonders die Bezirkszentren, wo sich viele Obdachlose aufhielten. „Der freie Zugang zu Toiletten muss gewährleistet sein. Hier muss die Stadtverwaltung dringend eine Lösung suchen“, so Jörg Detjen.

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