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„Es war nicht zu retten“Kölner Reit-Therapie-Zentrum muss wegen Corona schließen

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Fjordpferd Rodin war ein verlässlicher Partner in der Reittherapie.

  • Der geplante Umzug von Westhoven nach Esch ist für das Kölner Reit-Therapie-Zentrum durch die Corona-Krise geplatzt. Die Einrichtung ist nicht mehr zu retten.
  • Das heißt: Alle Förderangebote auf Pferderücken für Menschen mit und ohne Behinderung müssen 2021 eingestellt werden
  • Was passiert mit den Pferden? Und mit den Menschen, für die Therapiepferde eine wichtige Unterstützung waren? Wir erklären die Hintergründe.

Köln-Porz – Das Zentrum für Therapeutisches Reiten, das seit fast drei Jahrzehnten in Westhoven beglückende Hilfen für Hunderte Menschen mit und ohne Behinderung bietet, wird im Sommer nächsten Jahres geschlossen. Wie der Vorstand jetzt in einem Brief an Mitglieder und Förderer mitteilte, sind die Umzugspläne auf ein neues Gelände auf dem Frohnhof in Esch gescheitert.

Jetzt bleibe keine andere Möglichkeit als die Schließung im Juni kommenden Jahres.„Es gab am Ende keine Alternative“; sagt Susanne Imhoff, Vorsitzende der Imhoff-Stiftung und des ZTR-Vorstandes, mit tiefem Bedauern. „Wir haben wirklich alle Möglichkeiten ausgelotet und von der Stadt und der Politik jede erdenkliche Unterstützung bekommen. Aber auch mit dem guten Willen aller Beteiligter war das Projekt nicht zu retten“.

Kölner Reitzentrum: Umzug geplatzt

Viele Jahre hat das ZTR Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die Möglichkeit geboten, im Umgang und Kontakt mit Pferden Hilfe bei ganz unterschiedlichen Beeinträchtigungen zu finden. Zahlreiche Institutionen und Privatleute haben das von der Imhoff-Stiftung getragene Angebot unterstützt.

Weil das Außengelände des ZTR zwischen dem ehemaligen Stollwerck-Produktionsgelände und den an die Bahn grenzenden Kleingärten verkauft worden ist, sah sich der Vorstand des ZTR im vorigen Jahr gezwungen, nach einem Alternativstandort zu suchen und wurde in Esch fündig. Damals sagte Susanne Imhoff, der Umzug werde für Nutzer aus dem Rechtsrheinischen zwar eine länge Anfahrt bedeuten, dafür werde das Zentrum in Esch aber viel Platz und ein wunderbares Außengelände haben.

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Wie der Vorstand jetzt mitteilt, sind die Umzugspläne mit allen erforderlichen Vorbereitungen wie Gutachten, Genehmigungen oder Planungsvoraussetzungen seither mit Hochdruck verfolgt worden. Dann sei Corona und damit die Stilllegung des öffentlichen Lebens gekommen. Diverse Planungstreffen hätten nicht mehr stattfinden, Genehmigungen nicht zeitgerecht eingeholt werden können.

„Die Alternativmöglichkeiten, die uns geblieben wären, um einen nahtlosen Übergang im Sommer 2021 zu gewährleisten (eine Interimshalle zu bauen) konnten nicht weiterverfolgt werden und wären durch den zeitlichen Druck immer teurer geworden“, heißt es im Schreiben.

Fördermöglichkeiten geschmolzen

Susanne Imhoff ergänzt auf Nachfrage, es seien unter anderem komplizierte Bestimmungen des Denkmalschutzes gewesen, an denen der Zeitplan bei der Umzugsplanung gescheitert sei. Zudem hätten mehrere Jahre Interimszeit überbrückt werden müssen. Das sei trotz des guten Willens auch des Neubesitzers der ZTR-Anlage in Westhoven nicht zu stemmen gewesen. „Die neuen Eigner sind uns wohlgesonnen und hätten uns noch etliche Monate mehr Zeit gelassen – aber selbst ein Jahr hätte nicht gereicht“, fasst sie zusammen.

Zudem seien in einem Maß, das die Stiftung nie vermutet habe, die Fördermöglichkeiten geschmolzen und nahezu sämtliche Einnahmequellen weggebrochen. Das betreffe auch die Finanzierung der Projekte „Übergang der ZTR zum Frohnhof“ und „Inklusives Reitzentrum im Frohnhof“. In Konsequenz werde das ZTR seine Aktivitäten einstellen müssen, der Verein werde aufgelöst.

Was passiert mit den Pferden?

Für die allermeisten Therapiepferde sei eine Frühverrentung geplant; sie könnten in den gewohnten Herdenverbänden bleiben. Einzelne, jünger Pferde sollen ein gutes neue Zuhause samt Schutzvertrag bekommen, teilt der Vorstand mit.

Simon Bujanowski, Fraktionsvorsitzender der SPD-Fraktion in Porz, und die Vorsitzende des SPD-Ortsverbandes, Bettina Jureck, sehen im Verlust des einzigen reittherapeutischen Zentrums im rechtsrheinischen Köln einen weiteren herben Rückschlag für Porz. Förderschulen und zahlreiche, teils behinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene, blieben auf der Strecke. Die SPD ruft in einer Pressemitteilung zu Überlegungen auf, das Zentrum am alten Standort doch noch zu retten.

Überlegter Abschied

Solche Möglichkeiten sieht die Stiftungsvorsitzende Susanne Imhoff nicht mehr. Die Stiftung werde sich für das Therapeutische Reiten aber weiter engagieren, sichert sie zu.

Imhoff spricht von Überlegungen, Klassen von Förderschulen solche Therapiestunden nach der Auflösung des ZTR am Frohnhof anzubieten. Dort arbeitet eine Kinderreitschule, mit der sich das ZTR nach ursprünglichen Plänen hätte zusammentun wollen. Das Zentrum könne dort künftig allerdings nicht mehr, wie vorgesehen, die Therapie selbstständig betreiben. Das solle dann in Regie der Kinderreitschule laufen, die ihr Angebot kontinuierlich erweitern wolle.

Die jetzige Ankündigung der ZTR-Schließung im Sommer 2021 gebe allen Beteiligten Zeit für einen ruhigen, überlegten Abschied, erwartet Susanne Imhoff. Die Mitarbeiter könnten sich beruflich neu orientieren und würden von der Stiftung auch bei Weiterbildungsbedarf unterstützt. Es sei sehr traurig, dass die Arbeit nicht fortgesetzt werden könne. Doch immerhin sei gewährleistet, dass der Betrieb in Westhoven bis Juni 2021 mit fast allen Angeboten aufrechterhalten werde.

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