ParteivorsitzNeue Doppelspitze soll gespaltene Kölner SPD einen

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Claudia Walther und Florian Schuster bilden die neue SPD-Doppelspitze.

Köln – Die Kölner SPD hat eine neue Parteiführung. Zum ersten Mal haben die Sozialdemokraten nun eine Doppelspitze: Florian Schuster und Claudia Walther. Beim Parteitag am Samstag im Gürzenich setzten die rund 300 Delegierten also auf den jungen Schuster und die erfahrene Walter. Sie beerben Christiane Jäger, die aus beruflichen Gründen nicht mehr antrat.

Vier Kandidierende hatten sich zur Wahl gestellt. Ex-Landtagskandidat Schuster (29) errang die meisten Stimmen der Delegierten vor Ex-Europaparlamentskandidatin Claudia Walther (59). Die beiden hatten schon im Vorfeld gesagt, dass sie ein Team an der Parteispitze bilden möchten. Die ehemalige Juso-Vorsitzende Lena-Marie Snelting (29) lag knapp dahinter, der Vorsitzende des Ortsvereins Nippes, Hans-Dietmar Eisele war chancenlos.

SPD Köln: Doppelspitze soll „Neuanfang“ möglich machen

Die gespaltene Kölner SPD zu versöhnen ist die erste Aufgabe der neuen Doppelspitze, nicht wenige bei dem Parteitag sehnten einen „Neuanfang“ herbei, wie es hieß. Vielfach kam zur Sprache, wie zerstritten die Kölner Sozialdemokraten untereinander sind. „Wir sind nicht diejenigen, die Lösungen anbieten. Wir beschäftigen uns nur mit uns selbst“, stellte Schuster fest. Das müsse umgehend aufhören. Denn die Wählerinnen und Wähler bräuchten die SPD, da nur sie „Politik mit Respekt“ mache. Mit Walther und ihm bekäme die Kölner SPD „verlässliche Partner“ und „begeisterte Wahlkämpfer“, die die Partei einen würden. Dennoch sei der Vorsitz der Kölner SPD „ein schwieriges Amt.“

„SPD muss eine starke Kraft in Kriegs- und Krisenzeiten sein“, sagte Walther. Dann werde die Partei auch wieder Wahlerfolge feiern. Wie alle Kandidaten nahm sie unter anderem die Themen Wohnen, Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit in den Fokus. Und Bildung: „Es macht mich wütend, dass jedes Jahr 1000 Kinder an Gesamtschulen abgewiesen werden“, sagte sie. Walther habe die nächste Kommunalwahl 2025 fest im Blick.

Walther und Schuster wollen jetzt Gespräche mit allen SPD-Ortsvereinen führen. „Auch mit denen, die uns nicht gewählt haben“, betonte Walther. Sie sei „sehr zuversichtlich“, dass die Spaltung der Partei überwunden werde: „Der Wille dazu ist groß, denn die politischen Herausforderungen sind auch groß.“ Schuster glaubt, dass die Arbeit an politische Inhalten „ein Instrument ist, Streitigkeiten zu überwinden.“ Gemeinsames Wirken stärke den Teamgeist. Mit den Konkurrenten um den Parteivorsitz könne man sich „auch nach der Wahl in die Augen schauen“, ergänzte Schuster. 

In den vergangenen Wochen war auch eine mögliche Doppelspitze aus Schuster und Snelting im Gespräch. Snelting hielt auf dem Parteitag eine engagierte Rede. Unter anderem griff sie Oberbürgermeisterin Henriette Reker scharf an und wolle „der konservativen Wohlstandspolitik so richtig schön den Tag vermiesen.“ Dafür bekam sie viel Applaus, aber schlussendlich zu wenige Stimmen der Delegierten. Immerhin wurde sie zu einer von drei stellvertretenden Parteivorsitzenden gewählt.

Ex-Parteichefin Jäger mit bitterem Resümee

Die Vorgängerin der neuen Doppelspitze, Christiane Jäger, wurde beim Parteitag im März 2019 mit 85 Prozent der Stimmen gewählt. Sie blicke zurück auf eine „bemerkenswerte Amtszeit“, sagte sie bei ihrer Abschiedsrede. Ihren Worten zufolge war diese Amtszeit vor allem bemerkenswert konfliktreich. In der Partei habe es „heftigste Zerreißproben“ und viel „innerparteiliches Gezänk“ gegeben, es werde nicht über Sachthemen geredet, sondern vor allem übereinander. Eine derart zerstrittene Partei finde auch keinen Anklang bei Wählerinnen und Wählern, sagte sie. Sie sei 2019 „angetreten mit dem Wunsch, die Partei zusammenzuhalten.“ Ob dieser Wunsch in Erfüllung ging, ließ sie offen; aus ihrer Rede spricht aber: ganz sicher nicht.

Bei entscheidenden Themen wie Wohnen, Klimaschutz, Bildung oder Soziales sei seit 2019 „nichts in dieser Stadt besser geworden, aber vieles schlechter.“ Damit griff sie vor allem das Ratsbündnis von Grünen, CDU und Volt an, die besonders bei Thema Jugend und Schule „komplett versagt“ hätten. Das Fazit des Stillstands lässt allerdings auch Rückschlüsse auf die Oppositionsarbeit der Ratsfraktion, der Jäger selbst angehört, zu, die offenbar ebenfalls kaum Impulse in der Stadt setzte.

Lauterbach und Mützenich halten eindrückliche Reden

Die bundespolitische Prominenz aus Reihen der Kölner SPD sprach den Delegierten in deutlichen Worten ins Gewissen. Rolf Mützenich, Chef der Bundestagsfraktion, mahnte in seiner Rede eindringlich zu Geschlossenheit. Er beschrieb, wie eng Bundespartei und Bundestagsfraktion zusammenarbeiteten und forderte ähnliches auch für die Kölner SPD und die Stadtratsfraktion.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erinnerte an eines der Kernanliegen der SPD. Soziale Gerechtigkeit, vor allem in Zeiten von Krisen wie Corona und des Kriegs in der Ukraine, sei nur mit den Sozialdemokraten möglich. Schon allein deshalb sei es wichtig, dass auch die Kölner SPD gestärkt aus dem Parteitag hervorgehe. Lauterbach, dessen Krisenmanagement der Pandemie zuletzt in die Kritik geriet, erhielt im Saal stehende Ovationen.

Nicht nur die Parteispitze ist neu, auch große Teile des weiteren Vorstands wie stellvertretende Vorsitzende und andere Funktionäre. Fast alle Posten wurden mit neuem Personal besetzt.

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