Drohende Brücke schockiert die Langeler

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Langel – Schockierte Stille herrschte in der Jakob-Engels-Halle, nachdem eine Film-Animation den Bürgern vor Augen und vor Ohren geführt hatte, wie der Bau einer Autobahnspange das Leben im Rheinort verändern dürfte. Lärm, der bis in den letzten Winkel zu hören ist und die Lebensqualität mindert, und eine der mächtigen Ahrtalbrücke gar nicht unähnliche Brückenkonstruktion auf Stelzen, die quer durch das Retentionsbecken und durch den Auenwald führt. Nur wenige Hundert Meter von der südlichen Wohnsiedlung am Poppenberg entfernt, würde das kolossale Bauwerk schon von Zündorf aus zu sehen sein, machte der Film deutlich.

Langeler Bürger, die in Scharen der Einladung eines kleinen Zusammenschlusses von Brückengegnern aus dem Ort gefolgt waren, zeigten sich wie vom Donner gerührt. Viele Anwohner hatten bisher angenommen, die Verwirklichung einer Autobahn-Rheinspange zwischen der A553 und der A59 sei ähnlich wahrscheinlich wie die viel diskutierte Verlängerung der Stadtbahnlinie 7 bis Langel– das werde also jahrzehntelang dauern oder vielleicht nie geschehen.

Dass die Planung der von der Bundesregierung gewollten und als vordringlich eingestuften Autobahnverbindung aber schon weit vorangeschritten ist und eine Umsetzung bis 2030 erfolgt sein soll, haben etliche Anwohner bisher nicht recht glauben wollen. Die konkreten Berichte aus den Planungswerkstätten und der minuziös ausgearbeitete Zeitplan, mit dem der Landesbetrieb Straßen NRW das mit 380 Millionen Euro Umfang landesweit größte Straßenbauprojekt auf den Weg bringt, verscheuchten die Zweifel.

Bisher habe Straßen NRW in einem neuartigen Beteiligungsverfahren mit den Bürgern zwar zahlreiche Informations- und Dialogveranstaltungen angeboten. Doch es sei immer nur um das Für und Wider bei den beiden Trassenvarianten gegangen. Eine Null-Variante mit Verzicht auf den Brückenschlag habe nicht zur Debatte gestanden, berichten Bürger, die an Dialogforen und Planwerkstätten beteiligt waren. Es sei stets um das Für und Wider hinsichtlich zweier Varianten gegangen. Das betraf Überlegungen für die nördliche Spange zwischen Godorf und Langel und die südliche Variante zwischen Wesseling/ Urfeld und Lülsdorf/ Niederkassel.

Gegen die südliche Spangenvariante formiere sich längst massiver Widerstand. Die Stadt Wesseling habe im Etat 100 000 Euro für rechtlichen Beistand im Streit gegen den Brückenschlag lockergemacht, berichtete Sabine Glöckner, eine der Sprecherinnen der Brückengegner. Im Norden sei bisher kaum Widerstand zu spüren, mit der Gefahr, dass die Langeler Variante immer wahrscheinlicher werde.

Noch in diesem Jahr soll es zum Variantenvergleich der beiden Trassen kommen, sagte Glöckner. „Schon Ende 2020 will sich Straßen NRW mit dem Verkehrsministerium auf eine Vorzugsvariante festlegen“, ergänzte sie. Danach sei kein Einfluss der Bürger auf die Planung mehr möglich. Der noch kleine Kreis Langeler Brückengegner rief in der Versammlung deutlich zum Widerstand auf. Das müsse schnell geschehen.

Klaus Mehring von der Initiative erinnerte an die schon in den 1960er Jahren im Bundesverkehrswegeplan aufgeführte Brücken-Idee an dieser Stelle. Seither sei nicht nur die Wohnbebauung in Langel und Lülsdorf stark gestiegen. Auch das Retentionsbecken für den Kölner Hochwasserschutz sei vor Langel entstanden und der Auwald südlich des Campingplatzes als geschütztes Fauna-Flora-Habitat-Gebiet ausgewiesen.

Der sogenannte Raumwiderstand, der sich aus unterschiedlichen Schutzanliegen errechnet, sei im Planungsgebiet in der Tat sehr hoch, bestätigte Sabine Hammer vom Vorstand der BUND-Kreisgruppe Köln. Doch reiche das nicht aus, um einen Bau zu verhindern. Sie trug zwei Fakten vor, die der Brückenplanung in die Hände spielten: Die Spange sei Teil des politisch gewollten Kohlekompromisses, zudem versuche das Land, mit druckvoll vorangetriebener Verbesserung der Infrastruktur die Wahrscheinlichkeit von olympischen Spielen in NRW zu erhöhen. Der Bund für Naturschutz sei klar gegen eine Brücke im Norden wie auch im Süden und habe – anders als die Bürger – ein Klagerecht. Dafür brauche der BUND aber viel Unterstützung.

Eine neue Brücke könne zwar die Rodenkirchener und die Bonner Autobahnbrücke entlasten, werde aber zusätzlichen Verkehr anziehen, machten die Gegner im weiteren klar. Fachingenieur Wolfgang Dähling verwies auf die stark erhöhten Schadstoffbelastungen, die Langel betreffen würden. Nicht zuletzt werde ein Brückenbau die Grundstücks- und Hauspreise im derzeit wegen der Ruhe geschätzten Langel sinken lassen, lautete ein weiteres Argument.

Die Gegner brachten schließlich die weiteren Langel direkt betreffenden Brückenbaupläne aus dem Rhein-Sieg-Kreis für eine Stadtbahn-Querung zur Sprache. Sie riefen die Bürger zu kritischen Fragen und Aktivitäten im noch laufenden Informationsprozess auf und kündigten für den 2. März, 19 Uhr, eine weitere Veranstaltung mit den gleichen Informationen an. Die Halle war bei der Einladung am Montag viel zu klein für den Andrang interessierter Langeler gewesen.

Im Wahljahr sollen auch von den politischen Parteien vor Ort Stellungnahmen für oder gegen den Bau eingeholt werden. Die Langeler Initiative will bei ihrer Gegnerschaft aber nicht nur die ihren Ort betreffende Variante ablehnen, sondern sich mit den Gegnern im Süden solidarisieren. Eine Null-Variante, also gar kein Brückenbau, das ist ihr Ziel.

Sabine Glöckner

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