„Hygienemäßig weiter als manche Klinik“Was Wirte in Köln-Nippes gegen Corona tun

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Schlüters-Inhaber Stefan Müller (r.) und ein Kollege blicken gespannt dem „Corona-Winter“ in der Gastronomie entgegen.

Nippes – Kein „Elfter im Elften“, weniger und kleinere Weihnachtsfeiern, und sogar der Karneval 2021 ist fraglich geworden: Die Kölner Gastronomie ist durch Corona besonders betroffen, und momentan spitzt sich das Infektionsgeschehen nochmals zu. Die schwierige Lage lässt Gastwirte nach kreativen Lösungen suchen.

So bietet etwa beim „Schlüters in Weidenpesch“ an der Neusser Straße 494 ab sofort ein wettergeschütztes Zelt vor der Gaststätte zusätzliche Plätze. „Das ist vor allem ein Angebot für Leute, die sich lieber draußen hinsetzen“, erläutert Inhaber Stefan Müller. Ein sorgenvolles Jahr liegt hinter dem SchlütersTeam. „Im Mai, dem ersten Monat nach dem Lockdown, merkte man, dass die Leute noch sehr vorsichtig sind. Der Juli und August mit dem tollen sommerlichen Wetter sind super gelaufen – aber seit es wieder kälter wird, merkt man wieder die Vorsicht.“ Eine Herausforderung, mit der man umgehen müsse, seien die Höchstgrenzen für Personen an einem Tisch, sowie die Mindestabstände zwischen ihnen.

Hauptsache kein Lockdown

Kritisch sieht Müller die Sperrstunde ab 23 Uhr, und fragt sich, ob sie nicht sogar kontraproduktiv ist – wenngleich sein Betrieb von der Regelung nicht so sehr betroffen sei wie Kneipen oder Bars, da das Kerngeschäft des Schlüters früher am Abend stattfinde. „Wir Gastronomen können schließlich durch die Gäste-Erfassung bei Bedarf genau nachvollziehen, wer wann anwesend war. Im Zweifelsfall verlegen wegen der Sperrstunde jedoch Leute ihre Feiern nach Hause, und dann hat man überhaupt keinen Einblick mehr“, argumentiert der 38-Jährige. Ansonsten sei man als Betrieb sehr zuversichtlich, durch die Krise zu kommen. „Nur einen zweiten Lockdown sollte es nicht geben; alles andere ist steuerbar.“

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Linkewitz in Köln-Niehl

Auch beim Alt-Niehler Gasthaus „Gaffel im Linkewitz“ am Niehler Damm 179 merkt man die Corona-Krise deutlich: Viele Feiern würden derzeit storniert; auch der Wegfall des traditionellen Karnevals-Eröffnungstages sei ein harter Schritt, so Karl-Heinz Köckeritz, der mit seiner Frau Caroline die Gaststätte führt. Das Linkewitz hat jedoch schon früh, bereits im Mai, auf die Krise reagiert: So werden etwa die Gerichte mit Plastikhaube als Tröpfchenschutz serviert; das Team hat bereits weit vor der Wiedereröffnung ein Hygienekonzept erarbeitet. Zwei Luftfilteranlagen sind eingebaut worden und es gibt ebenfalls ein beheiztes Zelt. „Wir sind da gut im Rennen. Auch unsere Gäste sprechen uns auf unsere Schutzmaßnahmen an, akzeptieren sie und unterstützen uns bei unseren Bemühungen.“ Das habe man erst vorigen Samstag bei einer Veranstaltung mit der zulässigen Teilnehmerzahl von 25 Personen gesehen, als man stündlich durchlüftete und die Gäste währenddessen bereitwillig hinausgingen. Sollte es erneut in den Lockdown gehen, wolle man die Zeit – wie schon im Frühjahr – mit einem Außer-Haus-Verkauf überbrücken.

Planungsunsicherheit  nervt Wirte

Christoph Becker, Geschäftsführer des Dehoga-Regionalverbands Nordrhein, sieht die Kölner Betriebe in einer sehr schwierigen Lage – aufgrund der schon jetzt geltenden Beschränkungen, aber auch wegen der Planungsunsicherheit. „Wenngleich wir Kölner positiv denkende Menschen sind, werden einem jeden Tag neue Knüppel zwischen die Beine geworfen.“ Der Sommer mit seinem schönem Wetter habe die Not etwas gelindert. „Doch der Hoffnungsschimmer wird gerade von der Politik wieder zunichte gemacht.“

Besonders Nachtclubs und Bars litten unter der Sperrstunde. Durch sie fielen aber nicht nur die Umsätze nach 23 Uhr weg, sondern auch davor – weil sie allgemein auf Gäste abschreckend wirke. Dabei hätten bisher alle Untersuchungen ergeben, auch des Robert-Koch-Instituts, dass die Gastronomie keine Haupt-Verbreitungsquelle für Corona sei. „Die Gastronomie ist es nachweislich nicht, sondern vor allem private Feiern und Zusammenkünfte. Einige unserer Betriebe sind hygienetechnisch mittlerweile weiter als so manches Krankenhaus.“ Gerade das mögliche Ausweichen auf Feiern in Privaträume könnte eine Corona-Ausbreitung befördern. Die Politik mache es sich hier viel zu einfach. „Wir befürchten, das für die Gastronomie aus dem Lockdown ein Knockdown wird“, so Becker. Man werde die politischen Entscheidungen nicht mehr bedingungs- und kampflos hinnehmen.

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