Zu viele Ecken zum VersteckenExpertin empfiehlt neuen Namen für Kölner Ebertplatz

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Die Passage des Ebertplatzes ist verwinkelt und deshalb schlecht einsehbar – für Passanten wie für die Polizei.

Die Passage des Ebertplatzes ist verwinkelt und deshalb schlecht einsehbar – für Passanten wie für die Polizei.

  • Manche Orte begünstigen Kriminalität, sagt die Architektursoziologin Anke Schröder.
  • Am Ebertplatz sei die Fußgängerpassage zwischen Neusser Straße und Eigelstein besonders problematisch.
  • Die vielen Treppenabgänge rund um den Platz würden es den Dealern und anderen Kriminellen leicht machen.

Köln – Nach dem gewaltsamen Tod eines 25 Jahre alten Somaliers ist der Ebertplatz als Brennpunkt der Kriminalität und insbesondere der Drogendealer-Szene wieder in den Fokus gerückt. Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat daraufhin angekündigt, die Neugestaltung so schnell wie möglich in Angriff nehmen zu wollen – bereits im kommenden Jahr soll eine Bürgerbeteiligung starten. Auch NRW-Innenminister Herbert Reul verspricht sich von einer Umgestaltung eine Verbesserung der Situation. Dahinter verbirgt sich die These, dass zwischen einer bestimmten Architektur und kriminellen Handlungen ein direkter Zusammenhang besteht.

„Die Architektur einer bestimmten Zeit lässt sich nicht generell verdammen“, sagte Architektursoziologin Anke Schröder vom Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es treffe aber zu, dass manche Orte Kriminalität begünstigen und andere nicht. „Ein Ort selbst ist nicht kriminell, er kann der Kriminalität aufgrund seiner Eigenschaften und Begebenheiten aber eine Bühne bieten“, so Schröder. Das sei beim Ebertplatz offensichtlich der Fall.

„Viele schöne Möglichkeiten für Planer“

Als besonders problematisch betrachtet die Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Kriminologische Forschung und Statistik beim LKA die Fußgängerpassage zwischen Neusser Straße und Eigelstein. „Psychologisch betrachtet gehen Menschen nicht gerne nach unten – sie nutzen lieber oberirdische Wege“, sagte Schröder.

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Die vielen Treppenabgänge rund um den Platz würden es den Dealern und anderen Kriminellen leicht machen, sich zu verstecken oder zu flüchten. Den Vorschlag von Stadtdirektor Stephan Keller aus dem Dezember 2017, die Passage zuzumauern, hält sie dennoch nicht zwingend für zielführend. „Das würde nur einen Sinn ergeben, wenn vorher oben neue Wegeverbindungen entstehen würden“, so Schröder.

Das Zwischennutzungskonzept der Stadt, das in Zusammenarbeit mit Künstlern und Anwohnern entstand und für eine Belebung des Platzes sorgte, sei zwar toll, reiche aber nicht aus. „Ohne eine Neugestaltung wird es am Ebertplatz dauerhaft Probleme geben“, sagte Schröder.

Dabei dürfe es aber nicht nur darum gehen, das Loch zuzuschütten. „Ich glaube, es gibt dort viele schöne Möglichkeiten für Planer.“ So ließen sich zum Beispiel die Grünflächen und Baumreihen am Theodor-Heuss-Ring, an der Sudermanstraße und am Hansaring einbeziehen.

Schröder empfiehlt, dass die Stadt einen kriminalpräventiven Ansatz für die Neugestaltung bereits in den Ausschreibungstext des Architektenwettbewerbs aufnehmen sollte. Dabei sollten Themen wie eine gute Einsichtigkeit und Beleuchtung sowie Transparenz berücksichtigt werden.

„Es darf keine dunklen Ecken geben, in denen man sich verstecken kann“, so Schröder. Auch eine gute Orientierung sei wichtig. Ein Passant müsse bereits unten in der U-Bahn-Haltestelle erahnen können, was ihn beim Gang nach oben erwarte.

Die Expertin rät zudem, an dem Brunnen in der Platzmitte festzuhalten, da es Menschen grundsätzlich beruhige. Die Anlage müsse sich aber in einem optimalen Zustand befinden und über sauberes Wasser verfügen, damit der Effekt eintreten kann.

Die präventive Wirkung einer polizeilichen Videoüberwachung des Ebertplatzes, die im Dezember in Betrieb gehen soll, bezweifelt Schröder. Es dürfe zumindest nicht der einzige neue Lösungsansatz bleiben.

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„Ich würde bei einer Neugestaltung auch über eine Änderung des Namens nachdenken, da der Ebertplatz jetzt eine Art Stigma trägt“, sagte Schröder. Das habe in Hannover gut funktioniert – dort wurde die als Brennpunkt bekannte Passerelle nach einer umfangreichen Modernisierung in Niki-de-Saint-Phalle-Promenade umbenannt.

Architektursoziologin Schröder betonte, dass es mit einer Neugestaltung alleine nicht getan wäre. „Es muss danach auch ein aktives Platzmanagement geben, für das ein Budget reserviert sein sollte“, sagte sie. Nur so lasse sich sicherstellen, dass Probleme, die aus der Architektur entstehen können, sofort korrigiert werden.

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