Neuer Trend Painting PartiesMalen und feiern ist auch in Köln angesagt

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Mal was anderes: Autorin Stefanie Grube versucht sich an einem Dom vor blauem Himmel.

Mal was anderes: Autorin Stefanie Grube versucht sich an einem Dom vor blauem Himmel.

Köln – Es fängt schon bei der Auswahl des Weins an. Ist es in Ordnung, mit einer halbvollen Flasche Rosé aufzutauchen? Ich bin auf dem Weg zu einer so genannten „Painting Party“ in Ehrenfeld. Zwei Stunden lang werde ich ein Bild in lockerer Feierabend-Atmosphäre malen. Mitbringen soll ich meinen eigenen Wein, der Malabend kostet 39 Euro. Ich verzichte mit Blick auf meinen Job auf den Alkohol, Wasser ist im Preis inklusive. Mal-Partys sind im Trend: In den USA gibt es seit 2012 PaintNites mit riesigem Erfolg, in Berlin finden solche Malpartys unter dem Titel Artnight statt, in München gibt es Art-Masters. In Köln gibt es die Painting Partys. Und ich bin dabei.

„Viele der Teilnehmerinnen heute sind Wiederholungstäterinnen“, sagt Gründerin Kirstin Baldwin, als ich ihren Malsalon betrete. „Wir haben mittlerweile ein Stammpublikum, das oft wiederkommt.“ Ich hatte den kleinen Laden auf der Venloer Straße zwischen Gürtel und Leyendeckerstraße von außen nie wahrgenommen. Drinnen ist es bunt, und es riecht, wie es sich für ein Atelier gehört: nach Farbe. Ich bin relativ früh da und kann mir einen Platz aussuchen. Mehrere kleine Hocker stehen vor großen Holztischen. Ich wähle einen Platz, von dem ich vermute, dass ich Baldwin und ihre Staffelei gut sehen kann.

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Vor mir auf dem Tisch steht eine leere Leinwand, daneben ein Glas Wasser und drei Pinsel. Ein Pappteller mit dicken Hügeln aus Farbe, die auf mich sehr bunt und grell wirken, liegt unterhalb der Staffelei. Ich kann mir nicht vorstellen, dass daraus ein ansehnliches Bild werden soll.

Dabei ist das Motiv schon klar: Das entscheidet man nämlich mit der Kursbuchung. Ich zum Beispiel bin auf der Veranstaltung „Köln im Frühling“. Das Bild, das irgendwann einmal entstehen soll, sieht man schon im Vorhinein auf der Webseite: Der Kölner Dom im Hintergrund, vorne eine grüne Wiese mit Gänseblümchen. Insgesamt gibt es über 90 Motive, die man an verschiedenen Abenden malen kann. „Fresh Flowers“ heißt ein anderes Motiv, „Mandelblüten“ oder „Altstadt“ sind weitere.

Seit zwei Jahren in Ehrenfeld

„Mal was anderes“ ist das Motto der Veranstaltungen, die es nun schon seit zwei Jahren in Ehrenfeld gibt. Baldwin stammt aus Houston, Texas – das merkt man nur leicht an ihrem Akzent, aber stark an ihrer Art, die Menschen, die heute Abend gekommen sind, zusammenzubringen. Sie begrüßt jeden überschwänglich. Eine Teilnehmerin ist mit ihrer Mutter da, die schon über 80 ist. Sie spricht weder Deutsch noch Englisch, nur Französisch. Kein Problem, sagt Baldwin. Zwei andere Teilnehmer haben sich verspätet, es ist schon 19 Uhr. Kein Problem, sagt Baldwin. Ich bekomme noch eine Schürze und Tipps, wie ich, falls nötig, die Acrylfarbe wieder aus meiner Kleidung bekomme. Kein Problem, sagt sie.

