Kommunalwahl in NippesEhemalige Kölner SPD-Hochburg ändert ihre Farbe

Lesezeit 5 Minuten
collage

(v.l.) Ralf Heinen (SPD), Ulrike Kessing (Grüne), Iris Frerich (SPD) und Manfred Richter (Grüne)

  • 45 Wahlbezirke gibt es in der Stadt. Bis zur Wahl am 13. September, bei der auch Oberbürgermeister, Bezirksvertretungen und Integrationsrat neu gewählt werden, berichten wir aus allen Veedeln der Stadt.
  • Es geht um spannende Duelle, interessante Kandidaten, prägende Themen und Trends und Kuriositäten.
  • In dieser Folge geht es um Nippes, den „grünsten“ Stadtteil Kölns bei der Kommunalwahl im Jahr 2014.

Köln – Dreimal seit 2004 hat er es in Nippes geschafft. Beim letzten Mal hatte Kölns Bürgermeister Ralf Heinen noch sieben Prozentpunkte Vorsprung. „Doch diesmal wird’s schwierig wie nie“, sagt der Sozialdemokrat. Der 56-jährige Gesamtschullehrer und Experte für Schul- und Jugendpolitik ist seit 2014 einer von Henriette Rekers Stellvertretern. Doch trotz der Prominenz könnte er seinen Wahlkreis Nippes 1 zu dem Riehl, Nippes-Ost und Niehl-Süd gehören, an die Grünen verlieren. Wie in vielen anderen ehemaligen SPD-Hochburgen wollen die Grünen die sozialdemokratischen Kandidaten schlagen. Ihre Chancen stehen nicht schlecht.

Sein Heimat-Veedel sei lebenswert und habe keine gravierenden Probleme, sagt Heinen. „Wir haben die schöne, verkehrsberuhigte Lokal-Terrassenmeile auf der Stammheimer Straße, die wir von der SPD damals gegen Riesen-Proteste durchbrachten. Heute will’s dagegen jeder gewesen sein. Und tolle Grundschulen an der tagsüber abgepollerten Garthestraße, mit Spielplatz direkt nebenan.“ Heinen verweist auf Erfolge aus Zeiten, als die SPD noch regierte, und nennt Herausforderungen wie Wohnungsnot und Schulbau, mit denen man heute punkten könnte. Ob das beim Wähler zieht, ist offen.

Nippes war 2014 der „grünste“ Stadtteil Kölns

Im Nachbarwahlbezirk haben die Grünen die SPD-Hochburg bereits beim letzten Mal eingenommen. Schaut man nur auf den Stadtteil Nippes hat die Sozialdemokratie bereits 2009 die Vorherrschaft verloren. 2014 war Nippes mit 33,25 Prozent sogar der „grünste“ Stadtteil von Köln. Der örtliche Hauptkonflikt zwischen den Parteien ist die Gürteltrasse. Einen Weiterbau lehnen die Grünen kategorisch ab und reklamieren den Schutz des Grüns, weniger Lärm und das Fernhalten von Durchgangsverkehr. Die SPD – mit der FDP und auf Bezirksebene auch der CDU – unterstützt den Weiterbau: Sie verweist auf viel kürzere Wege in den Veedeln und eine deutliche Entlastung von Weidenpesch und Mauenheim, die derzeit den Hauptteil des Gürtel-Ausweichverkehrs verkraften müssen.

Alles zum Thema Henriette Reker

Das einstmals enge Verhältnis zwischen SPD und Grünen im Bezirk hat sich abgekühlt: Das Bündnis in der Bezirksvertretung Nippes besteht seit 2012 nicht mehr; stattdessen haben sich SPD und CDU angenähert – wenngleich die Bezirksvertretung für konstruktives Arbeiten und persönlich gute Verhältnisse bekannt ist. „Mein Ziel ist es, den Wahlbezirk zu holen“, sagt die Grüne Ulrike Kessing. „Wir sehen eine realistische Chance, auch wenn Ralf Heinen präsent und bekannt ist.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Grünen würden sicherlich auch von der allgemeinen Schwäche der SPD profitieren, sagt die 55-jährige Ratsfraktionsvize der Grünen. Persönlich kenne sie Heinen gut; sie arbeiteten beim Thema Jugendpolitik vertrauensvoll zusammen. Mit entscheidend sei es, in ihrem sehr diversen Wahlbezirk – vom Altbau- und Villenviertel an Flora und Zoo bis zur Niehler Hochhaussiedlung Boltensternstraße – eine Politik zu machen, die alle anspreche. „Die Frage ist, inwieweit der Wunsch nach anderen Schwerpunkten bei der Stadt- und Veedels-Entwicklung ein Thema im Wahlbezirk ist.“ Ein Lieblingsprojekt von ihr ist, Kinder und Jugendliche an der Stadtplanung teilhaben zu lassen. „Kinder haben oft sehr realistische Vorstellungen und wissen genau, was für sie gut ist.“

