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„Gesichtslose Partei“Kölner CDU-Chef soll abgelöst werden – Das sagt Bernd Petelkau

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Bernd Petelkau (CDU)

Bernd Petelkau (CDU)

Köln – Es sei kein Totalangriff gegen Bernd Petelkau, betonte Fritz Schramma. Und doch war die Botschaft des bislang letzten CDU-Oberbürgermeisters an die Union deutlich: „Wir wollen die Wählbarkeit unserer Partei wieder herstellen“, sagte Schramma, der vor zwei Wochen aus Protest gegen die Verwicklung von CDU-Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau und Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz in die Stadtwerke-Affäre als Ehrenvorsitzender zurückgetreten war.

Am Donnerstag meldete sich Schramma in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz erneut zu Wort – und kündigte an, dass Petelkau baldmöglichst als Parteichef abgelöst werden solle. An seiner Stelle will Thomas Breuer, langjähriger Personalvorstand des Energieversorgers Rhein-Energie, die Führung der Partei übernehmen. Breuer verwies zunächst auf das „katastrophale Ergebnis“ der CDU bei der Kommunalwahl 2020, bei der die CDU hinter Grünen und SPD auf Platz 3 gelandet war. „Offensichtlich haben aber einige in der Parteispitze den Schuss nicht gehört.“ Man mache munter weiter, als wäre nichts geschehen. „Damit“, warnte Breuer, „verspielt die CDU ihr größtes Pfund – nämlich die Glaubwürdigkeit.“

Kölner CDU „muss wieder wahrgenommen werden“

Zudem beklagte Breuer, die CDU in Köln sei momentan gesichtslos. „Sie muss wieder wahrgenommen werden“. Deswegen wolle er – zusammen mit einem ganzen Team, das in Kürze vorgestellt werde – ein neues Angebot für die Partei machen. Dazu gehöre mehr innerparteiliches Ringen um den richtigen Kurs, „auch kontrovers“. „Eine andere Meinung muss wieder als willkommene Bereicherung wahrgenommen werden, nicht als Störung des Parteifriedens.“

Alles zum Thema Bernd Petelkau

Weiterhin müsse die CDU das Ohr wieder nah an den Menschen in Köln haben – „in den Veedeln, in den Vereinen, im Karneval“. Außerdem, so Breuer weiter, „müssen wir wieder attraktiver werden für Jüngere, für Frauen, auch für Nichtwähler“. Und schließlich müssten die parteiinternen Strukturen grundlegend verändert werden. „Die gesamte Kommunikation in der Partei ist absolut veraltet, wir sind kommunikationstechnisch in der Steinzeit.“ Zu diesem Zweck wolle man auf dem anstehenden Parteitag mit dem „Team Breuer“ für den Vorstand antreten. Darunter seien durchaus auch jüngere Parteimitglieder, Frauen wie Männer, sagte Breuer. Allerdings wolle man nach Möglichkeit keine Mandatsträger mehr im Vorstand haben, so Fritz Schramma. „Zur Zeit sind Mandate die Bonbons, die Bernd Petelkau vergibt. Aber damit schafft er Abhängigkeiten.“

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„Nur, wenn wir Parteivorsitz und Fraktion wieder trennen, werden wir bei der nächsten Kommunalwahl wieder erfolgreich sein“, sagte Thomas Breuer. Zudem werde die CDU unter seiner Führung bei der nächsten Wahl „in jedem Fall“ eine eigene Kandidatin oder einen Kandidaten für die OB-Wahl aufstellen. „Dass wir zweimal darauf verzichtet haben, ist ein Grund für den Niedergang.“ Insgesamt schätzen Breuer und Schramma die Zahl ihrer Unterstützer in der Partei auf 50 bis 100 ein. Nun, da die innerparteiliche Opposition ein Gesicht habe, sollen es durchaus mehr werden.

Linke fordern Petelkaus Rücktritt als Aufsichtsrat

Die Linken unterstützen die Kritik der die Gruppe „Zukunft jetzt“ um den ehemaligen Oberbürgermeister Fritz Schramma am derzeitigen Parteichef Bernd Petelkau und fordern Petelkaus Rücktritt als Aufsichtsrat der Rhein-Energie. „Bernd Petelkau ist einer der Hauptverantwortlichen für den größten Kölner Skandal der letzten Jahre“, sagte Fraktionschefin Güldane Tokyürek. Gemeint sind geheime Absprachen um Aufsichtsratsposten beim städtischen Strom- und Wärmeversorger, in die Petelkau verwickelt war.