Neben mir sitzt eine Teilnehmerin, die schon einmal hier war. Sie wird immer wieder aufmunternde Worte in meine Richtung fallen lassen, wenn ich sehr kritisch auf meinen halbfertigen Dom schaue und ihn mir selbst mies mache. Ich bin die einzige, die ohne Begleitung gekommen ist, alle anderen haben mindestens eine Freundin dabei. Das ist aber nicht weiter wild: Zwar malen wir wirklich die zwei Stunden durch, so dass man die Zeit in Ruhe für sich nutzen kann. Sich in die Gespräche der anderen einzuklinken, wäre aber auch ein Leichtes.

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Köln im Frühling lautet das Motto der Painting Party

Wir beginnen mit dem Himmel, mischen das Blau mit weißer Farbe. Baldwin zeigt vorne an ihrer Staffelei, wie man es machen kann. Dann gibt es Zeit für uns, um das Gezeigte selbst umzusetzen. Baldwin dreht die Musikanlage auf, es kommt 90er-Musik von Whitney Houston mit „I wanna dance with somebody“ und „We're going to Ibiza“ von den Vengaboys. Baldwin geht durch die Reihen und kommentiert die Bilder: „I like that!“, sagt sie, oder „pretty“.

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Seit zwei Jahren finden die Painting Partys in Köln statt.

Kirstin Baldwin lebt seit über zwei Jahren in Köln. Sie hat die Stadt gezielt als Wohn- und Arbeitsort ausgesucht. „Ich war oft in Deutschland und konnte mir gut vorstellen, dass meine Partys bei den geselligen Kölnern gut ankommen“, erzählt sie. Bald wird ein zweites Studio in Frankfurt eröffnet, das Baldwin zusammen mit einer Partnerin leiten wird. Es läuft also gut. „Ich glaube aber dennoch, dass es noch etwas Zeit braucht, bis sich die Painting Partys wirklich in der breiten Masse durchgesetzt haben“, sagt Baldwin.

Mein Dom, der auf meinem blauen Himmel thront, ist etwas düster geworden. Ich versuche, ihn mit etwas Weiß freundlicher zu gestalten. Das klappt nur bedingt. Ich schaue zu der Dreiergruppe neben mir, die Weißwein mitgebracht hat und auch sonst irgendwie professionell wirkt. Hier sitzt auch der einzige Mann unserer Runde. Ich frage, ob wohl auch jemand, der nicht in Köln wohnt, meinen Dom als solchen erkennen würde. „Aber dann erst recht“, sagen die drei aufmunternd. Ich scheine die kritischste Person vor Ort zu sein.

Baldwin ist Malerin und architektonische Zeichnerin. Die meisten der Motive für ihre Veranstaltungen malt die 53-Jährige selbst, manche stammen von befreundeten Künstlern. „Natürlich kommen Motive mit dem Dom oder Köln immer gut an“, sagt sie. In ihrem Malsalon gibt es nicht nur die abendlichen Painting Partys, mittwochs bis sonntags kann man tagsüber auch Keramiken anmalen.

Die Gänseblümchen im Vordergrund meines Bildes könnten noch einiges retten. Meine Nachbarin erzählt, dass sie ihr Bild verschenken will. Eine gute Idee, denke ich. Vielleicht für jemanden aus der Familie. Und dann bin ich fertig mit Malen.

Nach den zwei Stunden bin ich doch überrascht, wie entspannt sich das Kunst machen anfühlt. Es war wirklich nicht anstrengend, ich fühle mich entspannter als vorher. Und das mit dem vorgegebenen Motiv hat auch hingehauen – ich bin begeistert vom Können der anderen „Party-Gäste“. Draußen regnet es mittlerweile, ich werde mein Kunstwerk später abholen.

Ich fühle mich motiviert durch all die netten Kommentare beim Malen, ganz ohne Kritik. Nach einem langen, hektischen Arbeitstag bietet die Malparty trotz aller Konzentration meditative Entspannung. Und mir gelingt es endlich, die harte Kritikerin in mir für eine Weile auszuschalten. www.paintingpartys.de

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