Nicht nur KasallaAuch diese Bands sind in der Ticket-Krise – Warnung vom Arena-Chef

Lesezeit 4 Minuten
kasalla1

Im Juni rockte Bastian Campmann mit Kasalla im Kölner Stadion.

Köln – Wenn eine Band ein Konzert oder gar eine Tournee absagen muss, werden in der Regel „produktionstechnische Gründe“ angeführt. Was sich dahinter verbirgt, ist in der Musikbranche kein Geheimnis: Es wurden zu wenig Karten verkauft. Aber wer redet schon gerne darüber? Kasalla hat das Problem nun öffentlich gemacht – und die Kölner Erfolgsband ist kein Einzelfall. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, befinden sich derzeit viele nationale Künstler in der Ticket-Krise.

„Es gibt Nachrichten, die will man nicht schreiben, Dinge, die will man nicht aussprechen“, posteten die fünf Musiker vor wenigen Tagen in den sozialen Medien und erklärten die Absage ihrer geplanten Europa-Tournee. Der Ticketverkauf sei nicht ansatzweise so gewesen, wie sich die Musiker das vorgestellt hatten und es von früheren Deutschland-Tourneen gewohnt waren, sagte Sänger Bastian Campmann.

Kasalla: Kölner Band muss Europa-Tour absagen

In der Tat war die Kölner Band zuletzt erfolgsverwöhnt: Im Juni spielte sie im ausverkauften Rhein-Energie-Stadion vor 41.000 Zuschauern, und ihr  Auftritt beim Parookaville-Festival musste wegen zu großen Andrangs vor der Bühne sogar abgebrochen werden. 

Man sei mit dem schlechten Vorverkauf bei weitem nicht allein, sagen die Kölner. Das zu überprüfen ist schwierig. Denn in der Musikbranche wird darüber nicht gern gesprochen. Große Tour-Veranstalter, wie das in Köln ansässige Dirk-Becker-Entertainment, wollen sich auf Anfrage nicht zu dem Thema äußern.

Ein langjähriger Mitarbeiter eines bekannten Musik-Labels macht dies nur anonym: „Die ganz großen und international gefragten Künstler laufen nach wie vor gut. Gleiches gilt für Festivals wie Wacken, das ausverkauft ist. Aber die mittleren, nationalen Acts haben derzeit alle Probleme. Und dazu zählen auch Kasalla – auch wenn sie im Rheinland eine Riesennummer sind.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Derzeit gebe es ein Überangebot bei Konzerten. Viele Auftritte wurden rund zwei Jahre lang immer wieder verschoben. Die Folge: Bundesweit müssen Bands wie Kasalla mit den Toten Hosen sowie Weltstars wie Lady Gaga oder den Rolling Stones konkurrieren, so der Branchenkenner. 

Kölner Lanxess-Arena: Weltstars wie Sting ziehen nach wie vor

Das bestätigt auch Stefan Löcher, Chef der Kölner Lanxess-Arena. „Sting, Simply Red oder die Backstreet Boys laufen im Vorverkauf super, aber ich höre von den Veranstaltern, dass sie bei den mittleren und kleineren Bands derzeit nur 15 bis 30 Prozent verkaufen."

Für diese Acts scheine derzeit aufgrund der Preissteigerungen im Alltag nicht nur das Geld zu fehlen. Auch das Vertrauen, nach einem Konzertbesuch gesund zu bleiben und nicht an Corona zu erkranken sei aufgrund der Warnungen vor einer neuen Corona-Welle bei vielen Musikfans nicht mehr vorhanden. „Die Lockdowns der Vergangenheit haben eine extreme Verunsicherung hervorgerufen, und das strahlt nun vor allem auf den bevorstehenden Herbst", sagt Löcher.

löcher

Stefan Löcher ist Chef der Lanxess-Arena.

Es dürfe auf keinen Fall einen erneuten Lockdown oder Kapazitätsbeschränkungen geben, warnt Löcher. „Es gibt keine Evidenz, dass weniger Zuschauer bei Veranstaltungen etwas bewirkt haben. Das war reine Symbolpolitik“, sagt der Arena-Chef und erwähnt einmal mehr die moderne Lüftungstechnik in der Deutzer Halle.

Neben Kasalla mussten unter anderem die Echo-Gewinner von Jupiter Jones („Still“) Konzerte absagen. Die Hamburger Gruppe The Jeremy Days verkündete ebenfalls das komplette Tour-Aus. Beide sprachen wie Kasalla auf den sozialen Kanälen das Problem offen an.

Zu wenig Nachfrage: Auch Jupiter Jones und Revolverheld sagen Konzerte ab

Womöglich kommt hinzu, dass The Jeremy Days („Brand new toy“) nach 27 Jahren erstmals wieder ein Album produziert haben und bei vielen Hörern in Vergessenheit geraten sind. Aber selbst bei den Kollegen von Revolverheld, die in den vergangenen Jahren zahlreiche Hits wie „Das kann uns keiner nehmen“ oder „Spinner“ hatten, läuft es derzeit nicht mehr.

Revolverheld

Auch die Band Revolverheld musste ihre Tour absagen.

Die Tournee-Absage der Band wird in erster Linie mit Corona begründet. Doch heißt es in der Mitteilung auch: „Die Unsicherheit in der Branche und offensichtlich auch bei euch, ist verständlicherweise noch riesengroß.“ Dem Vernehmen nach lief der Karten-Vorverkauf für das geplante Konzert im Januar 2023 in der Lanxess-Arena mehr als schleppend.

KStA abonnieren