Neuer Sportbund-Chef„Köln ist einfach keine Sportstadt“

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Kölns Sportbund-Chef Peter Pfeifer beim Gespräch in der Redaktion

Kölns Sportbund-Chef Peter Pfeifer beim Gespräch in der Redaktion

Köln – Die Kölner Sportvereine haben Peter Pfeifer zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt. Der 65-Jährige hat sich als streitbarer Vorsitzender der Sportjugend einen Namen gemacht.

Herr Pfeifer, wie steht es um die Förderung des Sports in der Stadt, die sich gerne selbst als „Sportstadt Köln“ vermarktet?

Das, was die Stadt mit „Sportstadt“ verbindet, ist zumeist Sportentertainment. Das ist schön, das soll es geben. Aber das hat kaum etwas mit dem Sport zu tun, den wir vertreten. Die Stadt sollte sich nicht mehr „Sportstadt“ nennen, weil sie einfach keine ist.

Die Stadt hat die Zuschüsse für den Breitensport erhöht und Hallennutzungsgebühren gestrichen. Ist das nichts?

Die Streichung der Hallengebühren war das mindeste was man erwarten konnte nach den letzten Jahren. Das sehe ich nicht als Geschenk oder als Ausdruck besonderer Wertschätzung. Die Erhöhung der Zuschüsse ist zwar gut, aber leider nicht wirklich nachhaltig.

Vieles von dem Geld, das jetzt bereitgestellt wurde, ist auf 2018 beschränkt. Es wird nicht so einfach sein, zum Beispiel die bereitgestellten zwei Millionen für Kleinst- und Kleinreparaturen oder kleinere Bauprojekte komplett in 2018 abzurufen. Dazu bedarf es wohl auch der Entfesselung von städtischen Regularien.

Woran fehlt es?

Es fehlt uns an allen Ecken. Sportvereine sind heute in vielen gesellschaftlichen Bereichen tätig. Wir machen Bildungsarbeit, sind in Kindergärten und Schulen. Wir versuchen seit einigen Jahren im Sport, die schwierige Aufgabe der Inklusion zu schultern, und leisten den größten und vor allem schnellsten Beitrag zu Integration. Von wem werden wir dabei für Personalkosten unterstützt? Vom Landessportbund, von der Stadt nur sehr bescheiden.

Geld der Stadt wird nicht gerecht verteilt

Sie haben sich mit der Oberbürgermeisterin getroffen. Was ist dabei herausgekommen?

Ich bin jetzt 13 Jahre als Vertreter des Sports unterwegs und höre immer wieder, dass die Möglichkeiten des städtischen Haushalts eben beschränkt sind, wenn es um die Forderung nach mehr, eigentlich selbstverständlicher Unterstützung für den Sport geht. Und wenn man es wagt, zu fragen, ob denn das Geld der Stadt richtig verteilt wird, dann wird das hier und da als unanständig empfunden. Dann heißt es: Ihr dürft doch nicht das eine gegen das andere ausspielen. Sich gegeneinander ausspielen könnte man aber allerhöchstens auf Augenhöhe. Wir sind aber alles andere als auf Augenhöhe.

Wo wird Ihrer Meinung nach zu viel ausgegeben?

Mir ist völlig unverständlich, dass ein Opernhaus für über 500 Millionen Euro für eine kleine Minderheit saniert wird und dann auch noch der laufende Betrieb mit Millionen hoch subventioniert werden muss.

Wir vertreten weit über 200.000 Menschen, die in Vereinen Sport treiben und eine große Zahl vereinsungebundener Sportler. Und die werden mit 25 bis 30 Millionen Euro pro Jahr unterstützt und leben seit Jahren mit sanierungsbedürftigen oder gar geschlossenen oder nicht vorhandenen Sportstätten. 

Wir haben zum Beispiel zehn Jahre gebraucht, um 800.000 Euro für eine erhöhte Jugendbeihilfe zu erstreiten. Was ist das für ein winziger Betrag, wenn man ihn mit den Opern-Subventionen vergleicht? Die Relationen stimmen nicht.

Pfeifer droht mit Bürgerbegehren

In Bonn hat der Plan, mit einem Bürgerbegehren für eine Kürzung der Opernzuschüsse zu sorgen, damit mehr Geld für den Sport, die freie Kultur oder Kinderbetreuung zur Verfügung steht, für Wirbel gesorgt. Ist das auch in Köln denkbar?

Natürlich denken wir inzwischen darüber nach. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir ähnlich wie in Bonn gezwungen sind, ein Bürgerbegehren zu initiieren. Dann werden wir auch sehen, dass nicht nur unsere Mitglieder diesen Umgang mit Mitteln ungerecht finden. Aber ein Bürgerbegehren ist natürlich nur eine Ultima Ratio.

