Die vergessenen DingeBönninghausen zeigt Kunst in Galerie Sichtarten in Köln-Nippes

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Ausgangspunkt für die Werke der Künstlerin sind besondere Materialstücke: Textilien, Alltagsdinge, Sand und anderes.

Ausgangspunkt für die Werke der Künstlerin sind besondere Materialstücke: Textilien, Alltagsdinge, Sand und anderes.

Nippes – „Ich arbeite gern mit Material, mache Collagen. Das ist mein Thema“, erklärt Hannelore Bönnighausen. Ihre Buchobjekte, die im Rahmen ihrer Ausstellung in der Galerie Sichtarten im Schaufenster platziert sind, gestaltet die Künstlerin seit 20 Jahren. Mittels Papierwölbungen und Faltungen fächert sie das kompakte rechteckige Blätterwerk auf, formt Kegel, Zylinder oder abstrakte Häuser daraus. Manchmal mit einem Stein oder einer Feder kombiniert. „Steine und Federn bringen Glück, aber nur, wenn man sie selbst findet,“ sagt Bönnighausen. „Wenn ich noch Lehrerin wäre, würde ich solche Sachen mit meinen Schülern machen“ erläutert die pensionierte Hauptschullehrerin für Hauswirtschaft, Kunst und Textilgestaltung.

Inzwischen hat sie alle Freiheiten, ihre bildnerischen Ideen ganz ohne pädagogische Absicht umzusetzen. Sie weiß, in jedem Materialstück liegt das Potenzial zu einer kreativen Verwandlung. Im Jahr 1939 geboren, auf der Insel Fehmarn auf einem Bauernhof aufgewachsen, hat sie nicht nur ein feines Gespür für die Farb- und Formenvielfalt der Naturelemente, sondern auch für die Schönheit der vielen Materialien und Gegenstände, die auf Speicherböden angesammelt wurden.

Ausgangspunkt für die Werke der Künstlerin sind besondere Materialstücke: Textilien, Alltagsdinge, Sand und anderes.

Ausgangspunkt für die Werke der Künstlerin sind besondere Materialstücke: Textilien, Alltagsdinge, Sand und anderes.

Die Freude am Umgang mit Material, die sie bereits als Kind empfand, hat nie aufgehört. „Ich mache künstlerisch aus allem etwas“, sagt Bönnighausen. Alte bestickte Paradetücher hat sie mit feinen Farblasuren, Stickschablonen und Sprüchen malerisch verwandelt. Zu den Bildern präsentiert sie in einer Vitrine alte, erinnerungsträchtige Gegenstände, die Tischdecke aus dem Elternhaus, eine Brille, die Bartbürste ihres Großvaters. Sie verwendet viele Dinge aus der Familiengeschichte für ihre Kunst.

Aber auch ihre Bekannten schenken ihr immer wieder alte Sachen, um später erstaunt festzustellen, wie Bönnighausen etwa auf der Leinwand aus einem alten Nachthemd, einem Stickkragen und Farbbearbeitungen eine geheimnisvolle Landschaft gemacht hat. Nichts ist so wertlos, als dass nicht eine Collage daraus werden könnte: Kaffeesäcke, Tischdecken, Fotos aus Modezeitschriften, die Einkaufszettel ihrer Freundinnen, Kopfkissen, Roststücke, vom Kirchendach abgefallene, verwitterte Holzschindeln. Es sind die meist unbeachteten und vergessenen Dinge, die ihre Aufmerksamkeit erregen. „Vergessenes wiedergefunden“, lautet daher der Titel ihrer Ausstellung. Kunst-Einladungskarten wurden von Bönnighausen mit Farbwischern in expressive Bildtafeln transformiert. Mit Sand vom Strand der Insel Fehmarn hat sie spurenreiche Bildlandschaften geschaffen. Auf alte Leinentücher hat sie mit kalligrafieartiger Schrift Bildgedichte geschrieben, etwa: Seid euch selbst eine Insel der Zuflucht.“ Aus Architektenpappe gestaltete sie Wolken, aus vielen farbigen Garnrollen die Idee von der schwierigen Einfachheit des Glücks.

Wer genau hinschaut, wird bemerken, dass die Kunst Hannelore Bönnighausens bei aller Leichtigkeit und spielerischen Grundlage ernste, melancholische Seelengefilde berührt. So zeichnete sie, um ihrer Trauer nach dem Tod ihres Mannes Klaus Ausdruck zu verleihen, mit dessen Künstler-Tusche ein Bild, das für sie selbst „eine Auferstehung“ wurde. Die Bezauberung und Magie, die das Material des Lebens für sie bedeutet, gibt sie auf einfache Weise an die Besucher ihrer Ausstellung weiter.

Galerie Sichtarten, Sechzigstraße 3, geöffnet Di, Do, Fr 15.30 bis 18 Uhr, Sa 10.30-13 Uhr, bis 28. 11.

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