Nie war er so wertvoll wie heuteDer Kölner Wald ist für Großstadtbewohner ein Schatz

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Ein gut ausgebautes Wegesystem in den Kölner Erholungswäldern ( hier in Leidenhausen) lädt zum Besuch. 

Köln-Porz – Die Buchen entfalten ihre wie Seidenpapier geknitterten jungen Blättchen. Wilde Kirschen lassen bei jedem Windhauch einen Blütenblattschauer regnen. Auf dem Boden recken sich Frühlingsblumen und Farn dem Licht entgegen. Im leuchtend grünen Moos krabbelt allerlei emsiges Getier, Vögel singen in den Zweigen, der Waldboden dämpft jeden Schritt und schluckt alles Hektische. Es duftet nach Frühling. Und obwohl es wirklich viele Menschen sind, die sich jetzt im Wald bei Spaziergängen, beim Joggen oder beim Spielen mit den Kindern erholen, ist doch genügend Platz für alle da.

Der Wald, der mit einem Anteil von 17 Prozent der Stadtfläche in Köln so präsent ist wie in wenigen anderen Großstädten, erfüllt gerade jetzt in besonderem Maß den Zweck, für den er hier angelegt worden ist. Nie war er so wertvoll. Seine Funktion als Erholungswald macht ihn zu etwas Besonderem und unterscheidet ihn von umliegenden Nutzwäldern, die Bund und Land gehören und vornehmlich der Holzgewinnung dienen.

Kölner erholen sich im Wald

Joachim Bauer, stellvertretender Leiter des Kölner Grünflächenamtes, sieht mit Freude, wie die Kölner in diesen Wochen noch mehr als sonst eine Zuflucht in der Natur suchen und den Wald genießen. Die meisten Kölner Wälder – gerade im Linksrheinischen – sind erst vom 19. Jahrhundert an konzipiert worden, von vorausschauenenden Planern als Immissionsschutz gegen die nahe Braunkohlebelastung und zur Erholung für die Bevölkerung gedacht.

„Als die Kölner Stadtmauer geschleift wurde, entstand an ihrer Stelle eine Wald-Parkanlage“, sagt Bauer. Auch die beiden ältesten Kölner Waldgebiete – der Nüssenberger Busch bei Bocklemünd und das Gremberger Wäldchen – wurden zwischen 1892 und 1919 von der Stadt erworben und zu Erholungszwecken mit einem Wegenetz ausgebaut. Schließlich wurde unter Konrad Adenauer der Äußere Grüngürtel geschaffen.

„In früheren Jahrhunderten, schon seit römischen Zeiten, wurde der gute Boden im linksrheinischen Gebiet nur für Ackerbau genutzt. Wald gab es eher rechtsrheinisch, traditionell auf den mageren Flächen der Heideterrasse“, verweist Bauer auf Königsforst und Wahner Heide. Die Bedeutung des Waldes zur Luftreinerhaltung und als Natur-Erlebnisort für die Städter sei erst später zum politischen Ziel geworden. Nach dem 2. Weltkrieg sorgte der damalige Liegenschafts-Beigeordnete Hans Berg, ein großer Wald-Liebhaber, für großflächige Aufforstungen mit Mischwald. „Die sogenannte Kölner Mischung mit Buche, Ahorn, Linde, Haselnuss und auch Exoten wie Mammutbaum und Blauglockenbaum ist damals entstanden und bewährt sich jetzt auch in den Klima-Veränderungen“, sagt Joachim Bauer.

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Je mehr Vielfalt im Wald, desto besser sei er resistent gegen Ausfälle einzelner Arten. Deshalb habe der Borkenkäfer in den städtischen Wäldern kaum Verheerungen anrichten können – Parzellen mit Nadelgehölzen seien hier die Ausnahme.

Baumfällungen müssen manchmal sein

Die Artenvielfalt in den links- und rechtsrheinischen Erholungswäldern wird Bauer zufolge durch Pflegemaßnahmen erhalten. „Natürlich bleiben auch Schnitte und Baumfällungen nicht aus. Wir haben aber gute Erfahrung damit gemacht, den Menschen den Hintergrund zu erklären – dann reagieren sie meist mit Verständnis“, sagt Bauer. Aber wehe, wenn Köln das Gefühl haben, ihnen würde ein Stück Wald weggenommen: „Für ihre Bäume setzen sich die Großstadtmenschen mit Nachdruck ein“, haben die Mitarbeiter des Grünflächenamtes erfahren. Deshalb werden Eingriffe durchweg angekündigt.

„Wir haben beispielsweise in unserer Waldlabor-Zusammenarbeit mit der Rhein-Energie und Toyota eine sogenannte Kurzumtriebsplantage am Äußeren Grüngürtel. Da wurden schnell wachsende Bäume wie Pappeln und Weiden angebaut, die alle paar Jahre bodenbündig beschnitten werden“, erläutert Bauer. Das gewonnene Holz aus dem Energiewald wird zu Schnitzeln verarbeitet, die zur CO2 -neutralen Wärme- oder Stromerzeugung eingesetzt werden“, erläutert Bauer. Wenn die Waldbesucher dies wüssten und über die Waldlabor-Projekte aufgeklärt würden, seien sie interessiert und verständnisvoll., Geschehe das ohne Erklärung, sei die Empörung groß.

Stadt Köln setzt auf Verjüngung

Die Stadt setzt bei der Verjüngung älterer Waldbestände auf wissenschaftlich begleitete Experimente im Waldlabor. Diese Einrichtung besteht schon zehn Jahre und hat bei einer Evaluation gerade hervorragende Ergebnisse beim Einsatz besonders klima-restistenter Baumarten geliefert. Doch schätzen die Grün-Fachleute bei Verjüngungs-Strategien auch sehr die Kräfte der Natur. „Die Buche macht das hervorragend“, lobt Bauer diesen Schattenbaum. Junge Exemplare könnten jahrzehntelang im Schatten der Muterbäume überleben, langsam heranwachsen und sich dann erst mit Macht entfalten, wenn sie bis in lichte Höhen gelangt seien. Wie schön das Miteinander junger und alter Buchen funktioniert, lässt sich im Gremberger Wäldchen gerade gut beobachten.

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Wie sehr den Kölnern ihr Wald und seine Zukunft am Herzen liegt, wird Bauer zufolge immer wieder durch Bürger-Zuspruch deutlich. Während in den vergangenen 20 Jahren kaum noch neue Flächen für städtische Aufforstungen zur Verfügung gestanden hätten, sei das Interesse am Projekt „Ein Wald für Köln“ ungebrochen. Die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald mit Sitz auf Gut Leidenhausen und die Stadt bieten Privatleuten und Firmen die Möglichkeit, schon mit kleinen Spenden neue Waldflächen zu schaffen. In Junkersdorf und Merheim sind bereits Aufforstungen entstanden, für die Spender mit vier Euro pro Quadratmeter eine Aufforstung bisher landwirtschaftlich genutzten Geländes ermöglichet haben. Mehr als 27 000 Bäume wurden dabei neu gepflanzt. Ein dritter Spenderwald entsteht in Lindweiler. So sorgen die Freunde des heutigen Waldes in Köln dafür, dass Enkelgenerationen sich gleichfalls zwischen Bäumen erholen können.

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