Zurzeit arbeiten viele fleißig an einem Sportentwicklungsplan für die Stadt. Der Begriff lässt auf Großes hoffen. Werden denn hier den Worten viele Taten folgen?

Wir sind wirklich froh über diese Entwicklung. Aber wir wissen auch, dass viele schöne Pläne in der Vergangenheit in den Schubladen verschwunden sind. Wir haben die Befürchtung, dass das wieder so kommen könnte.

Mehr Flächen für Sportstätten

Wir haben Frau Reker gefragt, ob denn ein zusätzliches Budget vorgesehen ist, um den Plan auch umsetzen zu können. Wir haben keine derartige Zusage erhalten. Wir wollen nicht, dass es bei einem Diskussionszirkel bleibt. Wir werden im Verbund mit vielen Vereinen und Verbänden in dieser Stadt aufpassen.

Welche Ziele sollten in so einem Entwicklungsplan stehen?

Wichtig ist zum Beispiel, dass bei der Planung neuer Wohnviertel neben Flächen für Kitas und Schulen auch solche für den Sport ausgewiesen werden. Es müssen Bewegungsräume aller Art geschaffen werden. Und zwar schnell.

Zum Beispiel bei der Erweiterung von Widdersdorf, wo man fast vorbildlich Sportflächen parallel geplant hat, haben wir dennoch quälend lange über eine vermutete Population Feldhamster diskutieren müssen. Wenn die Stadt es ernst meint mit der Herausforderung, sich dem Bevölkerungswachstum bei begrenztem Raum zu stellen, kann sie sich solche lähmende Diskurse nicht mehr leisten. Das muss stringenter und effizienter gehen. Die Menschen und ihre Bedürfnisse sollten ganz oben auf der Agenda stehen, auch im Bestand.

Stadion muss in Köln bleiben

Um die Frage der Flächennutzung ging es auch bei der Diskussion um die Erweiterung der Sportanlagen des 1. FC Köln im Grüngürtel…

Wir gehörten zu den wenigen, die es gewagt haben, in den ziemlich aggressiven Debatten vor Ort, für den FC die Stimme zu erheben. Das gilt auch immer noch.

Kann der FC auch auf ihre Unterstützung bei seinem Wunsch nach einem größeren Stadion setzen?

Ich selbst bin klar dafür, dass das Stadion da bleiben muss, wo es jetzt ist. Ich glaube, dass die Idee, ein neues Stadion im Umland zu bauen, für Köln und die Kölner nicht gut ist. Wir sollten genug kluge Köpfe haben, die das Stadion an seinem Standort in Müngersdorf ausbauen können.

Nebenan verwaist das Radstadion. Was soll damit geschehen?

Wir möchten, dass es weiter existiert und weiter funktioniert. Es sollte nicht brach liegen. Köln war ein Zentrum für den Radsport. Warum sollte es das nicht wieder werden? Der Standort direkt neben der Sporthochschule ist gut, könnte sogar eine multifunktionelle Sportstätte werden, wenn der politische Wille dazu da wäre. Wir könnten uns zudem vorstellen, wenn es denn entsprechend umgebaut und finanziert werden kann, dort mit unserer Geschäftsstelle einzuziehen.

Zu Pfeifer und dem Sportbund

Die Kölner Sportvereine sind im Stadtsportbund organisiert, um die Interessen ihrer Mitglieder und des organisierten Sports gemeinsam vertreten zu können. Sie haben Peter Pfeifer zu ihrem neuen Vorsitzenden gewählt, nachdem Vorgänger Klaus Hoffmann sein Amt abgegeben hatte. Somit ist Pfeifer erst einmal nur für den Rest von Hoffmanns Amtszeit – also nur für ein Jahr – gewählt worden. Ob er danach weiter macht, hält er noch offen.

Der 65-Jährige hat sich als streitbarer Vorsitzender der Sportjungen einen Namen gemacht, der er 12 Jahre lang vorstand. In die Gremien des organisierten Sports kam er als Vorsitzender des SV Lövenich. Der Fußballer, Leichtathlet und Bergsteiger war als Informatiker bis zu seinem „Ruhestand“ selbstständiger Chef eines Softwarehauses.

Zu den organisatorischen Veränderungen im Stadtsportbund, die er durchsetzen will, gehört die Einrichtung eines Beirats mit erfahrenen und auch prominenten Vertretern des Sports, um die Lobby für den Breitensport in der Stadt weiter zu verbessern. 

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