Seine Partei habe ihn dafür aber nicht zur Verantwortung gezogen. Erneut sei er Kölner Parteichef, Fraktionsvorsitzender, Aufsichtsratsmitglied des Stadtwerkekonzerns und sogar Vorsitzender des Rheinenergie-Aufsichtsrates geworden. Dass die CDU unfähig sei, aus Skandalen die notwendigen Konsequenzen zu ziehen, sei ihre Sache. „Dass er aber weiterhin im Stadtwerkekonzern die Strippen zieht, ist ein Problem für uns alle“, so Tokyürek. „Bernd Petelkau muss von seinen Aufsichtsratsposten zurücktreten!“ (ris) 

Eigentlich hätte die Kölner CDU ihren Vorstand bereits im vergangenen Jahr neu wählen müssen. Da dies allerdings gemäß der Satzung in Präsenz geschehen muss, wurde der Parteitag aufgrund der Corona-Pandemie verschoben. Er soll, so die bisherige Zielvorgabe des Parteivorstandes, zwischen August und Oktober stattfinden. „Den genauen Termin legt der Parteivorstand in Abhängigkeit vom Pandemieverlauf nach der Sommerpause fest“, teilte Bernd Petelkau am Donnerstag mit.

Bernd Petelkau spricht von „gelebter innerparteilicher Demokratie“

Er selbst werde sich „dem Wettbewerb um den Parteivorsitz und dem sachlichen Diskurs selbstbewusst stellen“, sagte Petelkau dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Das sei doch „gelebte innerparteiliche Demokratie“. Der CDU-Chef verwies darauf, dass er „gemeinsam mit meinen Mitstreitern viel für die Kölner CDU erreicht habe“. So habe man es geschafft, mit Henriette Reker zweimal die Oberbürgermeisterin zu stellen. Außerdem sei eine Zukunftskommission eingesetzt worden, „die im Laufe dieses Jahres Vorschläge erarbeiten soll, wie wir die CDU für die anstehenden Herausforderungen bestmöglich aufstellen können“. Er selbst wolle „weiterhin aktiv mitarbeiten“, so Petelkau. „Ich möchte meine Ideen, Erfahrungen und meine Expertise auch in den kommenden Jahren mit einbringen.“

Schnelle Unterstützung bekam Petelkau von den CDU-Kandidaten für die Bundestagswahl im September. „Solche Diskussionen sollten nicht während eines wichtigen Wahlkampfes geführt werden. Dazu ist nach der Bundestagswahl am 26. September ausreichend Zeit“, teilte der CDU-Abgeordnete Carsten Möring mit und sprach dabei auch für seine Abgeordneten-Kollegin Gisela Manderla sowie für die Kandidatinnen Serap Güler und Sandra von Möller.

Für Fritz Schramma kommt das deutlich zu spät. Er habe Petelkau nach der Kommunalwahl mehrfach angeschrieben und um ein Gespräch gebeten, sagte er am Donnerstag. „Aber Petelkau spricht einfach nicht mit mir. Er spricht nur über mich“, klagte der Alt-OB. Auch andere Parteimitglieder hätten seitdem zahlreiche Versuche unternommen, mit dem Parteivorsitzenden über die Missstände zu sprechen – „aber vergeblich“. Petelkau lebe in einer Struktur, die viel mit Macht und Geld zu tun hätte, aber wenig mit Kommunikation, sagte Fritz Schramma. Als dann noch kurz vor der umstrittenen Wahl von Niklas Kienitz zum Stadtentwicklungsdezernenten die geheime Abmachung zur Stadtwerke-Affäre aufgetaucht sei, habe er genug gehabt und als Protest den Ehrenvorsitz abgegeben. „Ich war erschüttert. Auch wenn wir alle wussten, dass es so etwas gibt.“ Vor allem bei Petelkau habe er die Konsequenzen aus der Affäre vermisst. Bei anderen Parteien seien Köpfe gerollt, von Petelkau habe es nur eine verbale Entschuldigung gegeben. „Aber das reicht nicht“, so Schramma. Zudem ahne er, dass es noch weitere Abmachungen im Zuge der Stadtwerke-Affäre gebe. „Das, was wir bisher wissen, ist vielleicht noch nicht die ganze Wahrheit.“

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