Urlaub in KölnWo man das Nippes-Gefühl am besten erleben kann

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Beim Kiosk am Wilhelmplatz gibt es leckeren Kaffee. 

  • Auch in Nippes erzählt man sich gerne, hier sei das kinderreichste Viertel Deutschlands.
  • Am Nippeser Tälchen gibt es einen wunderschönen Biergarten mit Blick ins Grüne.
  • Gastronomisch geht noch mehr in Nippes - aber das "Willie Tanner" beweist: Es tut sich was.

Einen Ausflugstag in Nippes beginnen Besucher am besten mit einem leckeren Kaffee vom Kiosk auf dem Wilhelmplatz – und damit sind Sie auch schon mitten drin im Viertel. Mehr Nippes-Gefühl als hier geht nicht. Das Kiosk ist zwar ein bisschen hip, aber nicht so modern, dass es unentspannt wird. Wie Nippes.

Der kleine Laden ist Teil einer merkwürdigen Beton-Konstruktion mit großer Treppe, die die Anwohner liebevoll „Taj Mahal“ nennen. Immer mal wieder ist vom Abriss dieses Wahrzeichens die Rede. Aber dagegen gingen garantiert viele auf die Barrikaden. Schließlich kann man auf den Treppen wunderbar sitzen, einen Kaffee trinken und von oben dem Markttreiben zuschauen. Oder – nachmittags – den Kindern beim Spielen. Es sei denn, es riecht mal wieder fies nach Urin, denn auch zum Wildpinkeln laden die Treppen offenbar ein.

Zur Serie

Urlaub in der eigenen Stadt ist in diesem Jahr besonders gefragt. Unsere Reporter stellen während der Sommerferien Kölner Veedel vor – solche, die sie besonders gut kennen, und solche, die sie schon immer mal besuchen wollten. Wir schildern, was wir schön finden, wo es besonders lecker ist und verraten unsere Lieblingsplätze, ganz subjektiv und ohne Anspruch auf Vollständigkeit. (red)

Der Markt hat übrigens – wie das Kölner „Taj Mahal“ – seinen ganz eigenen Charme. Er ist eine ursprüngliche Insel im ansonsten gründlich gentrifizierten Viertel – die Marktschreier sind laut, die Preise oft unfassbar niedrig. Für zwei Euro bekommen Sie vom BH bis zu einer Kiste Aprikosen fast alles. Wer es gediegen mag, ist hier falsch. Aber hier schlägt das Herz von Nippes, jeden (Werk-)tag.

Übrigens auch an den Flohmarkt-Sonntagen, wenn die Nippeser ihre Keller leerräumen, um hier Küchenkram, Kinderkleidung und anderen Trödel loszuwerden. Früh kommen lohnt sich: Wenn der Flohmarkt um 11 Uhr offiziell beginnt, ist es meist schon sehr voll.

Das kinderreichste Viertel Deutschlands?

Das liegt auch an den vielen Kinderwagen und Babytragen, die die Veedelsbewohner meistens dabeihaben. Statistisch ist das zwar überhaupt nicht belegt, aber auch hier erzählt man sich gerne, Nippes sei das kinderreichste Stadtviertel Deutschlands.

Viele Kinder gibt es auf jeden Fall. Man trifft sie in der Schlange bei Eis Engeln oder auf dem großen Spielplatz auf dem Leipziger Platz, wo eine Seilbahn zu den Attraktionen gehört. Schöne Altbauten, viel Grün – am Leipziger Platz zeigt sich Nippes von seiner besten Seite (wenn man nicht gerade hinter die Büsche schaut, wo Kinder und Haustiere ihre Geschäfte verrichten).

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In Nippes wohnen jede Menge Kinder. Man trifft sie zum Beispiel auf dem Spielplatz am Leipziger Platz.

Viel Grün gibt es auch im „Nippeser Tälchen“, einem großen Park bei einem liebevoll restaurierten alten Gutshof, der heute als Bürgerzentrum dient. Perfekt für ein Picknick! Zum Bürgerzentrum gehört auch ein Biergarten mit Blick ins Grüne, in dem sich der abendliche Absacker wirklich nach Urlaub anfühlt.

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Im Nippeser Tälchen lässt es sich hervorragend entspannen. 

Wer dort keinen Platz mehr bekommt, kann auf den Schillplatz ausweichen. Bei warmem Wetter geht es hier fast schon mediterran zu: Die Nippeser sitzen draußen, trinken Wein bei „Morio“, und die Kinder fahren Roller auf dem Platz oder malen mit Straßenkreide.

Architektur-Interessierte sollten bei ihrem Nippes-Ausflug einen Abstecher ins Clouth-Viertel machen: ein riesiges Neubau-Areal auf dem Gelände einer alten Gummiwarenfabrik. Gucken kostet ja nichts – hier zu wohnen schon. Besonders interessant ist die Verwandlung einer alten Produktionshalle („Halle 17“) am Luftschiffplatz in Eigentumswohnungen.

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Die "Halle 17" am Luftschiffplatz vereint moderne Architektur mit einem Industriedenkmal.

Auch in der Nähe des S-Bahnhofs ist ungewöhnliche Architektur zu sehen: In einem ehemaligen Hochbunker (Werkstattstraße 9) sind Loft-Wohnungen entstanden. Apropos Bunker: Gleich um die Ecke, im „Eisenbahnviertel“, gibt es einen gut erhaltenen Museumsbunker der Reichsbahn.

Nicht nur in die Vergangenheit können Sie während eines Urlaubstags in Nippes reisen – auch nach Belgien: Im Schatten der Bäume am Baudriplatz gibt es belgische Spezialitäten im Café Eichhörnchen – und sogar ein eigenes Bier.

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Belgische Spezialitäten gibt es am Baudriplatz.

Gastronomisch kann das Viertel nicht mit Sülz, Ehrenfeld oder gar der Südstadt konkurrieren. Aber in den letzten Jahren hat sich einiges getan. Zum Beispiel das „Willie Tanner“, mit dem wir zum Ausgangspunkt dieses Ausfluges zurückkehren – dem Wilhelmplatz. In der Mischung aus Kneipe und Restaurant gibt es leckere Kleinigkeiten zum Bier (oder zur Maracujaschorle). Ein bisschen hip, aber nicht so modern, dass es unentspannt wird. Wie Nippes eben.

Tipps

Reichsbahnbunker, Infos unter ag-festung-koeln.de

Eis Engeln, Cranachstraße 22, Di. - So. 11 bis 20 Uhr.

Café Eichhörnchen, Baudriplatz 2, Mo. – Sa. 9 bis 22 Uhr, So 10 bis 22 Uhr.

Morio, Schillstraße 12, täglich ab 12 Uhr.

Willie Tanner, Wilhelmstr. 61, Mo. – Do. 18 bis 24 Uhr, Fr. und Sa. ab 18 Uhr.

Flohmarkt: Nächster Termin 16. August  www.coelln-konzept.de

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