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Chemie-Unfall in Köln-NiehlInformationen über giftige Gase kamen viel zu spät

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Carbosulf Chemische Werke GmbH (Bildmitte) in Köln.

Niehl – Es roch übel und scharf nach faulen Eiern, Menschen schlossen am späten Mittwochabend Fenster und Türen, um den Gestank aus ihren Wohnungen zu halten. Über den Grund dafür wurden die vielen betroffenen Kölner aber nicht informiert – weder von dem Unternehmen, bei dem die austretende giftige Gase für den Geruch sorgten, noch von der Feuerwehr, die selbst kaum etwas wusste.

Beim Unternehmen Carbosulf, einer Tochterfirma von Akzo Nobel in Niehl, waren um 22.11 Uhr aus einem Riss in einem Rohr auf dem Gelände an der Geestemünder Straße Schwefelwasserstoff und Schwefeldioxid ausgetreten. Schwefelwasserstoff gilt laut Gefahrstoffverordnung als „sehr giftig“ und kann je nach Konzentration Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerz, Schwindel, Krämpfe und Bewusstlosigkeit auslösen. Schwefeldioxid ist immerhin noch als „giftig“ klassifiziert.

Keine Gefahr

Die Feuerwehr war von Carbosulf offensichtlich nicht über den tatsächlichen Vorfall informiert worden: „Im betreffenden Bereich lag der Feuerwehr Köln lediglich die Meldung einer regulären Fackeltätigkeit auf dem Gelände eines Chemieparks im Kölner Norden vor. Die Inhalte dieser Meldung ließen keine Rückschlüsse auf die gemeldete Geruchsbelästigung zu“, teilte die Feuerwehr am Donnerstag mit. Eine Gefahr für die Bevölkerung bestand nach Angaben der Feuerwehr dennoch nicht.

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Stadtdirektor Stephan Keller erklärte auf Anfrage des „Express“: „Auch wenn wir formal nicht zuständig sind: Den Informationsfluss zu diesem Ereignis halte ich für unbefriedigend. Und das werden wir gegenüber dem Betreiber der Anlage thematisieren.“

„Umfassende Aufklärung“

Formal zuständig ist die Bezirksregierung, und auch dort ist man befremdet: „Wir wurden kurz nach Mitternacht informiert, zwei Stunden nach dem Vorfall. Das muss schneller gehen“, sagt Dirk Schneemann als Pressesprecher der Bezirksregierung. „Wir verlangen von Carbosulf umfassende Aufklärung und werden einen Sachverständigen einsetzen, der den Vorfall untersucht.“

Eine Pressemitteilung gab es erst um 2.47 Uhr – viereinhalb Stunden nach dem Vorfall. Carbosulf-Sprecherin Jutta Hobbiebrunken erklärt auf Anfrage: „Wir mussten doch erstmal ermitteln, welche Stoffe ausgetreten sind.“ Infolge des Rohrrisses sei es zu einem Brand gekommen, über einen Kamin habe man Gase unverbrannt ausströmen lassen. Weitere Gase seien über die Fackel abgebrannt worden. (red)

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