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Einzelhandel in Köln-NippesPolitiker beklagen veraltete Konzepte

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Unter dem Platz mit den Ladenlokalen am Schiefersburger Weg liegt eine Tiefgarage.

Köln-Nippes –  „Man kann nicht einfach sagen: Insgesamt ist alles gut, aber Bilderstöckchen fällt wieder durchs Raster“, befand die Bündnis 90/Grünen-Ratsfrau und frühere Nippeser Bezirksvertreterin Bärbel Hölzing. „Der Stadtteil ist tatsächlich ein Grenzfall, und braucht eine besondere Regelung. Ungleiches muss ungleich behandelt werden.“ Auch CDU-Fraktionschef Christoph Schmitz zeigte sich über die Neuauflage des 2013 erstmals verabschiedeten Kölner Einzelhandels- und Zentrenkonzepts wenig angetan. „Die Ausstattung in Bilderstöckchen mit Geschäften ist einfach nur enttäuschend. Wir können nicht am Schiefersburger Weg als einziger Fläche für Läden festhalten.“

Konzept soll Einkaufsstraßen schützen

Elf Jahre nach der Erstauflage des Kölner Handelskonzepts steht im laufenden Jahr die Fortschreibung des Planwerks an, die der Rat im November beschließen könnte. Im Juni ist eine Öffentlichkeitsbeteiligung geplant. Die Grundidee des Konzepts ist es, etablierte Einkaufsstraßen zu schützen, so dass die Wege für Besorgungen kurz bleiben. Insbesondere soll es Laden-Ansiedlungen auf der „grünen Wiese“, fernab von Wohngebieten, verhindern. Zugleich liefert es Ideen, wie sich die Einkaufsmeilen weiterentwickeln könnten. Hierfür definiert das Konzept Einzelhandelszentren von unterschiedlicher Bedeutung und Strahlkraft: von der City, mit Anziehungskraft weit über Köln hinaus, bis zu den kleinen Geschäftsstraßen für den täglichen Bedarf in den Veedeln. Mit den Ergebnissen aus Nippeser Sicht befasste sich die Bezirksvertretung auf ihrer Online-Sitzung Ende April. Als zugeschalteter Gast stellte Franka Klocke vom Amt für Stadtentwicklung und Statistik das Planwerk vor.

„Der Einzelhandel in Nippes ist insgesamt zurückgegangen, aber das verzeichnen wir in allen Bezirken. Dagegen boomt der Onlinehandel“, betonte Klocke. Für die Aktualisierung des Konzepts machte die federführende Firma, die Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH (GMA), im Jahr 2017 eine „Inventur“ sämtlicher Läden Kölns – die Corona-Pandemie und ihre Folgen sind also im Konzept noch nicht herauslesbar. Heraus kam etwa: Die Zahl der Einzelhandelsbetriebe im Bezirk Nippes war schon damals von 553 auf 480, die Verkaufsfläche pro 1000 Einwohner noch deutlicher von 864 auf 704 Quadratmeter gesunken. „Was die Pandemie mit sich gebracht hat, werden wir wohl auch in einem halben Jahr noch nicht ganz wissen“, schätzte Klocke.

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Desolate Lage in Köln-Bilderstöckchen

Desolat ist die Lage des Einzelhandels weiterhin in Bilderstöckchen: Dort gibt es keine „klassische“ Einkaufsstraße, sondern vor allem im Viertel und dem angrenzenden Gewerbegebiet verstreute Discountmärkte. Auf der einzigen Straße mit Ansätzen eines Handelszentrums, dem Schiefersburger Weg (eine im Konzept so genannte „Nahversorgungslage“), gibt es immer weniger Läden mit Waren des täglichen Bedarfs – vom Netto- und Rossmann-Markt, der Bäckerei Kraus und einigen Kiosken abgesehen. In den vergangenen Jahren scheiterte die Ansiedlung eines Rewe-Marktes in der früheren „Belgiersiedlung“ am Parkgürtel an den Restriktionen des Handelskonzepts; auch die flächenmäßige Erweiterung des Aldi-Marktes im Süden des Stadtteils schied aus – und damit zugleich auch das Angebot des Konzerns, im Zuge des Umbaus Wohnraum oberhalb des Marktes zu schaffen. In Richtung des Rates beschlossen die Bezirksvertreter ein Paket an Forderungen. Unter anderem soll das Konzept nochmals überarbeitet werden, um die Verwerfungen des Corona-Lockdowns sichtbar zu machen.

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Außerdem wünschen sich die Politiker Regeln, um dem Wildwuchs von Spielhallen oder Wettbüros entgegenzuwirken. Noch stärker solle das Konzept die Einkaufsmeilen auf Fuß- und Fahrradfreundlichkeit untersuchen; kleinflächiger Einzelhandel grundsätzlich nicht behindert werden. Speziell für Bilderstöckchen wünscht sich die Runde die Ansiedlung eines Vollsortiment-Supermarkts, der nicht länger an den Schiefersburger Weg als Standort gebunden sein soll. Zudem soll dezidiert ein Wochenmarkt fürs Veedel her. „Anstatt das Konzept nur mit neuen Zahlen zu füttern, sollte es darum gehen, die Laden-Qualität in den Veedeln zu erhalten“, befand die Nippeser Bezirksbürgermeisterin Diana Siebert.

„Im Bilderstöckchen sind die Leute verärgert, so schlechte Einkaufsmöglichkeiten zu haben; ein Wochenmarkt wäre dringend nötig“, befand der Linke Markus Frank. „Man sollte froh sein, wenn ein Discounter anbietet, Wohnungen zu bauen. Wir sollten das mit Kusshand annehmen, und nicht als Stadt noch erschweren“, klagte Vize-Bezirksbürgermeister Marc Urmetzer (FDP), Bezug nehmend auf die „Causa Aldi“.

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