Nippes im Wandel

Im Wahlbezirk 24 ist ihr Kollege Manfred Richter grüner Kandidat, wo er das langjährige Ratsmitglied Horst Thelen beerbte. Seit 2009 sitzt auch Richter bereits im Stadtrat und arbeitet in den Ausschüssen Allgemeine Verwaltung und Recht sowie Finanzen mit. „Ich liebe auch mal die Arbeit mit relativ trockener Materie“, befindet der 50-jährige gebürtige Nippeser. 

Der Stadtteil habe sich sehr gewandelt, sagt Richter. So wurden das Ex-Eisenbahn-Werksgelände, und nun auch das Clouth-Areal, zu Veedeln, bei großstädtisch geprägten Familien beliebt. „Und gerade den Familien sind Klimaschutz, Nachhaltigkeit und lokale Lebensqualität sehr wichtig.“

Der grünen Dominanz möchte die neue SPD-Kandidatin Iris Frerich etwas entgegensetzen. Die 45-jährige gebürtige Fränkin hat ihren Fokus sehr lokal gesetzt. Mit dem Slogan „Nippes, das können wir besser!“ wirbt die Realschullehrerin unter anderem für mehr Schulplätze, mehr Sicherheit auf der Neusser Straße und bezahlbares Wohnen. Ihr „Wahlkampfhit“ ist ein Bildungscampus in Nippes unter Einbindung der Uni sowie Sport- und Veedelsvereinen, nach Ehrenfelder Vorbild.

Mit Realismus und ganzheitlichem, statt Klientel-Denken, könnte ihre SPD den Grünen etwas entgegen setzen, meint Frerich. Die Grünen hätten nicht nur in Nippes und Köln, sondern bundesweit einen wichtigen Impuls gegeben, lobt sie die Konkurrenz. „Wir als SPD sollten schauen, dass Pläne umsetzbar und für alle verträglich sind – etwa für den Schreiner, der nun mal eben einen Parkplatz vor seiner Tür braucht.“ Das gelte ebenso für den Gürtelausbau. „Man kann nicht das komplette Grün für den Gürtel niederwalzen, aber auch nicht Mauenheim und Weidenpesch weiter mit dem Schleichverkehr im Stich lassen. Es muss auch hier einen dritten Weg geben.“

Der bunte Wahlbezirk 23

Politisch sehr bunt präsentiert sich dieser Wahlkreis: Der Riehler Norden und angrenzende Niehler Süden sind SPD-Hochburgen; auf dem SBK-Gelände 2014 sogar mit absoluter Mehrheit. Der Nippeser Osten ist – wie der übrige Stadtteil – grün geprägt, hier aber mit roten “Einsprengseln“. Im Villen- und Altbau-Viertel rund um Zoo und Flora sind CDU, Grüne und FDP recht stark. Neben Heinen und Kessing tritt für die CDU der erst 24-jährige Markus Schmolz an. Sie holte bei der letzten Wahl 21,6 Prozent. Für die FDP wirbt erneut Biber Happe. Auch die Linke war 2015 mit fast acht Prozent eine starke Kraft. Insgesamt stehen im Wahlbezirk elf Kandidaten und Parteien zur Wahl.

Neue Anwohner im Wahlbezirk 24

Das Nippeser Zentrum und der Südwesten, jedoch auch die „Parkveedel“-Siedlung und das neu entwickelte Clouth-Gelände gehören zu diesem grün dominierten Wahlkreis. Wohin die Neu-Bewohner des Ex-Fabrikareals tendieren, wird besonders spannend zu beobachten sein. Die CDU schickt mit dem früheren Chef des Ordnungsamts und der städtischen Gebäudewirtschaft einen Promi ins Rennen. Engelbert Rummel soll das schlechte Ergebnis seiner Partei 2015, als hier nur 15 Prozent drin waren, verbessern. Die Linke holte damals zehn Prozent. Ihr Kandidat, der profilierte Ratsherr Michael Weisenstein, tritt wieder an. Insgesamt stehen zwölf Kandidaten zur Wahl.

KStA abonnieren