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Kölner Bezirksbürgermeister„Ich wünsche mir, dass sich die Verwaltung mehr engagiert“

Lesezeit 4 Minuten
Froh über die Street-Art im Bezirk: Bernd Schößler vor einem Graffiti-Motiv im Bezirksrathaus.

Froh über die Street-Art im Bezirk: Bernd Schößler vor einem Graffiti-Motiv im Bezirksrathaus.

  • Der Nippeser Bürgermeister Bernd Schößler lobt das neue Beteiligungsverfahren für die Umgestaltung der Gürteltrasse.
  • Das Bauprojekt am Simonskaul soll kritisch begleitet werden. Es entsteht teilweise auf einer Altlastenfläche.
  • Wir haben im Gespräch mit ihm einen Blick zurück und nach vorne geworfen.

Nippes – Vor kurzem konnte der Nippeser Bezirksbürgermeister Bernd Schößler (SPD) sein Amtsjubiläum begehen; kurz vor dem Jahreswechsel hatte er seinen letzten Tag im Hauptberuf bei den Kölner Verkehrs-Betrieben (KVB). Auch politisch naht für ihn der Abschied: Zur Kommunalwahl im September tritt er nicht mehr an. Zum Jahresstart traf sich der „Kölner Stadt-Anzeiger“ mit ihm.

Herr Schößler, genießen Sie bereits Ihren Ruhestand?

Auf jeden Fall. Wenn er auch noch nicht offiziell ist – das ist erst ab 1. Februar der Fall, ich hatte aber noch freie Tage übrig – ist es natürlich eine deutliche Entlastung. Berufstätig und zugleich Bezirksbürgermeister sein war schon fast unmenschlich belastend. Denn man ist locker 20 bis 30 Stunden pro Woche im Einsatz, zusätzlich zum Hauptberuf. Dass jetzt jedoch Hektik und innere Anspannung weg sind, ist schon ein wunderbares Gefühl.

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Zur Person

Bernd Schößler (SPD) ist seit 1999, als er in die Bezirksvertretung einzog, Nippeser Bezirksbürgermeister. Der 64-Jährige wuchs in Riehl auf, ging aufs heutige Leonardo-da-Vinci-Gymnasium und lebt mit Familie in Alt-Niehl. Zuletzt arbeitete er bei der KVB.

2019 hat die Pilotphase für die neue städtische Bürgerbeteiligung begonnen, die – neben dem Umweltausschuss – auch in der Bezirksvertretung Nippes getestet wird. Wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus?

Zum Glück ist Nippes Pilotbezirk geworden; für uns als Bezirksvertreter ist es aber ohnehin selbstverständlich, dass wir Bürger einbinden. Voriges Jahr haben wir mehrheitlich eine Bürgerbeteiligung zur Neugestaltung der Gürteltrasse beschlossen. Ihr Format steht noch nicht fest, aber sie wird kommen. Die Bürger sollen auf jeden Fall bei der Ausgestaltung der Flächen mitbestimmen. Mir sind aus 2019 auch die beiden gut besuchten Bürgerabende haften geblieben, zum Umbau der Merheimer Straße und der Neusser Straße. Es kommt dabei viel darauf an, wie man auf solchen Abenden mit den Leuten umgeht – dass man sie ernst nimmt und schüchterne, zurückhaltende Leute ermuntert. Man sieht Gästen manchmal an, dass sie eine Frage auf den Lippen haben, sie aber nicht herauskriegen.

Was war Ihr Highlight des abgelaufenen Jahres?

Das war die Eröffnung der „Geldern-Gallery“ an der Haltestelle Geldernstraße/Parkgürtel. Die Freiflächen für Graffiti rings um die Haltestelle sind sinnvoll und werden regelmäßig genutzt. Junge Leute sind dort präsent, arbeiten zusammen und respektieren die Werke anderer Sprayer. Und der Bezirk Nippes ist mittlerweile mit der Zoomauer, der Gestaltung der Pfeiler der Hochbahn und dem Umfeld der Geldernstraße/Gürtel für alle sichtbar ein Highlight in Sachen Street-Art.

Für Aufregung sorgte 2019 das geplante Bauprojekt auf dem Simonskaul in Weidenpesch. Dort sollen 330 Wohnungen entstehen, teils auf Altlastenfläche. Wie beurteilen Sie die Lage?

Wir begleiten das Vorhaben nach wie vor kritisch. Ich würde mir wünschen, dass sich die Verwaltung ein wenig mehr engagiert: Etwa, dass sie die Angaben, die der potenzielle Bauherr macht, nochmal überprüft. Das betrifft die Altlasten, aber auch die Verkehrserschließung. So gab es die seltsame Aussage im Verfahren, dass die KVB ihr Gleis entlang des Simonskauls in Richtung Werkstatt nicht mehr brauche, und man deshalb die Ampel neu takten könne. Das ist aber falsch.

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Wenn Sie sich an die Zeit vor 20 Jahren erinnern: Was sind die größten Unterschiede Ihrer Tätigkeit im Vergleich zu früher?

Vor allem hat sich die Kontaktaufnahme total verändert. Vor 20 Jahren kam man in die Sprechstunde oder bat um einen Termin; heute schreibt man zu allen möglichen Themen E-Mails, auch noch sonntagabends um 23 Uhr. Manchmal sind kuriose Dinge dabei, etwa dass sich Bürger über einen geänderten Müllabfuhr-Termin aufregen. Ich kann den Bürgern nicht immer versprechen, ihr Problem zu lösen, weil manches nicht in meiner Hand liegt. Aber ich kümmere mich in jedem Fall darum. Ich kann mich übrigens noch gut ans alte Rathaus im „Nippes-Tower“ erinnern: Die ersten drei, vier Monate hatte ich ein Büro im 16. Stock, wohin der Lift gar nicht mehr fuhr. Am neuen Bezirksrathaus mag ich, dass hier von Kundenzentrum über Stadtteilbibliothek bis Volkshochschule noch vieles andere stattfindet. Das ist spannend und sorgt für Leben.

Was wäre die wichtigste Aufgabe Ihres Nachfolgers als Bezirksbürgermeister?

Das ist ganz klar Vermittlung und Moderation. Man muss kompromissfähig sein, Leute zusammenbringen und sollte nicht die eigene Parteifarbe in den Vordergrund stellen. Eine Kernaufgabe bleibt in Zukunft, wie wir den Verkehr gestalten, hinsichtlich Lärm, Luft und Platz. Es muss bei den Leuten ankommen, dass der Raum in der Stadt begrenzt ist. Und Senioren brauchen große Unterstützung, damit sie mobil bleiben und weiter gesellschaftlich teilhaben können. Sei es durch einen Rufbus, einen Bürgerbus oder ab und zu ein Taxi. Irgendwann kommt eben der Zeitpunkt, an dem man nicht mehr auf zwei Rädern mobil sein kann, und vielleicht auch nicht im eigenen Auto.

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